Am Anfang dieses Jahrs veröffentlichte Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook und Vorstandsvorsitzende der Muttergesellschaft Meta, dass alle Angestellten Meta-Mates heißen sollen. Übersetzt arbeiten nun also circa 72.000 Metakumpels für das milliardenschwere Technologieunternehmen, welche Dank des neuen Namens sicherlich ein größeres Wir-Gefühl und eine innigere Bindung zum Arbeitgeber verspüren. Dieser grandiose Kniff der Unternehmensführung könnte auch in Thüringen durch einfache Namensveränderungen loyalere Opel–Kompagnons oder Jenoptik–Atzen zu Tage fördern. Ob das eine gute Idee ist, sei dahingestellt. Vielleicht will sich Zuckerberg aber auch nur klammheimlich von dem nun doch eher archaisch und negativ bewerteten Markennamen „Facebook“ verabschieden. Es wäre schließlich nicht das erste Mal.
„Sind wir nicht alle ein bisschen Metakumpel?“
Im Jahr 2003 entwickelte der 19-jährige Harvard–Student Zuckerberg die Webseite „FaceMash“, auf der Fotos von Studentinnen veröffentlicht wurden. Die Nutzer konnten dann im direkten Fotovergleich die Attraktivität der Studentinnen bewerten. Da die Studentinnen niemals gefragt wurden und diese Art der Zuschaustellung nicht nur illegal, sondern auch ziemlich eklig ist, ging die Webseite kurz darauf wieder offline. Die entscheidende Frage war geboren: „Wie schafft man es private Infos und Bilder ins Internet zu bekommen, ohne dass man sich selbst bemühen muss, diese Inhalte zu produzieren und hochzuladen?“ Die Antwort ist denkbar einfach und gründet im innigsten Wunsch der eigenen Präsentation und Selbstdarstellung eines jeden. Und so war die Social–Media–Plattform „Facebook“ 2004 geboren.
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Facebook verliert an Bedeutung
Zehn Jahre später erreichte Facebook bereits über eine Milliarde aktive Nutzerinnen und Nutzer. Inzwischen sind es 1,98 Milliarden Menschen weltweit, die Facebook mehr oder weniger regelmäßig nutzen. Doch auch wenn Facebook noch das größte und meistgenutzte Netzwerk ist, so verliert es dennoch an Bedeutung. Laut dem Digital 2022 Report sind 60,7 Prozent der Deutschen auf Facebook und 20,3 Prozent auf der aktuell größten Konkurrenzplattform TikTok. Jedoch verbringen die Nutzerinnen und Nutzer nur 11 Stunden im Monat auf Facebook, während es durchschnittlich 23,6 Stunden monatlich auf TikTok sind.
Jüngere Zielgruppe schwerer erreichbar
Für eine Plattform, die Werbung teuer verkaufen kann, wenn viele Menschen möglichst lange aktiv sind, natürlich ein herber Rückschlag. Hinzukommt, dass Facebook die jüngere Zielgruppe immer schwerer erreicht. Während 2014 die unter 20-jährigen noch die größte Altersgruppe bei Facebook waren, sind es inzwischen mit Abstand die wenigstens. Eigentlich logisch, wer will als junger Mensch schon da sein, wo sich auch die eigenen Eltern tummeln. Und so offenbart der Social-Media-Atlas 2021, dass nur noch 32 Prozent der Jugendlichen bei Facebook sind, die rasant wachsende Plattform TikTok jedoch bereits 73 Prozent erreicht, ohne dass ein Ende des Wachstums absehbar ist. Was kann also ein riesiges Unternehmen wie Meta tun, um relevant zu bleiben?
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Schritt 1: Konkurrenzplattformen aufkaufen
So geschehen mit Instagram im Jahr 2012 und WhatsApp im Jahr 2014. Doch diese Strategie scheint nur kurz- und mittelfristig auszugehen, da auch diese Anbieter eine Ablaufzeit haben. Während WhatsApp der aktuell erfolgreichste Messenger ist, da er bei allen Altersgruppen beliebt ist und diese verbindet, verbucht das ehemals so erfolgreiche Instagram auch erste Verluste. 2022 verlor die Social–Media–Plattform über 10 Prozent der unter 20-jährigen Nutzerinnen und Nutzer. Der verzweifelte Versuch Funktionen und Inhalte von TikTok auf die eigene Plattform zu transferieren, verhindert lediglich den schlagartigen Tod und führt zu einem langwierigen Dahinsiechen, von dem die VZ-Netzwerke wie studiVZ und schülerVZ ein erbärmliches Lied singen können.
Schritt 2: Etwas absurd Neues entwickeln
Mark Zuckerberg hat scheinbar innerlich mit der Marke Facebook schon abgeschlossen. Sein neustes Riesenbaby soll das Metaverse werden. Dabei handelt es sich um einen virtuellen Raum, welcher sowohl zum Austausch und zur Kommunikation dienen kann, als auch zum Shoppen, Arbeiten und Spielen. Mit der entsprechenden Hard- und Software können idealerweise neue Identitäten in phantastischen virtuellen Welten eingenommen und erlebt oder auch ein Haufen unanständiger und strafbarer Handlungen vollzogen werden. In den Bereichen Hassrede und Volksverhetzung wären dies für Facebook aber gar keine so neuen Themen.
Skeptisch über den aktuellen Erfolg
Raja Koduri, der Chefentwickler von Intel, Weltmarktführer in den Bereichen Prozessoren und Mikrochips, ist jedoch bezüglich des aktuellen Erfolgs sehr skeptisch. Nur eine tausendfache Steigerung der heutigen Recheneffizienz könnte eine Metaversum für alle möglich machen. Vor 2040 sieht er diese technische Innovation nicht und bis dahin bleibt sowohl die Frage der ökologischen und ökonomischen Umsetzbarkeit einer solchen Technologie als auch die wesentlich entscheidendere Frage, ob wir bis dahin noch Metakumpels sein wollen oder nicht schon längst alte TikTok–Buddys sind.
Medienpädagoge Kay Albrecht | Foto: Kay Albrecht
Autor und Medienpädagoge Kay Albrecht ist Profi auf seinem Gebiet. Als freiberuflicher Pädagoge schult der Erfurter die unterschiedlichsten Zielgruppen medienpädagogisch. Regelmäßig klärt Kay in seiner Kolumne im t.akt über Medienphänomene auf, um kritische Zugänge zu den alltäglichen Herausforderungen der medial geprägten Lebenswelt zu legen.