Warum immer in die Ferne seifen, wenn das Gute doch so nah ist? Thüringen hat viel zu bieten. Auf einer Fläche von rund 16.000 Quadratkilometern finden sich zahlreiche Museen, Denkmäler und Orte, die es lohnt, einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Ihr plant einen Ausflug? Wir verraten euch in unserer Serie „Thüringer Städtetrip“, was der Freistaat so zu bieten hat. Dieses Mal machen wir einen Abstecher nach Gera.
Ein Ausflug nach Gera
Eingebettet in die Hügellandschaft am Ufer der WeißenbElster liegt die Geburtsstadt eines des berühmtesten Malers des 20. Jahrhunderts: Otto Dix. Die ehemalige Residenzstadt hat aber nicht nur als Geburtsort des Künstlers viel zu bieten, denn als Landeshauptstadt des Fürstentums Reuß blühte sie Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Mit dem Einsetzen der Industrialisierung erlebte die Dix-Stadt großes Wirtschafts- sowie Bevölkerungswachstum. Durch seine blühende Stoff und Tuchindustrie zählte Gera damals zu den reichsten Städten in Deutschland. Über 100 zum Teil sehr bedeutende Stadtvillen (etwa die Villa Schulenburg) und prächtige Bauten aus der Gründerzeit zeugen heute vom Glanz und Reichtum vergangener Zeiten. Entdeckt bei einem Ausflug das traditionsreiche Geraer Fünf-Sparten-Theater und die vielfältige Museumslandschaft. Sehr zu empfehlen: das unterirdische Labyrinth unter der Altstadt – die Geraer Höhler.
Das Haus von Otto Dix. Foto: Sigrid Schädlich
Otto Dix Haus
Otto Dix, einer der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts, wurde 1891 als Sohn eines Eisenformers und einer Näherin in Untermhaus bei Gera geboren. Die Familie bewohnte im Mietshaus neben der Marienkirche zwei Zimmer. Seit 1991, anlässlich seines 100. Geburtstages, ist das Geburtshaus von Otto Dix ein Museum, das eine der größten Dix-Sammlungen in öffentlicher Hand beheimatet. Den Besucher erwartet nicht nur eine Ausstellung mit den Hauptwerken des Künstlers mit Gemälden aus allen Schaffensphasen, sondern auch geschichtlicheInformationen mit Einblicken in das Ambiente eines Arbeiterhaushaltes um 1900.
Geraer Höhlersystem
Schon im ältesten überlieferten Stadtrecht von Gera aus dem Jahr 1487 war das Braurecht genau geregelt – das Brau- und Schankrecht stand jedem zu, der in Gera ein Haus besaß. Wörtlich heißt es: „Item niemandt magk brauen noch schenken, er sey dan ein burger oder burgerin und hab ein eigen haus.“ Doch wurde bis ins 16. Jahrhundert in der Gegend von Gera in erster Linie Weinbau betrieben, woran unter anderem noch der Weinberg bei Untermhaus erinnert. Durch verschiedene Gründe – zum Beispiel Klimaveränderungen – wich der Wein jedoch etwa ab 1600 dem Hopfenanbau. Dadurch wuchsen die Anforderungen an die Bierbrauer. Die kleinen Keller unter den schmalen Häusern der Altstadt waren nicht groß und auch nicht kühl genug, um das Bier optimal zu lagern. Darum baute man „Keller unter den Kellern“ – sogenannte Höhler. Bis 1656 wurde in 99 Häusern gebraut, im Jahre 1853 hatten 221 Häuser das Brau- und Schankrecht. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert wurden 230 Höhler geschaffen. Das unterirdische Labyrinth aus Gängen und Nischen, fünf bis elf Meter unter der Erde ist unter anderem im Museum für Naturkunde zu sehen. Alle zwei Jahre kann man zudem bei der Höhler Biennale Licht und Kunst in der Geraer Unterwelt bestaunen.
Geras Fünf-Sparten-Theater
Das prächtige Jugendstil-Theater vereint Theater- und Konzertsaal unter einem Dach und bietet mit Aufführungen in fünf Sparten ein Programm, das seinesgleichen sucht. Von Oper, Operette und Konzert über Schauspiel, Musical, Ballett bis hin zu Puppentheater ist für jeden Geschmack am Theaterplatz 1 etwas dabei.
Haus Schulpenburg. Foto: Verein Thüringer Städte
Haus Schulenburg
Haus Schulenburg ist heute die wahrscheinlich einzig komplett erhaltene Jugendstilvilla des belgischen Architekten Henry van de Velde. Weitgehend ausgestattet mit originalen Möbeln und dem Interieur aus der Entstehungszeit, beherbergt das Museum heute die europaweit größte Sammlung von Buchgestaltungen van de Veldes sowie Entwurfszeichnungen und Veröffentlichungen des Künstlers. Eine Sammlung von Keramiken und Möbeln aus dem künstlerischen Umfeld von van de Velde ergänzen die Sammlung.
Hofwiesenpark Gera
Der beliebte Hofwiesenpark ist die größte Parkanlage der Stadt Gera. Weite Grünflächen, ein wunderschöner Blick auf den Stadtwald und das Schloss Osterstein sowie ein gemütliches Park-Café machen dieses Areal zu einem beliebten Anziehungspunkt. Benannt ist der Park nach seiner Lage am Berg mit dem ehemaligen Schloss, das bei einem Luftangriff am 6. April 1945 zerstört wurde. Heute sind von der ursprünglichen Bausubstanz nur noch der ehemalige Bergfried aus dem 12. Jahrhundert, die zum Schloss führende Wolfsbrücke von 1857 sowie Reste von Wirtschaftsgebäuden und der Schlosshof erhalten. Im Hofwiesenpark befindet sich neben einem Hallenbad – dem Hofwiesenbad – auch das Stadion der Freundschaft, die Trainings- und Wettkampfstätte der Leichtathleten des 1. SV Gera e.V. und des LV Gera
Museum für Angewandte Kunst
Das Museum für Angewandte Kunst umfasst Sammlungen von Kunsthandwerk, Fotografie, Gebrauchsgrafik und Design. Kunsthistorisch wertvollster Teil der Sammlung sind Bauhauskeramiken, die in der ständigen Ausstellung „Art déco & Funktionalismus – Angewandte Kunst zwischen den Weltkriegen“ zu sehen sind.
Orangerie im Küchengarten. Foto:Verein Thüringer Städte
Orangerie im Küchengarten
Die halbkreisförmige Barockanlage im ehemaligen Küchengarten der Fürsten Reuß j. L. entstand im 18. Jahrhundert. Sie beherbergt heute eine Kunstsammlung mit einem bedeutenden Inventar an Gemälden, Druckgrafiken und Plastiken. Der Küchengarten liegt zwischen Orangerie und Theater und wurde im Vorfeld der Bundesgartenschau 2007 wieder in einen barocken Lustgarten umgestaltet.
St. Marienkirche
Die spätgotische Marienkirche liegt unmittelbar an der Weißen Elster und ist das Wahrzeichen des Geraer Stadtteils Untermhaus. Der Altarraum soll bereits 1193 erbaut worden sein, womit die Marienkirche zu den ältesten Kirchen Ostthüringens gehört.
Botanischer Garten
Der Botanische Garten Gera entstand 1897 aus der bürgerlichen Stiftung des Textilunternehmers Walther Ferber und ist bis heute durch die Besonderheit zweier dort entspringender Quellen geprägt. Das knapp ein Hektar große Grundstück bietet Raum für einen alten Baumbestand, ein gewundenes Wegesystem und vor allem für das 1864 erbaute spätklassizistische Gartenhaus mit Turm.
Stadtmuseum
Barockes Gebäude, modernes Innenleben: Das ehemalige Zucht- und Waisenhaus, von 1724 bis 1738 unmittelbar vor der Stadtmauer errichtet, beherbergt seit 1914 das Stadtmuseum Gera. Das Haus liegt heute an exponierter Stelle in der innerstädtischen Fußgängerzone und zeigt sich äußerlich trotz mehrmaliger Zerstörung weitgehend in seiner ursprünglichen Gestalt. Seit einer umfassenden Sanierung 2002 bis 2004 und der anschließenden Wiedereinrichtung präsentiert sich das Museum mit einer völlig neuen Konzeption und Gestaltung. Die Dauerausstellung und die Themenausstellung „Romantisches Gera“ bieten auf rund 1000 Quadratmetern in vier Etagen eine spannende Zeitreise durch die Geraer Geschichte von der ersten Besiedlung bis ins 21. Jahrhundert. Ergänzend werden jährlich zwei bis drei Sonderausstellungen sowie ein breitgefächertes museumspädagogisches Programm angeboten.
Historischer Marktplatz
Der nahezu quadratische Marktplatz befindet sich im Zentrum der Altstadt. Am Markt kann man eindrucksvolle Bauten sehen: die Stadtapotheke mit ihrem reich verzierten Erker,den Simsonbrunnen oder das Renaissance-Rathaus mit seinem begehbaren Turm und dem dekorativem Rathausportal.
St. Salvatorkirche
Die Salvatorkirche wurde von 1717 bis 1720 im Barockstil auf dem Nicolaiberg, dem höchsten Punkt der Altstadt, erbaut. Nach dem großen Stadtbrand im Jahr 1780 wurde sie originalgetreu wieder aufgebaut und erhielt 1903 die einzigartige Innengestaltung im Jugendstil. Die Salvatorkirche verfügt zudem über eine der größten spielbaren Orgeln des Orgelbauers Ernst Röver.
Markt Gera. Foto: Verein Thüringer Städte
Dahliengarten
Er wurde 1928 als erste nur für Dahlien angelegte öffentliche Gartenanlage in Deutschland eröffnet und diente den bekannten Geraer und Bad Köstritzer Dahlienzüchtern zur Präsentation ihrer Pflanzen. Im Mittelpunkt des Gartens steht eine 1930 von Thilo Schoder geschaffene Brunnenplastik – „Die Dahlie“
Tierpark
Der Waldzoo Ostthüringens liegt mitten im Stadtwald, im landschaftlich reizvollen Martinsgrund und beheimatet etwa 500 Tiere in rund 80 Arten. Für die kleinen Besucher sind das Streichelgehege, der Bauernhof und eine Fahrt mit der Parkeisenbahn erlebenswert.
Häselburg
In der Häselburg werden soziale und hochkulturelle Projekte miteinander verbunden. Hier wird ein offener Raum für Künstler und Künstlerinnen und Kunstinteressierte, ortsansässige Vereine und Initiativen, Schüler und Studierende, Gäste und Geflüchtete geboten. In dem mehr als 3.000 Quadratmeter großen Gebäudekomplex werden Bildung und Kunst mit Wohnen und interkulturellem Leben verbunden. In der Häselburg soll Low Culture ebenso wie High Culture angesiedelt sein, traditionelles Handwerk mit Design und Denkwerkstatt mit Unternehmertum verbunden werden. Hier gibt es zudem eine Galerie für Zeitgenössische Kunst mit laufenden Ausstellungen seit 2017.
Hard Facts: