Die Früchte der Musa paradisaica an den riesigen Stauden im Tropenhaus sind noch leicht grün, aber schon erntereif lang. Agapanthus praecox ssp. orientalis blüht im Innenhof zwischen den Gewächshäusern in strahlendem blau, im Sukkulentenhaus lässt ein extrabreiter Echinocactus grusonii Besucher schmunzeln. Im Kalthaus zu entdecken: Camellia sinensis; und im Außenbereich: der erstaunliche Cornus kousa. Die Rede ist von schmackhaften Bananen und himmlischen afrikanischen Lilien; von einem extrastacheligen Schwiegermuttersessel und jener Kamelienart, die als Teepflanze nicht ganz unbedeutend für den Welthandel ist – und vom japanischen Blumenhartriegel, einem Baum, der im Frühling voller sternhafter weißer Blüten steht und jetzt ulkige rote Früchte trägt.
Pflanzenvielfalt im Botanischen Garten Jena
Die Rede ist aber auch: von nur fünf der mehr als 10.000 Arten, die im Botanischen Garten der Friedrich-Schiller-Universität Jena wachsen. Das 4,5 Hektar große Areal ist neben dem Paradies-Park die grüne Lunge der Stadt. Dort im Zentrum, wo andere vielleicht ein Kongresszentrum, weitere Campi oder noch ein seelenloses Einkaufszentrum vermuten würden, ist der denkbar schönste Ort der Erholung und des Lernens zu finden. Und zwar seit mehr als vier Jahrhunderten. Einst vor den Toren der Stadt gelegen – Relikte der Stadtmauer gibt es schräg über die Straße des Eingangs zu erspähen – wurde der Botanische Garten 1586 als Medizinergarten gegründet. Damit ist er, nach Leipzig mit 1580, der zweitälteste seiner Art in Deutschland und einer der ältesten Europas.
Audio-Führungen mit dem eigenen Smartphone
Im Hortus Medicussollten Studenten der Medizin und Pharmazie in Pflanzenheilkunde fit werden. Mehrfach zum Botanischen Garten erweitert – nicht unwesentlich durch Johann Wolfgang von Goethe ab 1776 – entstand die heutige Anordnung zu DDR-Zeiten in den frühen 1980er Jahren. Seither umfasst der Garten mehrere große Gewächshäuser, in denen Besucher mittlerweile über ihr Smartphone via QR-Code abrufbaren Audio-Führungen lauschen können und viel über die Evolution unseres Planeten, die Klimazonen und Pflanzenfamilien lernen. Auch informiert die Website wöchentlich über die aktuell besonders sehenswerte Pflanzen und markiert ihre Standorte genau. Die verschiedenen Themengärten im Freien – etwa das Alpinum, der Nutzgarten oder Goethes Garten – sind auch in den
kälteren Jahreszeiten einen Besuch wert.
Pflanzen-Pate werden und Bildhauerei genießen
Betreten verboten aber betrachten erlaubt gilt für die Flächen, in denen die Botanik-Experten die Nachzucht steuern. Wer möchte, kann außerdem Pflanzen für zuhause kaufen oder gleich die Patenschaft für ein Gewächs übernehmen. Neben Blüten, Blättern und Bänken lockt auch: Bildhauerei. Der Garten ist regelmäßig Gastgeber für Wechselausstellungen. Doch mit Pflanzen und Kunstwerken ist es nicht getan. Gerade Kinder sind entzückt, dass es im botanischen Garten auch einige Tiere zu bestaunen gibt. Lustige Tiere, schöne Tiere, gefährliche und kuschelige: Im Sukkulentenhaus wohnen Warane, im Tropenhaus flitzen Wachteln umher.
Schmetterlinge im Viktoriahaus
Im Viktoriahaus flattern die schönsten Schmetterlinge, singen kleine Frösche von den Lianen und warten Piranhas im Becken auf unvorsichtige Touristen. Im Außenbereich summen die Insekten und zwitschern die Vögel, die Pflanzenpracht zieht sie an und trägt zur äußerst lebendigen Stadtökologie bei. Und dann gibt es noch eine alte, schwarz-weiße Katze. Sie darf überall herumstreifen und zutraulich, wie sie ist, lässt sie sich mithin gerne von Botanik-Freunden durchkraulen. Den Botanischen Garten professionell gestaltet und liebevoll geführt zu nennen, wäre untertrieben. Er ist ein Ort zum Zeit verbringen, um sie zu vergessen, die Zeit.
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Hard Facts:
- Wo: Botanischer Garten Jena | Fürstengraben 26
- Wann: reguläre Öffnungszeiten täglich von 10 bis 19 Uhr