Die elektronische Musik- und Veranstaltungsszene in Thüringen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Mit Beginn der Pandemie und dem vorübergehenden Aus für die Clubs wurden kleine Kollektive immer sichtbarer und entstanden neu. Sie sprangen in das Kulturvakuum, das Corona aufriss und füllten es mit mal mehr mal weniger legalen Veranstaltungen, die an den außergewöhnlichsten Orten aufpoppten. Doch das heißt nicht, dass es diese Kollektive zuvor nicht gab. Schon seit jeher schließen sich DJs und Künstler sowie Künstlerinnen in Labels oder Gruppen zusammen, um ihrer Musik gemeinsam mehr Gehör zu verschaffen. Eines dieser Kollektive heißt „Aroma+“, hat seine Base in Jena und kümmert sich am kommenden Sonntag (14. August) um das Rahmenprogramm eines Konzertes, das im Erfurter Kalif Storch stattfindet. Wir sprachen vorab mit Daniel Hauser und Carlo Bonanza, die beide nicht nur super DJs sind, sondern ihres Zeichens auch Gründungsmitglieder von Aroma+.
Hallo ihr beiden. Was ist eigentlich Aroma+?
Daniel: Wir sind das Cocktailschirmchen im Thüringer Musikcocktail (lacht). Wir sind ein DJ-Kollektiv, das sich gegründet hat, um lebensbejahende Musik unters Volk zu bringen. „Good Vibes Only“ ist unser Motto und wir wollen mit unserer melodischen und fröhlichen Musik positive Gefühle transportieren. Disco und House passen da natürlich. Das ist auch das, was wir spielen. Paul spielt mehr Disco. Ich mehr House und wir dachten einfach: Lasst uns die Kräfte vereinen.
Carlo: Das ist korrekt. Wir entstanden quasi als Gegenbewegung zu den ganzen Technogruppierungen und -labels, die in den vergangenen Jahren überall entstanden. Mir fehlte da der bunte Touch. Deshalb wollten wir Disco-Musik in Thüringen wieder populär machen. In Berlin und Leipzig gibt es das schon, aber hier fehlte da noch der Vibe. Natürlich freuen wir uns, dass es viele Techno-Kollektive gibt. Wir wollen uns da auch nicht abgrenzten. Wir hatten lediglich das Glück, dass wir eh auf der House- und Disco-Schiene fahren. Also dachten wir, lass uns einfach ein Kollektiv daraus machen, mit DJs, die genauso ticken wie wir, mit Musik, die sich dem bunten, coolen Disco-House verschrieben hat und Partys, die ihresgleichen suchen.
Daniel: Eines noch: Inzwischen sind wir ein gemeinnütziger Verein. 2021 brachten wir eine erste physische Platte der Band „Mamoré“ mit dancefloortauglichen Remixen raus, die zu uns passten. Wir wollen also nicht nur Veranstaltungen machen, sondern auch Musik veröffentlichen von Leuten, die unsere Gedanken teilen.
Wie kam es eigentlich zur Gründung von Aroma+?
Daniel: Die Leidenschaft zur House- und Discomusik lag uns schon immer im Blut. Wir lernten uns bei verschiedenen Veranstaltungen in Jena kennen. Carlo organisierte damals eine kleine, feine Veranstaltungsreihe namens „Discolights“ in der Zapata Bar und ich den „Sunday Boogie“ im Kassablanca mit Fokus auf House und Disco. Aber der „Aroma+“-Ursprung liegt in einer Veranstaltung auf der Muna in Bad Klosterlausnitz im Oktober 2018, bei der auch die Sound Society Musik auflegte, die ebenso Gründungsmitglieder sind.
Was war und ist eigentlich das Ziel von Aroma+?
Carlo: Ganz klar: Kräfte bündeln, Musik austauschen und gegenseitiges Befruchten. Außerdem wollten wir ein gemeinsames Dach, unter dem wir auftreten und Veranstaltungen organisieren können, mit denen wir die Disco-Fahne in Thüringen höher hängen. Die Musik stand dabei immer ganz klar im Fokus.
Daniel: Carlo hat Marketing studiert und einen guten Plan, wie wir das alles umsetzten können. Wir gründeten mit seiner Hilfe einen Instagram- sowie einen Soundcloud-Kanal und schossen ein paar Low-Budget-Fotos. Mit dem Material sind wir dann nach draußen gegangen, um Veranstaltungen zu organisieren. Und um den musikalischen Fokus nach außen zu bringen, veröffentlichten wir von vornherein Musik-Podcasts.
Und warum der Name „Aroma+“?
Daniel: Carlo, weißt du das noch?
Carlo: Wir brauchten was mit Ohhhs und Ahhhs (lacht). Mit dem gewissen Plus halt. Einfach sollte es sein. Und es sollte Geschmack haben. Aroma hat sich da durchgesetzt. Und das Plus gab‘s bei uns schon vor Disney! Wir sind also Vorreiter (lacht).
Auf eurer Instagram-Seite sind ja alle DJs verlinkt, die Teil von Aroma+ sind. Wenn mir da einer gefällt, kann ich euch einfach anschreiben und fragen, ob ihr auf meiner Veranstaltung spielt?
Carlo: Genau. Die Partyplaner oder Booker kommen auf uns zu. Jeder von uns hat einen anderen Stil. Sound Society spielen manchmal etwas härter auf mit G-House oder UK Garage. Bei RJ Hubert kann es schon mal in Richtung Slowdisco gehen. Wir bilden ein breites Spektrum ab und je nach Veranstaltung kann sich der Booker seine Kirsche auf der Sahnetorte herauspicken.
Aber ihr organisiert auch selbst Veranstaltungen?
Daniel: Klar. Wir organisierten schon einige Veranstaltungen. Vorwiegend in Jena. Haben aber unsere Fühler auch schon nach Leipzig und Erfurt ausgestreckt. Marcus von der Sound Society ist im Erfurter Existénce-Kollektiv. Wir sind auch mit dem Kalif Storch verbandet, ein Spot in der Landeshauptstadt, den wir sehr mögen. In Jena sind wir oft im Café Wagner oder organisieren an besonderen Orten unsere eigenen Partys. Vor Kurzem spielten wir in Weimar im Studio Wägetechnik. Einen festen Rahmen, wo wir regelmäßig spielen, gibt es noch nicht. Aber da sind wir dran. Erste Überlegungen gibt es in Jena etwas aufzubauen. Da ist aber noch nichts spruchreif.
Wo wir beim Thema sind. Am kommenden Sonntag supportet ihr das Konzert von „Mind Enterprises“ im Kalif Storch in Erfurt. Wie kam es dazu?
Daniel: Die Initiative ging vom Kalif aus. Vergangenes Jahr hatten wir die erste Veranstaltung dort, unsere Release-Party zur Platte von Mamoré, eine tolle Band aus Jena, die wir supporten. Das war ein richtig bunter und fetziger Abend. Hubert, der Chef vom Kalif, dem taugte das sehr. Er ist im Herzen ein kleiner Disco-Connaisseur. Er hatte Bock auf „Mind Enterprises“ und dachte sich, was könnte das besser passen als Aroma+? Das freute uns sehr.
Ihr schafft den musikalischen Rahmen …
Daniel: Richtig. Wir sind Vor- und Nachband.
Carlo: … und natürlich der Garant dafür, dass es ein cooler Abend wird, weil Aroma+ auf dem Flyer steht (lacht).
Daniel: Das ist der „Aroma+“-Effekt …
Seit 2021 seid ihr Verein. Wie kam es eigentlich genau dazu?
Daniel: Veranstaltungen bedeuten viel Vorbereitung und viel Nachbereitung. Da hängt viel dran. Dafür braucht man tatkräftige Helfer und viele Hände. Außerdem ist da immer die Frage nach dem Geld. Als Verein ist das einfacher. Wir wollen aber nicht rein wirtschaftlich agieren und hohe Eintrittspreise verlangen. Wir wollen niedrigschwellige Veranstaltungen für alle auf die Beine stellen, bei denen der Party-Spirit im Fokus bleibt. Alle sollen einen schönen Abend haben, ohne dabei gleich pleite zu gehen. Da lag es nahe, einen Verein zu gründen. Zum einen, um Gelder und Fördermittel zu sammeln, zum anderen auch, um Leute um uns zu vereinen, die Bock auf unseren Vibe haben und die Idee unterstützen wollen. Es ist immer gut, kreative Leute um sich zu haben, die bei Projekten unterstützen wollen. .
Also kann ich jetzt ganz einfach Vereinsmitglied werden?
Daniel: Natürlich gibt es ein knallhartes Aufnahmeverfahren, das sich über mehrere Jahre hinzieht (lacht). Carlo: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, uns eine Nachricht zu schreiben. Einfach mal auf aroma-plus.de nachschauen.
Und da kann man auch bei euren außergewöhnlichen Partys mithelfen. So weit ich weiß, sind die berüchtigt …
Daniel: Klar. Unsere Partyformate weichen von den klassischen Partyformaten ab. Wir wollen den Leuten ein geiles Gesamtergebnis bieten, was super zur Musik passt, die wir präsentieren. Gerne weichen wir deshalb von herkömmlichen Klubabenden ab. Perspektivisch wollen wir zum Beispiel auch einmal eine Rollerdisco organisieren. Zuletzt feierten wir unsere zweite Poolparty in Jena.
Carlo: Unsere Formate können schon mal kitschig sein. Aber cool-kitschig! Da kann es sein, dass jemand mit einem Silbertablett voller Raffaello-Schnäpsen herumläuft und diese gratis verteilt. Wir bauen eine Schminkecke auf und haben `ne Slushi-Maschine, statt klassisches Bier vom Fass. Oder es stehen überall aufblasbare Palmen oder Flamingos rum.
Daniel: Sehr glitzernd alles (lacht).
Das ist ein Kontrast zu den vorherrschenden Technopartys allerorts. Was schätzt ihr an der House- und Discomusik?
Daniel: Die Seele und das gute Gefühl. Dieser Glanz!
Carlo: Generell ist Techno oder Disco Geschmacksache. Und wir wollen auch niemanden missionieren. Ich finde, ein guter Vergleich ist: Bei Techno gibt es Tracks mit ein bisschen Geschrammel und bei Disco gibt es Lieder, die einen gewissen groovy Aufbau mit Strophen, Refrain, Strophe besitzen.
Abschließend die Frage der Fragen: Warum sollte jeder mindestens einmal eine „Aroma+“-Party besuchen?
Daniel: Damit man „Good Vibes Only“ spürt und mit in sein Leben tragen kann.
Carlo: Damit man nicht für eine außergewöhnliche Party nach Berlin fahren muss …
Hard Facts:
- Wann: 14. August ab 16 Uhr
- Wo: Kalif Storch Zum Güterbahnhof 20 | Erfurt
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