Als wir uns mit Luise Pfau zusammentelefonierten, hatte das Engelsburg-Team bereits zwei Veranstaltungen mit dem 2G-Modell (geimpft, genesen) umgesetzt. „ReBoot“ und „All you can dance“ waren ausverkauft – Louise, die für Veranstaltungen und Marketing im Club verantwortlich ist, war bei beiden Partys an vorderster Front dabei. High-Life von null auf hundert. 18 Monate hatte die Engelsburg infolge der Pandemie geschlossen. Seit 13. März 2020.
Ihr musstest wegen Corona komplett dicht machen. Gab es keine Möglichkeit, den Keller zu nutzen?
Nicht wirklich. Wir nutzten die Räume, um OnlineStreams ins Internet zu ballern. Aber tatsächlich gab es keine einzige Präsenzveranstaltung vor Ort.
Solche Live-Übertragungen ins Internet setztet ihr des Öfteren um …
Richtig. Wir waren sogar die ersten, die sagten: „Wir müssen was machen. Keinen Bock nur rumzusitzen.“ Direkt am Freitag den 13. beschlossen wir, die „Fête de la home“ zu organisieren. Dafür buchten wir Freunde als DJs und streamten alles ins Netz. Da wir in der Engelsburg immer Festveranstaltungen wie den Astra-Montag haben, überlegten wir uns in der Folge, thematisch auch solche Streams auf die Beine zu stellen. Wir überlegten uns für jeden Montag zu bestimmten Themen die Top 25, wie zum Bei[1]spiel: die besten Songs über Essen oder die besten Songs über Liebe. Das garnierten wir mit ein paar Rate-Runden. Die Zuschauer konnten mitquizzen und EngelsburgMerch gewinnen. So konnten wir den Menschen etwas Gutes tun und gleichzeitig zeigen: wir sind noch da!
Gab es weitere Gründe, Streams zu organisieren?
Es gab verschiedenen Förderpakete von Stadt und Land, die wir beantragen konnten. Doch bis das Geld bereitstand, half uns als Überbrückung das Crowdfunding, das wir im Rahmen der Streams publik machten. Außerdem wollten wir mit den Liveübertragungen den Menschen etwas für ihre Hilfe zurückgeben.
Das hat gut funktioniert, oder?
Auf jeden Fall. Insgesamt organisierten wir drei 24h-Livestreams – einen im Kickerkeller, einen im Kalif Storch und einen in der Engelsburg. Als der Stream bei uns war, boten wir den Leuten an, dass wir die gekauften Sachen am gleichen Tag noch ausliefern. Es gab zum Beispiel personalisiertes Engelsburg-Bier, Mexikaner und T-Shirts. Das Bar-Team, das sonst hinter dem Tresen stand, hat sich bereit erklärt, die Sachen auszufahren. Das nahmen die Zuschauer super an. Bier und Mexikaner waren ausverkauft.
Wie viel Förderung habt ihr eigentlich erhalten?
Das kann ich nicht genau sagen. Wir haben auf jeden Fall alles beantragt und angenommen,
was ging. Schließlich kam fast überhaupt kein Geld rein. Glücklicherweise konnten wir im Sommer Veranstaltungen an der frischen Luft organisieren und verschiedene Programme auf die Beine stellen. Das hat uns auch geholfen.
Jetzt geht’s wieder los. Du hast Morgen- und Übermorgenabend Nachtschicht. Bist du schon wieder voll drin im Business?
Ich bin tatsächlich wieder komplett drin. Wir organisierten über den Sommer die Open-Air-Veranstaltungen am Stattstrand und im Hirnzigenpark. Gemeinsam mit dem Zughafen setzten wir den Stattstrand-Biergarten um und gemeinsam mit der Wbg Einheit und dem Bayou-Festival den Hirsch-Heinrich-Sommergarten. Wir hatten quasi am Montag die letzte Veranstaltung und nur wenig Zeit, den Keller wieder auf Vordermann zu bringen – alle Getränke einzuräumen, die Tresen zu wischen und sauber zu machen. Es ging also nahtlos weiter. Die vergangene Woche war richtig krass.
Ihr öffnet jetzt mit 2G. Was heißt das?
Der Eintritt ist nur für Geimpfte oder Genesene möglich. Wir entschieden uns dafür, weil das Modell hundert Prozent Auslastung möglich macht. Wir können also genug rein lassen, um ein ganz normales Party-Feeling zu garantieren und die Besucher müssen, wenn sie tanzen oder herumlaufen, keine Maske tragen. Natürlich empfehlen wir weiterhin, dass auf Abstand und Hygieneregeln geachtet wird. Aber die Besucher können ganz normal bei uns feiern und Spaß mit Freunden haben.
Die komplette Auslastung ist bei euch wichtig, weil sich der Betrieb gar nicht lohnt, oder?
An sich stimmt das, aber wir sind keine krassen Kapitalisten, es rentiert sich sonst einfach nicht. Wir haben Bar-Personal, Techniker, Festangestellte, Hausmeister und mehr – wenn nur 70 Prozent der Menschen rein können, bekommen wir nicht genug Geld für den Betrieb zusammen und können die Fix-Kosten nicht decken. Da müssten wir etwa 20 Euro Eintritt nehmen und das will keiner bezahlen. Wir bekommen deshalb viel Feedback. Einige finden 2G ausgrenzend und fragen, warum nicht 3G? Aber dabei geht es nicht nur um Rentabilität, auch um den Schutz aller. Wir finden es gut und wichtig, wenn die Menschen sich impfen lassen. Sich schützen. Uns schützen. Alle drumherum schützen.
Ist das Organisieren von 2G ein großer Mehraufwand? Gibt es Zettelwirtschaft?
Das hatten wir am Eröffnungswochenende tatsächlich nicht, weil wir ausverkauft waren. Bei tixforgigs.com kann man für jede Veranstaltung von uns ein Ticket kaufen. Vorteil ist: die Leute sind bereits angemeldet und es muss sich nicht vor Ort eingetragen werden. Zudem ist das für die Besucher günstiger, weil es an der Abendkasse immer ein bisschen mehr kostet.
Wie läuft das am Eingang ab?
Wir arbeiten mit der Tixforgigs-App. Die Leute zeigen dann ihr Ticket vor. Das geht ausgedruckt, aber auch digital. Wir scannen das dann. Die Besucher müssen noch ihren 2G-Nachweis sowie Perso vorzeigen und das war‘s.
Moderne Lösungen via App und Online-Buchung erleichtern euch demnach das Leben?
Bis jetzt ist das so. Alle Veranstaltungen sind derzeit ausverkauft, deshalb müssen wir uns über Abendkasse noch keinen Kopf machen und überlegen, wie wir das organisieren. Aber die Erfahrung aus dem Sommer zeigt, dass das mit dem Zettel ausfüllen auch recht schnell geht. Uns ist klar, dass viele Leutespontan kommen wollen, das ist natürlich bei einem ausverkauften Veranstaltung und ohne Abendkasse nicht möglich – aber die Tickets sind immer übertragbar, heißt: die Gäste können sie easy an Freunde weitergeben oder zum Beispiel in unseren Facebook-Events an Ticketlose weiterverkaufen.
Wie war die Stimmung beim Re-Opening?
Alle waren total aufgeregt. Auch im Team. Das erste Mal wieder hinter dem Tresen stehen. Das erste Mal wieder eine Zitrone aufschneiden und alles vorbereiten für die Getränke. Das war schon besonders. Als die ersten Gäste in die E-Burg kamen, war das wirklich krass. Mir ist aufgefallen, dass sich die Leute zuallererst umgeschaut haben. Sie waren nicht wie sonst gleich an der Bar, sondern besuchten erstmal den Dancefloor. Sie haben Runden gedreht, getanzt und sich gefreut.
Also schauten die Gäste, ob noch alles beim Alten ist?
Genau. Erstmal alles abchecken. Erste Station: Dancefloor. Einen Tanz mitnehmen und dann ein Getränk holen.
Du hast, soweit ich weiß, bei der Eröffnung auch aufgelegt?
Ja. Ich habe Indie, Pop und Disco gespielt, auf dem anderen Floor hat Dieter Thomas Clapp die Hits zum Besten gegeben und beide Floors waren sehr voll. Die Leute hatten Spaß. Es war eine super Veranstaltung.
Während der Pandemie gab es die Bedenken, dass das komplette Personal wegbricht, weil es sich umorientieren muss. Hattet ihr genug Women-Power?
Dank unserer Open-Air-Projekte am Stattstrand und im Hirsch Heinrich sind uns einige erhalten geblieben und jetzt ins Club-Business eingestiegen. An sich suchen wir immer tatkräftige Unterstützung, aber der harte Kern ist geblieben. Wer Bock hat hinter die Kulissen zu schauen und Teil eines super sympathischen Teams zu werden, kann sich jederzeit per Mail an info@engelsburg.club melden.
Wie geht es jetzt weiter?
Ihr plant den normalen Clubbetrieb und alle Ängste vor Lockdown sind dahin? Klar hat man immer Bedenken. Aber wir freuen uns einfach enorm, dass wir wieder öffnen können und viele Menschen vernünftig waren und sich impfen haben lassen, sodass 2G funktioniert. Wir blicken positiv in die Zukunft und freuen uns auf kommende Partys und vor allem auf die Konzerte.