Post-Punk mit einer groovenden Bassline, cool dahingesungene Texte mit Interpretertionsspielraum und eine künstlerische Attitüde, die es in dieser Form schon lange nicht mehr bei Musik aus Thüringen gab – das alles liefert die Band „Vati“. Hinter dem Indie-Projekt mit dem elterlichen Spitznamen im Titel verstecken sich Benedict Möbius aus Leipzig und Paula Franke aus Weimar. Die beiden lernten sich im Sommer 2020 beim Studium in Jena kennen. Nur kurze Zeit später – 2022 – brachte das Duo bereits das erste Minialbum „Beautykur“ raus, mit dem Vati seitdem die Klubs in Mitteldeutschland unsicher machen.
Vati – Post-Punk aus Weimar und Leipzig
Benedict, auch Bene genannt, ist für die Produktion, das Abmischen sowie das Mastering der Indie-Sounds zuständig und machte sich bereits vor dem Post-Punk-Projekt unter dem Pseudonym „Upper Class“ einen Namen als Lofi-HipHop-DJ und -Produzent. Paula hingegen ist der textsichere Teil des Duos. Sie edelt die Vati-Sounds mit ihren monochrom intonierten und poetisch daherkommenden Lyrics. Für das t.akt-Magazin liefern sich die beiden einen charmanten Schlagabtausch via Videocall, der die Coolness der Vati-Sounds mit einem unaufgeregten und nahbaren Eindruck der beiden Musiker:innen unterstreicht.
Hallo ihr beiden. Beschreibt Vati doch mal mit drei Begriffe
Bene: Willst du zuerst, Paula?
Paula: Nicht unbedingt (lacht).
Bene: Spritzig!
Paula: Boa, gut gemacht. Verdammt.
Fehlen noch zwei.
Paula: Ja. Wir schaffen das noch.
(Nachdenkliches Schweigen.)
Paula: Verkorkst.
Bene: Wavey.
Warum verkorkst, Paula?
Paula: Das ist auf die textliche Seite bezogen, für die ich zumeist zuständig bin. Und die Text sind ja manchmal etwas schwerer zu verstehen. Oft geht es mir eher um den Vibe.
Erzählt mal kurz, wie ihr aufeinandergetroffen seid
Bene: Wir lernten uns 2020 in Jena beim Studium kennen. Irgendwann zog ich nach Leipzig und Paula nach Weimar.
Paula initiierte das Projekt, weil sie wusste, dass wir uns sonst nicht mehr so oft sehen.
Paula: Wenn man kein gemeinsames Projekt hat! Man muss immer gemeinsame Projekte mit Freunden haben, sonst verläuft sich das, falls sie wegziehen.
Taktisch klug. Was zog euch nach Weimar und Jena?
Paula: Ich studierte in Jena Kunst und Englisch auf Lehramt. Irgendwann war ich dann mehr in Weimar unterwegs und habe mehr künstlerisch gearbeitet. Da ergab es nicht so viel Sinn, in Jena zu wohnen.
Wie war das bei dir und Leipzig Benedict?
Bene: Ich studierte eine Zeit lang Politikwissenschaften in Jena. Musik produziere ich schon seit ich ein Jugendlicher
bin. Das nahm dann mit einigen Projekten an Fahrt auf. Heute bin ich hauptberuflich Musikproduzent. Da war es für mich ein logischer Schritt, nach Leipzig zu ziehen, um mehr Input zu bekommen und das mit der Musik zu forcieren.
Was waren dann eure musikalischen Berührungspunkte? Kunst und Politik hören sich nicht unbedingt nach Vati an …
Paula: Wir haben beide schon immer gerne Musik gemacht und uns ein bisschen ausgetauscht. Aber es war nicht Hauptinhalt unserer Freundschaft.
Bene: Paula kann im Gegensatz zu mir gut singen und da fragte ich irgendwann, ob sie sich nicht mal musikalisch
ausprobieren will. Ich baute zuvor immer nur instrumentale Tracks in dieser Richtung. Mir fehlte immer jemand, der gut dazu singen kann. Das führte dazu, dass ich anfing Paula Demos zu schicken und wir dann zeitnah gemeinsam Sachen aufnahmen, was mir sofort gefiel. Aus: „Wir machen aus Spaß etwas Musik“, wurde schnell: „Hier entsteht gerade etwas Cooles, das man der Welt präsentieren kann.“
Stimmt. Unter einem außergewöhnlichen Namen präsentiert ihr der Welt Musik. Warum „Vati“?
Paula: (Lacht) Ich wusste, dass diese Frage kommt.
Sorry, ich muss es einfach fragen.
Paula: Und ich hatte auch etwas Angst davor, weil so richtig erinnere ich mich nicht daran. Das hatte einen tieferen Sinn und ich hab‘ ihn einfach vergessen. Und Bene auch. Aber der Name „Vati“ passt einfach. Die EP klingt nach etwas, das man als Teenie hört, wenn die Freundin ihren Führerschein bekommen hat und zum ersten Mal mit eigenem Soundtrack auf die Autobahn fährt. Phonetisch finde ich „Vati“ auch gut. Vier Buchstaben. Gefällt mir.
Kurz und knackig.
Bene: Wir hatten mehrere Namensideen. Eine Zeit lang wollten wir uns Arena oder ColaCola nennen. Bikin war ein Vorschlag. Ich hatte Bock auf den Namen „Abfahrt“. (Paula schüttelt grinsend den Kopf).
Versuchen wir eure Musik einzuordnen: Könnt ihr euch mit dem Begriff „Neue Neue Deutsche Welle“ identifizieren?
Paula: Ich bin nicht so unglaublich genrebewandert. Wenn ich aber andere Artists höre, die sich mit „Neue Neue Deutsche Welle“ beschreiben, dann sind das oft Leute, die ich cool finde. Bei denen ich Parallelen fühle. Aber generell ist es für eine Künstker:in schwierig, sich ein Label aufzudrücken, weil man hofft, dass man etwas Anderes und Neues macht.
Bene: Ich würde mich darin verorten. Aber irgendwie ist das einfach ein Trendbegriff. Unsere Musik speist sich aus vielfältigen Einflüssen und ist mit „Neue Neue Deutsche Welle“ nicht allumfänglich beschrieben.
Wie ist eure Beziehung zu Post-Punk?
Bene: Sehr gut. Ich hörte schon immer gerne Post-Punk. Ein Freund meiner Schwester schenkte mir mal ein Mixtape mit dieser Musik und das zog mich in diese Musikwelt hinein. Aber wir sind keine straighte Post-Punk-Formation. Wir nutzen dafür gefühlt zu viele poppige Elemente in den Songs. Unsere Musik hat Ecken und Kanten, aber Paulas Vocals macht das Ganze poppiger und zugänglicher.
Um den Sound kümmerst du dich Benedict?
Bene: Ja. Ich arbeite viel in meinem Homestudio. (Zeigt sein Homestudio) Eigentlich komme ich musikalisch aus dem Rock. Ich war lange Zeit Teil einer Band, lernte Gitarre, Bass und Schlagzeug. Das lief immer nebenbei.
Aber du spielst die Sounds selbst ein?
Bene: Klar. Auf unserer ersten EP „Beautykur“ werden die Songs meist von der Bassline getragen. Oft fange ich damit an. Gitarren und die Melodie-Sektion tritt da etwas in den Hintergrund. Dann baue ich das immer weiter auf mit Drums und Gitarren-Samples. Wenn das rund ist, schicke ich es Paula rüber. Die Vocals überlasse ich ihr.
Da sind wir beim nächsten Thema. Um eine Textzeile aus dem Song „Heute Nacht“ zu bemühen. Wie ist das Paula, wenn du dich mit Leuchtkäfern einreibst?
Bene: Das frage ich mich auch (großes Gelächter).
Paula: Wie das im echten Leben ist, weiß ich nicht. Der Track handelt von einen Traum, in dem ich Anführerin eines Kultes bin. Es war ein schöner Traum und in ihm war es gut, sich mit Leuchtkäfern einzureiben. Tierschutztechnisch würde ich das aber nicht empfehlen. Und auch menschenschutztechnisch würde ich keinen Kult gründen…
Der Song „Stummes Match“ hat etwas mit verknallt sein zu tun. „Kette“ auch irgendwie. Es ist nicht so einfach, die Geschichten hinter euren Songs zu verstehen. Mir ist es nur teilweise gelungen. Hilf mir auf die Sprünge, Paula. Warum trinkst du Kerosin?
Paula: (Lacht) Meistens ist der Beat zuerst. Parallel dazu existieren auf meinem Handy kleine Textfragmente oder Gedichte, die ich geschrieben habe oder gut finde. Oft unterhalten wir uns über unsere Bilder im Kopf, wenn wir den Beat hören. Aus diesem Vibe ergibt sich der Text. Es ist kein konkretes Storytelling.
Also seid ihr nicht der Meinung, dass Texte in Songs immer verstanden werden müssen?
Bene: Ich finde es gerade geil, dass es bei uns nicht so ist. Mir persönlich gefällt es an Popmusik nicht, dass sie immer sehr direkt und explizit ist. Es ist nice, dass Paula einen Weg findet, viele Dinge durch die Blume zu sagen. Das gibt den Hörer:innen die Möglichkeit, selbst zu interpretieren. Einen Track wie „Kerosin“, kann man fröhlich und auch traurig deuten. Das finde ich gut an Musik, wenn mir Interpretationsarbeit überlassen wird. Außerdem hebt sich unsere Musik so von zeitgenössischem Pop ab.
Paula: Das ist eine Freiheit, die ich mir nehme. Das eröffnet Chancen für Humor durch die Blume, der mir gefällt.
Bene: (Singt eine Textzeile aus dem Song „Kerosin“) Mein Körper ist ein Airport, heute zünde ich ihn an …
Paula: (Lacht) Ich höre viel Musik in Sprachen, die ich nicht verstehe. Und trotzdem total toll finde. Irgendwie fühle ich, über was da gesungen wird.
Eure letzte EP erschien Mitte 2022. Wann gibt’s was Neues von Vati?
Bene: Wir haben einen neuen Song, der ist fast fertig. In dem werde ich das erste Mal singen. Live spielten wir den
auch bereits. Er ist rockiger, aber wir legen uns da gar nicht so fest. Die Mission für dieses Jahr ist weiter Songs schreiben. Unser Ziel ist, ein ordentliches Live-Programm auf die Beine zu stellen. Momentan können wir nur 25-minütige Livekonzerte geben. Die erste EP ist ein guter Referenzpunkt und von da aus können wir uns jetzt weiterentwickeln. Es wird auf jeden Fall dieses Jahr noch was kommen.
Ihr seid neulich im Kassa in Jena aufgetreten. Wann kann man euch wieder sehen?
Bene: Seifenkistenrennen habe ich gehört?
Paula: Ah, ist das deine Zusage?
Bene: Ja, ich denke schon.
Paula: Okay, cool. Dann treten wir beim SpaceKidHeadCup in Weimar auf und demnächst auch Leipzig.
Bene: Am 21. April in der Garage Ost. Und wir spielen auch am 15. März im Ilses Erika als Voract für NIL.
Kommen viel Anfragen für Auftritten rein?
Paula: Gerade hatten wir drei Konzerte in zwei Wochen. Es fühlt sich gut an, dass uns Leute hören wollen. Es kann gerne so weiter gehen, oder Bene?
Bene: Ich sehe das auch so. Ich liebe es, Musik zu machen und live den Bass zu spielen. Die Interaktion mit dem Publikum ist super. Im vergangenen Oktober spielten wir einen kleinen Gig in Weimar. Es waren nicht viele Leute da. Vielleicht 50. Aber alle konnten „Kerosin“ mitsingen. In dem Moment habe ich gecheckt, dass das schon echt hier in der Region angekommen ist, was wir machen. Wir wollen das auf jeden Fall weiter fortsetzen.
Hoffentlich. Dann freut sich meine Spotify-Playlist. Abschließend noch zwei Fragen Off-topic. Was sagen eigentlich eure Vatis zu eurer Musik?
Paula: Mein Vati findet das richtig cool (lacht). Als er jung war hat er auch Gitarre gespielt und gesungen. Er begrüßt das sehr, dass ich Musik mache. Er war auch bereits bei einem Konzert.
Bene: Meinem Vati gefällt das auf jeden Fall auch sehr gut. In meiner Kindheit beeinflusste er mich mit seiner Musik. Er hört viel 80er-Jahre-Rock wie Sisters of Mercy. Mein Eltern sind neulich 120 Kilometer von Chemnitz nach Jena gefahren, um das Konzert zu besuchen. Mein Vater sagte da, unsere Musik beamt ihn zurück in die 80er.
Letzte Frage: Der erste Song eurer EP heißt „Liebe Grüße“. Wen würdet ihr abschließend gerne liebe Grüße bestellen?
Paula: Meiner Musiklehrerin Frau Lommatzsch, meinem Dozenten in der Uni, Florian Schmidt. Und Melina Vesely, die macht auch Musik. Und ist sehr cool. Und kommt aus Weimar.
Benedict: Ich grüße die gesamte Lehrerschaft des Samuel-von-Pufendorf-Gymnasiums in Flöha. Und meine Eltern.
Hard Facts:
- Hier findet Ihr Vati auf: Instagram | YouTube | Spotify
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