„Ich war noch nie in einem Nana-Mouskouri-Konzert“
Funny van Dannen kommt in den Kaisersaal: Auf seiner Sommerwind-Tour spielt er selten gespielte Lieder für sitzendes Publikum.
Von
Frank Karmeyer
Erfurt
Vor lauter Musizieren hat Funny van Dannen glatt vergessen, in Erfurt anzurufen, den Zettel mit der Redaktionsnummer außer Acht gelassen und weiter die Saiten seiner Gitarre gezupft. Das ist dem Wahlberliner äußerst peinlich. Dies sei doch so gar nicht seine Art, entschuldigt er sich vor und nochmals nach dem Gespräch, das seinem Konzert am 26. September im Erfurter Kaisersaal voransteht, bei dem er aller Voraussicht nach seine Hits wie „Nana Mouskouri“, „Gutes tun“ und „Als Willy Brandt Bundeskanzler war“ anstimmen wird. Macht nichts – denn dafür, was der Künstler mit Vorliebe für absurde Texte dann zu griechischen Sängerinnen, türkischstämmigen Fußballspielern und der Lage der Nation zum Besten gibt, hat sich das Warten gelohnt.
„Gib es zu, Du warst im Nana Mouskouri Konzert, ich war auch da und du hast geweint“ – lautet eine Textzeile eines Ihrer bekanntesten Songs. Wann waren Sie zuletzt in einem Konzert der Griechin?
Ich gestehe, ich war noch nie in einem Mouskouri-Konzert! (lacht) Aber dieses Jahr im November wird es klappen. Das habe ich mir fest vorgenommen.
Gelegenheit gibt es ja, die 82-jährige Griechin geht wieder auf Tour. Auch Sie sind unterwegs: „Sommerwind“ heißt die Tournee, die in den Kaisersaal nach Erfurt führt. Was verbinden Sie damit?
Es ist ein wunderschöner Saal. Vor vielleicht sieben Jahren habe ich schon einmal in Erfurt gespielt. Ich setze dort Ende September meine kleine Sommertour fort, dann kommt auch wieder die neue CD, und es geht wieder richtig auf reguläre Reisen damit. „Alles gut, Motherfucker“ wird sie heißen. Früher bin ich im Sommer ja lieber zuhause geblieben, weil ich wegen der Frühblüher mit Allergien zu kämpfen hatte. Mit den Jahren ist es besser geworden, und ich konnte jetzt eine Sommertour riskieren.
Beziehen Sie sich mit dem CD-Titel auf den allgemeinen Zustand im Lande oder auf Ihr eigenes Befinden?
Sowohl als auch! (lacht)
Sonst sind es eher dunkle Clubs, in denen Sie auf der Bühne stehen. Dabei schätzen Sie es nach eigenem Bekunden doch sehr, wenn in Ihren Konzerten geraucht und Bier getrunken wird. Jetzt steht das Kaisersaal-Konzert an, unlängst sind Sie in der Hamburger Elbphilharmonie aufgetreten. Wie passt das zusammen?
Ich wollte mal wieder Konzerte vor sitzendem Publikum machen. Nicht so groß, kleinere Säle in der Regel, mit weniger Publikum. Da spiele ich dann die Sachen, die ich sonst seltener spiele. Die schwierig sind, wenn das Publikum unruhiger ist. Die Elbphilharmonie ist schon ein toller Raum! Man hat das Publikum von allen Seiten, das ist schon ungewohnt. Sie haben recht: Meist spiele ich tatsächlich in Lokalen, die nicht so sauber und schön sind. Aber fürs Singen ist es ohnehin besser, wenn man nicht in Rauchschwaden steht…
Sie sind der weltweit einzige Künstler, der ein Lied zur Schilddrüsenunterfunktion gemacht hat. Und ein Musikvideo mit dem Titel „Wir Deutschen“ ist von Ihnen bei Youtube zu finden. Eine Zeile darin lautet: „Wir müssen uns für den Holocaust schämen und zur Strafe den Islam zu uns nehmen.“ Diese Zeile hat zu teils heftigen Diskussionen geführt.
Na ja, das war etwas spöttisch gemeint. Man darf nicht alles von mir ernst nehmen, auch wenn nicht alles sarkastisch gemeint ist in meinen Texten. Was in einem Lied in ein paar Sätze gepackt werden muss, gibt immer Raum für Missverständnisse. Wenn man meine Arbeit über Jahre verfolgt, weiß man schon, wo ich politisch stehe und was ich denke. Es gibt leider immer Möglichkeiten, die Kunst zu missbrauchen. Ich habe gehört, dass mein Lied „Lesbische schwarze Behinderte“ auch auf Nazidemos gespielt wird. Dagegen kann man sich dann leider nicht wehren,
Ihre Lieder und Texte sind immer von Absurdität geprägt. Haben Sie manchmal den Eindruck, diese verrückter werdende Welt holt Sie ein?
Definitiv! Früher habe ich immer gedacht, ich bin einen Schritt voraus. Heute denke ich manchmal, wenn ich DAS früher geschrieben hätte, hätte mir das niemand abgenommen.
Die aktuelle Diskussion um Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Mesut Özil: Braucht das Lied „Wir Deutschen“ aus dem Jahr 2016, in dem Sie die Deutschen als normal, gut im Sport, aber auch als gute Auto- und Waffenbauer bezeichnen, eine neue Strophe?
Das mit Özil ist letzten Endes Sport und mir ein wenig hochgejazzt worden. Jeder wusste doch, dass Özil ein Muttersöhnchen ist und seine Mutter ein Erdogan-Fan ist. Ich habe mich darüber nicht gewundert, dass er sich mit ihrem Star hat fotografieren lassen. Mehr ist das nicht. Leider läuft das heute so aus dem Ruder, dass er den Deutschen Rassismus vorwirft. Man sollte ein Stück runterfahren, da gibt es andere Themen auf der Welt, die wichtiger sein sollten.
Sie verteilen Texte und Akkorde Ihrer Lieder im Internet sehr freigiebig?
Ist doch schön, wenn sich Leute für meine Musik interessieren und so unkompliziert rankommen. Früher haben die Leute Songbooks veröffentlicht, heute geht das im Netz direkter. Ich muss auch nicht an jedem und allem etwas verdienen, die Kommerzialisierung ist schon zu kritisieren.
Im Radio werden Ihre Titel nahezu gar nicht gespielt. Sind da Internet-Anbieter wie Spotify eine willkommene Alternative?
Willkommen kann ich nicht sagen. Die Verbreitung übers Netz bringt dem Künstler in der Regel wenig ein, die CD-Verkäufe gehen weiter zurück. Man ist ja auf die Konzerte als fast einzige Einkommensquelle angewiesen. Da muss man sehen, dass die Leute in die Konzerte kommen. Andererseits wird die Kunst mehr verbreitet und gestreut. Es ist wirklich eine sehr zweischneidige Sache.
Seit 1999 sind Sie mit den Toten Hosen verbunden, haben für sie getextet. Von der Opelgang sind die Toten Hosen weit entfernt: Jetzt sind eher Stadienhymnen im Repertoire…
Es ist ein genereller gemeinsamer Hintergrund. Ich hatte immer eine Sympathie für Punk, wir kommen beide aus dem Rheinland. Es gibt eine gewisse Schnittmenge meiner Lieder, die für die Toten Hosen brauchbar sind. Vielleicht machen wir im nächsten Jahr wieder was, wir stehen immer noch in schöner Verbindung.
Wo stehen Hosen drauf und ist Funny van Dannen drin?
Das Bayernlied ist sicher das bekannteste, „Schön sein“, der „Bofrost-Mann“ und „Frauen dieser Welt“ ist auch von mir.
Konzert am 26. September im Erfurter Kaisersaal. Karten im Ticketshop-Thüringen, den Pressehäusern dieser Zeitung sowie unter (0361) 2 27 5 2 27.
Interview & Text: Frank Karmeyer
Foto: KKT GmbH