Nachdem sich Nicole („Ein bisschen Frieden“) für fast anderthalb Jahre aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, um sich mit aller Kraft dem Kampf gegen den Krebs zu widmen, meldet sie sich in diesem Herbst mit einer Tour zurück. Unter dem Motto „Ich bin zurück“ will die Grand Dame der deutschen Popschlagerlandschaft einen Neuanfang starten und kommt dafür auch nach Thüringen. Am 26. September könnt ihr Nicole in der Geraer Stadthalle erleben. Wir sprachen vorab mit der Künstlerin über 40 Jahre Musikbusiness, ihre Musik und natürlich ein bisschen über Frieden.
Nicole, wie fühlt es sich an, wieder zurück zu sein?
Sehr gut fühlt es sich an, wieder zurück zu sein. Nach mehreren Jahren Abstinenz ist es schon toll, wieder auf der Bühne zu stehen.
Das aktuelle Album ist, sofern ich richtig gezählt habe, dein 29. Sie kamen auch alle in gleichbleibenden
Abständen heraus. So richtig weg warst du ja demnach gar nicht, oder?
Wegen Corona mussten ja alle Künstler:innen ihre Konzerte absagen. Ganz zu schweigen von den Techniker:innen. Aber zum Glück haben wir das überstanden. Zudem ist Musik ein ständiger Begleiter, ob mit oder ohne Corona. Man setzt sich ja nie zur Ruhe, hat immer Musik und Ideen im Kopf, die man umsetzen möchte.
Ist es bei der großen Musik-Auswahl nicht schwierig, sich für Songs zu entscheiden, die auf die Bühne gebracht werden?
Ja, da hat man schon fast ein Luxusproblem. Wenn man vier Jahrzehnte lang Songs aufschreibt und aufnimmt, da muss man schon genau überlegen, welche Songs man auswählt. Ich habe natürlich ein Gefühl dafür, welche Lieder die Menschen hören wollen. Ich wäre schlecht beraten, wenn ich die großen Hits nicht spielen würde.
Der Fokus liegt aber auf dem neuen Album, auch in Gera beim Konzert?
Das Motto ist ja „Ich bin zurück”, so heißt ja auch die Tournee. Aber wir gehen auf eine Zeitreise, also jedes Jahrzehnt 80er, 90er, 2000er bis aktuell findet sich wieder. Es hat sich einfach schon einiges angesammelt, wo die Menschen bestimmt denken werden: „Ah, das Lied gibt es ja auch noch.” Es wird einfach ein schönes Feuerwerk, worauf ich mich schon freue.
Macht es nach so vielen Jahren auf der Bühne noch immer Spaß?
Das vergeht nie. Wenn man mich kurz vor einem Auftritt sehen würde … Es wechseln sich Panik und Fluchtgedanken ab. Aber wenn ich dann draußen bin und die Menschenmenge sehe, die Freude in den Augen und das Lächeln, werde ich dafür belohnt. In dem Moment möchte man mit keinem tauschen und es eigentlich jeden Abend wieder haben.
Da möchte ich doch gleich dein Album von 2019 ansprechen: Warum ist 50 heute das neue 25?
Man ist heute mit 50 noch lange nicht so alt wie vor 40 Jahren. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich jung war. Wenn jemand 50 geworden ist, bezeichnete man denjenigen schon als ziemlich alt. Großmütter haben früher alle schwarz getragen, hatten die Haare zu einem Knoten zusammengebunden und eine Schürze an. Wenn man heute eine Frau mit 70 sieht, wie die jetzt gestylt daher laufen. Da würde man nie auf die Idee kommen, dass sie eine Großmutter ist, die schon die sieben davor hat. Das heißt, das Lebensgefühl ist jünger und die Menschen werden auch immer älter. Vor hundert Jahren lag der Durchschnitt bei 78 und jetzt sind wir bei 88. Das Erscheinungsbild ist einfach ein anderes als vor 40 Jahren.
Wie hat sich eigentlich das Schlager-Business über die Jahre verändert?
Also ich sag es mal so, einem guten Lied kann die Zeit nichts anhaben. Ich habe angefangen mit „Flieg´ nicht so hoch, mein kleiner Freund”. Das ist ja eine Lebensweisheit und die hat natürlich Bestand bis in alle Ewigkeit. Es ist eine Warnung, sich selbst nie zu wichtig zu nehmen, nie zu hochzufliegen und nie die Bodenhaftigkeit zu verlieren. Dieser alte Mann, der da besungen wird, der ist zu hoch geflogen und hat die Nase zu hoch getragen. Er musste sich schlussendlich mit einem Vogel unterhalten, weil all seine Freunde sich von ihm abgewendet haben. Das sind Songs, wie auch „Ein bisschen Frieden”, die aktueller denn je sind. Solche Lieder verlieren ihre Aktualität und ihren Sinn nicht. Da kann ich aus dem Vollen schöpfen, denn ich habe viele Songs, die in diese Richtung gehen und keiner Zeit unterworfen sind.
Heute sind Schlagersongs durchweg positiv. Fast flach. Mir scheint es, als wäre das in den 70ern und 80ern nicht so. Da war Schlager teilweise sogar gesellschaftskritisch. Was auch dein Song „Ein bisschen Frieden“ beweist. Oder Songs von Udo Jürgens. Wie nimmst du das wahr?
Du hast in gewisser Weise schon recht. Es gibt gewisse Songs, die haben diesen Tiefgang nicht. Das muss man eben auch mögen. Es ist eine Geschmacksfrage, wenn man sich nur berieseln lassen oder nur gute Laune haben möchte. Wer feiern will, der geht zum Ballermann und hört sich Ballermann-Lieder an. Oder in der Faschingszeit. Dann möchte man Songs von Mickie Krause hören oder mitsingen, das ist auch stimmungsabhängig.
http://www.facebook.com/seibert.nicole/posts/1781447805621396:1781447805621396
Ich bin eher für diejenigen Leute zuständig, die etwas mitnehmen wollen. Die sich mit meinen Texten identifizieren und die sehr in die Tiefe gehen. Es gab mal ein Album namens „Abrakadabra”, in dem wollte ich die Welt retten. Das war das schlecht verkaufte Album, weil die Texte zu schwer waren. Aber das Leben ist nicht nur schön und wenn das nicht mehr zu Schlagern gehört, dann sing ich halt keine Schlager mehr und bezeichne das als irgendetwas anderes. Ich lasse mich nicht kategorisieren, weil ich in meiner Darbietung und Geist frei sein möchte.
Dann gab es halt Songs wie „Spuck die Tränen aus” der von Gewalt in der Ehe handelt oder „Mein Freund der Dealer”, wo es um Drogenmissbrauch geht. Diese Songs sind sehr problemlastig und dann haben die Radiosender solche Songs eben nicht gespielt. Aber ich weiß ganz genau, dass es Menschen da draußen gibt, die genau diese Probleme haben. Es ist nicht immer alles schön in der Realität und darüber darf ich doch
bitte auch singen.
„Ein bisschen Frieden“ ist ein Song, der heute aktueller ist, denn je. Der ist sicherlich immer in der Setliste, oder? Wie reagieren die Menschen, wenn sie das Lied hören?
Immer noch sehr ergriffen und man sieht immer wieder Menschen, die sich an die Hand nehmen. Früher haben die Menschen Feuerzeuge angezündet und heute sind es die Handylights. Aber der Effekt ist der Gleiche. Es ist ein starkes Gefühl der Verbundenheit und wann immer ich dieses Lied anstimme, egal ob jung oder alt, wir sind plötzlich alle eins. Wenn die Lichter angehen, kommt ein Lächeln in die Augen und das „We are one”-Gefühl ist da. Ich singe natürlich auch aus aktuellem Anlass einen Refrain auf Russisch, eine kleine Botschaft in Richtung Russland.
Ich las, du hast Enkelkinder, um die du dich gerne kümmerst. Was wünschst du dir für deine Enkel, wenn man das heutige Weltgeschehen betrachtet?
Meine Generation hat ja zum Glück keinen Krieg erlebt, meine Eltern schon. Ich kenne das aus Erzählungen meiner Großmutter, wie schlimm das damals war. Das möchte ich gerne unseren Kindern und Enkelkindern ersparen. Ich wünsche mir, dass sie nie erfahren müssen, was momentan die Menschen in der Ukraine und Russland erfahren. Natürlich wünsche ich ihnen zudem Gesundheit, das höchste Gut … dass sie von Krankheiten verschont bleiben.
Hard Facts:
- Nicole in Gera: 26. September | 20 Uhr | Kultur- und Kongresszentrum | Schlossstraße 1
- Tickets unter: www.ticketshop-thueringen.de
- Mehr zu Nicole: www.nicole-4-u.de
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