Entspannter Indie-Pop – das erwartet euch, wenn ihr am 19. September die Engelsburg in Erfurt besucht. Dort startet der Regensburger Musiker Sebastian Eggerbauer aka Telquist in seine aktuelle „Moon“-Tour. Für Indie-Fans ein ganz klarer Geheim-Tipp! Wir sprachen mit dem Musiker vorab über seinen Hit „Mojo“, Bayern und natürlich Indie-Pop.
Beschreib doch mal deine Musik mit drei Worten.
Uh. Schwierig. Da brauch‘ ich Bedenkzeit. In der Vergangenheit fielen mir bei solchen Fragen immer die Begriffe: „entspannt, poppig und fett“. Mittlerweile hadere ich etwas mit der Auswahl. Poppig würde ich noch immer nennen, weil meine Musik einem Pop-Format verpflichtet ist. Bei „entspannt“ würde ich auch bleiben. Als drittes: unkonventionell. Denn trotz des Pop-Formats ist mein Sound wohl eher unkonventionell.
Indie-Pop, Indie-Rock? Surf-Pop? Wo fühlst du dich rein?
Ich mag die Schublade Indie-Pop. Ganz einfach, weil sie so nichtssagend ist. Indie-Pop kann ja wirkliche alles bedeuten. Das finde ich toll! Es ist ein Label, aus dem ich nicht rauskomme, egal was ich produziere. Und das ist auch gut so. Ich habe die Erfahrung in früheren Bands gemacht, dass man sich trotzdem irgendwie selbst oft ein Etikett anheftet, dem man treu sein will. Das engt ein. Indie-Pop ist ein weites Feld. Deshalb mache ich einfach jeden Song, so wie ich ihn mag und nicht so, wie ich glaube, dass er sein müsste, um in meine Schublade zu passen. Ich produziere Songs nach meinem Gutdünken und in der Regel kann man das am Ende Indie-Pop nennen – weil eh keiner weiß, was Indie-Pop bedeutet. Das ist ganz gut so (lacht).
Unabhängig davon. Du singst auf Englisch. Es kommt mir so vor, als ob Bayer:innen gerne englischen Indie produzieren. Liegt das am Dialekt?
Da ist etwas Wahres dran. Es hat in meinem Fall aber zwei Gründe. Einerseits hört man englische Musik anders als Nichtmuttersprachler. Das öffnet Räume und Interpretationsspielraum. Außerdem höre ich sehr gerne englischsprachige Musik. Und das mit dem Dialekt stimmt irgendwie auch ein wenig … Wenn man Dialekt spricht und man hört ihn der Musik an, und man kommt aus dem häufig –oft auch zu Recht – als volkstümlich verschrienen Bayern, dann steckt man schnell in einer Schublade, mit der man nichts zu tun haben will. Da ist es mir lieber, einfach meine Mukke zu machen – und nicht irgendwas, das die Hörer:innen mit einem traditionstümelnden Irgendwas verwechselt werden kann.
Da passt ja auch die Sparte Indie-Pop.
Genau. Als ich mit dem Projekt anfing, fand ich den Gedanken toll, dass ich mich nur darüber definiere, welche Musik ich mache. Da gehört für mich auch dazu, sich ein Bisschen von seiner regionalen Identität abzukappen.
Wo wir gerade bei der Regionalität sind: Auch deine Kollegen aus Regensburg, „Some Sprouts“ singen Englisch. Gemeinsam habt ihr den Song „Bliss“ aufgenommen. Offenbar ist die Indie-Dichte recht hoch in der Oberpfalz. Trifft man sich häufig in Regensburg in Indie-Clubs und macht dann gemeinsam Musik?
Man muss dazu sagen: Ich wohne mittlerweile in München. Und auch Joshi, der Sänger von Some Sprouts, wohnt inzwischen in Wien. Doch es war tatsächlich so, dass wir uns dort getroffen haben, als wir dort studierten. Für so `ne kleine Stadt gab’s dort eine riesige Indie-Szene. Wir kannten uns alle und haben irgendwie zusammen Musik gemacht, sind gemeinsam ausgegangen. Das war etwas Außergewöhnliches. Obwohl mein jetziger Wohnort München viel größer ist, ist die Szene gefühlt viel kleiner.
Witzige Samples. Flächige Gitarren- und Synthie-Sounds. Schlagzeug. Gesang. Viele spannende Elemente. Bestes Beispiel: dein Song „Fun“. Wie entsteht bei dir ein Song? Du, alleine, im Studio?
Ja. Ich mach das allein. Und das ist auch der Grund, dass meine Musik sehr divers klingt. Wenn man allein ist, gibt man sich selbst die Regeln. Das ist super. Wenn mich etwas „anfixt“, kann ich das einfach umsetzen. Ich erlaube mir das. Hinzukommt, dass ich gerne mit Samples zu arbeiten. Ich finde es superinteressant irgendwelche Aufnahmen zu entkontextualisieren und in eine andere Melodie einzubetten. Da entstehen verrückte Sachen. Die Challenge ist, das besondere Ausgangsmaterial mit einen Popsong zu verschmelzen. Das finde ich spannend.
Deine Musik hört sich smooth und chillig an. Spiegelt sich das auch in deinem Gemüt wider?
Meine erste Intuition bei diese Frage ist, zu sagen, dass ich nicht so gelassen bin. Aber das Gegenteil wurde mir in den vergangenen Jahren des Öfteren attestiert. Da unterscheidet sich wohl die Eigen- und Fremdwahrnehmung. Ich wäre sehr gerne chillig. Aber irgendwie passiert immer etwas in meinem Kopf und ich fühle mich manchmal wie ein Getriebener (lacht).
Was Inspiriert dich eigentlich?
Ein Trichter, auf den ich immer mehr komme, ist, dass für mich das Machen selbst im Mittelpunkt steht. Das heißt im Umkehrschluss, dass ich nicht unbedingt Musik produziere, um etwas zu verarbeiten. Ich fange gerne einfach an – ohne dass etwas raus muss oder ich eine Idee habe. Ich starte, weil ich auf den Vorgang Bock habe. Mich faszinieren Inhalte, die einfach sind und die ich ehrlich ausdrücken kann. Wo ich mich nicht hinter einer Ironie-Ebene verstecke. Wenn ich eine ehrlichen Satz singe, den ich tatsächlich einfach so meine und mit dem ich niemanden gefallen will, ist das für mich ein gutes Zeichen.
Hast du einen Glücksbringer? Ein Mojo?
Nein. Tatsächlich nicht. In dem Song geht es um den Indie-Kosmos, in den ich nach meinen ersten paar Songs geschleudert wurde. Vorher war ich niemand, der sich gerne präsentierte oder auf einer Bühne stellet. Dann hatte ich auf einmal eine Öffentlichkeit und war in der Situation, dass ich mich präsentieren muss. Mojo ist in dem Song eine Coolness, die Leute ausstrahlen, wen sie in so eine Situation kommen. Man hat es dann einfach, oder nicht. Es ist halt Mojo – wenn’s jemand hat, dann hat er’s und wenn nicht, dann eben nicht. Dann muss man das akzeptieren und dann ist es halt so. Wenn man bei alldem natürlich bleib, mach das auch nichts aus …
Es gibt viel Interpretationsspielraum für den Begriff. Originär ist es ein Talisman. Bekannt wurde der Begriff Mojo durch seine häufige Verwendung im Blues. Er wird auch benutzt als Umschreibung der Libido oder des Penis.
Mein Vater hört viel Blues. Daher kenne ich das auch. Mojo ist für mich eher so etwas wie eine sexuell – aber nicht immer – konnotierte Energie. Genau festnageln lasse ich mich aber nicht (lacht).
Weil wir gerade dabei sind: ChatGPT konnte deinen Namen Telquist keiner Sprache zuordnen. Lass uns doch mal für einen adäquaten Eintrag im Internet sorgen.
Bei der Namensfindung war mir wichtig, dass es kein Name ist, der sich auf etwas regionales festmachen lässt. Ich will mich nicht jemanden darstellen, der ich bin. Deshalb erfand ich einen Neologismus, der nichts bedeutet und aus keiner anderen Sprache kommt. Ich spielte einfach wild mit Silben und mein damaliges Label entscheiden lassen. Das war ein guter Weg. So konnte ich mich manchmal leichter von mir selber distanzieren. Aber mittlerweile ist der Name ein so großer Teil meines Lebens und für mich positiv aufgeladen. Er sagt nichts aus und referiert einfach auf mich.
Aber man findet dich wenigstens, wenn man googelt.
Das sagte auch mein Plattenfirma: „Es muss googlebar sein!“ (lacht).
Du kommst ja aus Bayern. Was denken die Nachbarn so von Thüringen?
Das soll nicht negativ klingen, aber im besten Fall gar nichts (lacht). Ich meine das im Sinne von: open-minded sein und die Leute selbst kennenlernen. Ganz positiv. Wenn ich manchmal so höre, was andere über Bayern denken, denke ich auch oftmals: ach Schade eigentlich.
Tourauftakt ist im September in Erfurt. Bist du dann ganz besonders aufgeregt?
Ich startete vergangenen Oktober mein Filmstudium. Es gab deshalb `ne längere Live-Pause. Und beim ersten Konzert ist man immer aufgeregt. Aber ich freue mich drauf.
Hard Facts:
- Telquist in Erfurt: 19. September | 19 Uhr | Engelsburg | Allerheiligenstr. 20
- Mehr zu Telquist: www.linktr.ee/telquist_official
- Facebook: @telquist
- Instagram: @telquist_music
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