Kochkraft durch KMA“ – das sind Lana (Gesang), Nicki (Keyboards), Manfred (Gitarre) und Beray (Schlagzeug, Gesang). In Ihren Songs steckt eine wahnsinnige Energie, die Texte sind unbequem, deutlich und wütend, immer gepaart mit einer Brise Ironie. Keyboarderin Nicki sprach mit mir unter anderem über den Release des neuen Albums und über das Projekt „Cock am Ring“.
Glückwunsch zum neuen Album „Alle Kinder sind tot“ – ich finde, es ist großartig geworden. Die Platte erschien am 23. September. Seitdem sind ein paar Tage vergangen. Wie habt ihr den Release empfunden?
Das war toll! Wir haben so viele Glückwünsche, Aufmerksamkeit und tolle Kritiken bekommen. Das ist natürlich schön und macht uns sehr stolz. In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir einfach sehr viel Arbeit, Liebe, Schweiß und Tränen in das Album und alles Drumherum gesteckt, das es dann auch ganz schön erleichternd ist, dass alles irgendwann tatsächlich in die Welt zu setzen. Und gleichzeitig gab es auch an Tag zwei das Gefühl: Das Album ist raus, lasst uns direkt ein neues Album machen.
Es fällt mir schwer, euren Musikstil zu beschreiben. Wie würdet ihr selbst ihn in Worte fassen? Und was inspiriert euch?
Zu Anfangszeiten haben wir es scherzhaft „Neue Deutsche Kelle“ genannt. Also Neue Deutsche Welle – nur härter. Dieser selbst erfundene Stil taucht noch immer hier und da bei Artikeln über uns auf. Wir sind mittlerweile eher Fans von einem liebevollen „Elektropunk“. Unsere Inspirationen sind total unterschiedlich. Mal die sri-lankische Rapperin M.I.A., Atari Teenage Riot, die niederländische Band DeStaat, die ersten Jahre des Techno oder aber auch die regionale Musikszene. Also alles, was uns gut gefällt, gefällt uns gut.
Eure Texte sind wahnsinnig gesellschaftskritisch. Ich nehme an, die Themen sind oftmals Alltagserfahrungen, über die ihr einfach nur den Kopf schütteln könnt?
Da wir eine Band aus drei verschiedenen Städten sind, müssen wir uns zum Proben und Schreiben meistens für mehrere Tage hintereinander treffen. Das hat den Vorteil, dass wir auch immer gemeinsam frühstücken. Beim Frühstück tauschen wir uns dann über Themen aus, die uns beschäftigen. So kann es sein, dass wir uns stundenlang über die sogenannten Man Caves (Anm. d. Red.: Ein Man Cave ist eine männliche Sphäre in einer Privatwohnung, einer Garage, einem Nebenzimmer, Medienraum, einer Junggesellenbude, Keller oder Werkstatt) aufregen, nachdem wir uns im Internet dazu informiert haben. Auch ein uns merkwürdig erscheinender Christian Lindner und seine ebenso merkwürdigen Themen wurden das ein oder andere Mal diskutiert. Siehe … ääh, pardon … höre unseren Autobahnhit „Wir fahren schnellerer“! Zwinkersmiley.
Gibt es Themen, die euch wichtig sind, die ihr bisher nicht musikalisch verarbeiten konntet?
So auf Anhieb würde uns als Thema „Stress und Arbeitsbelastung als Band“ einfallen. Darüber müssten wir wirklich mal ein ganzes Album schreiben. Vielleicht mit dem Titel „Ich wollte doch nur Musik machen“.
„Alle Kinder sind tot“ ist das musikalisch außergewöhnlichste Album, welches ich dieses Jahr gehört habe. Wie entstehen eure Songs – erst die Musik und dann die Texte oder andersherum?
In den meisten Fällen erarbeiten wir uns erstmal ein musikalisches Grundgerüst, worauf wir dann Texte schreiben. Wir hatten uns eigentlich vorgenommen, mal andersherum zu arbeiten, um dem Text die perfekte Unterstützung zu bauen. Aber irgendwie ist das lediglich bei „Mancave“ passiert.
2014 wurde „Kochkraft durch KMA“ gegründet. Wie habt ihr zusammengefunden?
So richtig stattgefunden hat die Band in ihrer ersten Besetzung eigentlich erst 2015. 2014 war es nur eine Idee und ein paar Demos unseres alten Gitarristen Andreas mit unserem Schlagzeuger Beray. Andreas und Beray hatten zu der Zeit schon 11 Jahre in gemeinsamen Bands gespielt, bis dann die Idee zur Kochkraft kam. Unseren damaligen Synthesizermenschen (und übrigens auch Produzent unseres aktuellen Albums) haben wir durch seine andere Band „Lake Cisco“ kennengelernt. Dieser hatte irgendwo auf einem Konzert die geballte Power der legendären Lana mitbekommen, sodass er vorschlug, dass sie bei uns als Sängerin einsteigt. Seitdem gab es ein paar Besetzungswechsel. Man könnte sagen, dass wir mit uns vieren – sprich Lana, Nicki, Manfred, Beray – die beste Kochkraft aller Zeiten haben.
Für mehr Geschlechtergerechtigkeit auf Musikfestivals habt ihr das Projekt „Cock Am Ring“ ins Leben gerufen. Was genau hat es damit auf sich?
Wir haben uns einfach sehr gewundert, dass bei dem Festival Rock am Ring (und Rock im Park) jedes Jahr wieder fast nur Männer auf den Bühnen stehen. Und weil der Veranstalter Dreamhouse es offenbar nicht schafft das zu ändern, haben wir beschlossen, ihm ein wenig zu helfen. So haben wir zusammen mit dem Label „Ladies & Ladys“ einen Sampler initiiert, auf dem Bands mit FLINTA*-Beteiligung (Anm. d. Red.: Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen) Bands aus dem Line-Up von Rock am Ring covern. Erstens um zu zeigen, dass es sehr wohl eine Menge tolle weibliche und non-binäre Musiker:innen gibt und zweitens um mit dem Sampler Geld zu sammeln, damit sich Dreamhouse zumindest für nächstes Jahr mal mehr als nur die üblichen männlichen Künstler leisten kann. Die Aktion hat überraschend viel Aufmerksamkeit bekommen und auch wenn wir die Debatte absolut nicht neu erfunden haben, haben wir sie im Idealfall doch ein kleines bisschen weitergebracht. Wie es damit weiter geht, hängt sicherlich davon ab, wie das Booking von Rock am Ring 2023 aussieht.
Hard Facts:
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- Website: Kochkraft durch KMA