Lina Maly erzeugt mit ihrer Stimme eine ganz eigene Klangwelt
Mal singt sie leise und nachdenklich, an anderer Stelle sehr ausdrucksstark und pointiert. Manchmal bekommt man beim Hören ihrer Lieder das Gefühl, sie würde direkt neben einem sitzen, da das Gesungene mehr gesprochen klingt. Eins steht dabei fest: Lina lässt die Hörer ihrer Musik ein Wechselbad der Gefühle nehmen und in eine tiefgründige Gedankenwelt abtauchen.
Diesen Monat kommt die sympathische Sängerin für ein Konzert nach Rudolstadt und sprach im Interview mit uns über das Songwriting, Stolpersteine im Leben und ein gewünschtes neues Album.
Deine Texte begegnen vielen in der Gesellschaft bestehenden Denkweisen gegenüber sehr kritisch. So auch z.B. dem Perfektionismus. Bist du selbst ein perfektionistischer Mensch oder versuchst du dich davon abzulösen, immer „perfekt“ sein zu wollen?
Ich war noch nie ein Perfektionist, gar nicht. Daher brauche ich mich dem Perfektionismus zum Glück auch nicht zu lösen.
Wie entstehen deine Songs? Suchst du dafür einen bestimmten Ort auf, entstehen sie spontan oder kommen über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder neue Zeilen hinzu?
Meine Songs entstehen meistens wenn ich alleine bin und innere Ruhe habe. Manchmal habe ich auch einfach nur einen Gedanken, aus dem im Kopf 4,5 Zeilen entstehen und meistens schnappe ich mir dann schnell eine Gitarre, wenn gerade eine greifbar ist. Dann mache ich eine Sprachmemo auf und spiele zuerst einmal etwas ein. Am Ende habe ich unzählige Minuten Sprachmemo, die ich mir dann irgendwann mal anhöre. Mit etwas zeitlichem Abstand, dann kann ich besser herausfiltern, was mir davon gefällt und was nicht. Am Ende mache ich mich dann an das Texteschreiben. Manchmal entsteht aber auch der Text zuerst, das ist immer unterschiedlich.
In letzter Zeit ist es auch öfter passiert, dass ich mich mit Freunden zu einer Jamsession getroffen habe und aus dem Spielen und dem Jammen heraus ein kompletter Song entstanden ist. So aus dem Nichts. Aber auf die klassisch-romantische Variante entstehen Songs selbstverständlich auch.
Entstehen Songs auch aus besonderen Lebenslagen heraus?
Also ich muss leider zugeben: Je schlechter es einem geht, desto einfacher ist es zu schreiben (lacht). Ich glaube, dass viele so empfinden. Man könnte aber auch sagen: Je außergewöhnlicher die Gefühle, desto besser lässt es sich schreiben. Denn auch verliebte Herzen können wunderbar texten. Wenn ich beispielsweise eine Phase habe, in der nicht viel mit mir los ist, dann bin ich meist nicht so inspiriert, wie wenn es mir sehr schlecht oder sehr gut geht.
Deine Musik, vor allem aber deine Stimme erzeugt beim Hörer sehr spezielle Gefühle. Wie ist es bei dir, wenn du deine Musik hörst? Hören Musiker ihre eigene Musik in ihrer Freizeit überhaupt?
(lacht) Ich glaube das tut kein Musiker. Du musst deine Musik ja so oft selber singen. Also ich tue es auf jeden Fall wirklich nicht. Ich schaue mir zwar ab und zu meine Musikvideos an, weil es einen natürlich interessiert, wie viele Aufrufe sie haben und einfach um zu sehen, wie man sich weiterentwickelt hat, aber beispielsweise mein Album höre ich tatsächlich nie.
Man saß ja die ganze Zeit mit im Studio, hat an jedem Lied ganz lange gearbeitet und sie immer weiter verbessert und in dieser Zeit hat man das alles so oft gehört und neu eingesungen, dass ich mir das in meiner Freizeit gar nicht anhören würde.
Nur meine ganz alten Demos, die ich eingesungen habe als ich 15 war und das erste Mal mit einem Produzenten zusammengearbeitet habe, können alte Gefühle aufwecken. Das liegt daran, dass diese Demos der Anfang von allem waren. Mein erster Schritt hin zur Musik. Das hat also weniger mit meiner Stimme zu tun als mit der Situation, in der ich damals war.
Apropos Freizeit: Wie verbringst du deine „freie Zeit“ am liebsten?
Da bin ich wie jeder andere auch. Ich treffe mich gerne mit Freunden, gehe auch gerne mal feiern und ich liebe es spazieren zu gehen. Ich verreise auch sehr gerne, da bleibt es aber meistens bei Kurztrips, wie zum Beispiel an die Nordsee. Sowas liebe ich und ist in meinen Augen ein totaler Luxus des Musikerdaseins.
Wo siehst du dich mit deiner Musik in 5 Jahren? Gäbe es da nicht diese Stolpersteine im Leben – welchen Weg würdest du gerne gehen?
Hach, ich mag ja Stolpersteine (lacht). Ich denke mal, dass ich einen relativ „normalen“ Weg gehen werde. Ich werde versuchen weiterhin Musik zu machen, ich werde mich mit verschiedensten Künstlern und Produzenten zusammensetzen, werde immer wieder neue tolle Menschen kennenlernen und Projekte starten. Außerdem hoffe ich, dass ich in den kommenden 5 Jahren vielleicht ein drittes Album veröffentliche und dass ich mich stetig weiterentwickeln kann und nie stehen bleibe.
Haben du und deine Band Rituale vor einem jeden Konzert oder seid ihr Backstage bis Konzertbeginn völlig gelassen?
Beides. Wir sind schon gelassen, unterhalten uns viel und machen dann aber kurz vor dem Auftritt diesen ganz typischen „Umarmkreis“ wie die meisten Bands und sagen uns wie lieb wir uns haben und dann gehen wir mit einem guten Gefühl auf die Bühne.
Du wohnst seit einiger Zeit im wunderbaren Berlin – hast du einen Lieblingsspot, wo man unbedingt mal gewesen sein muss?
Ich glaube nichts, was irgendwie super extravagant ist. Ich wohne nicht weit vom Volkspark entfernt und da gibt’s ja ganz viele schöne Orte im Park selbst, oben auf dem Bunkerberg zum Beispiel. Auch wenn es ein Bunkerberg ist (lacht). Aber da oben ist es wirklich sehr schön.
Im Oktober macht ihr Halt in Thüringen, genauer gesagt in Rudolstadt. Auf was dürfen sich eure Konzertbesucher freuen?
Genau, wir spielen ja in den „Saalgärten“, eine wundervolle Location. Wir werden mit unserem kompletten Besteck der Band auftreten, alle Songs spielen und versuchen auch noch ein paar neue Songs zu singen, die noch gar nicht veröffentlicht wurden. Außerdem hoffe ich, dass uns der Sommer bis dahin noch nicht vollständig verlassen hat.
Interview: Julia Wantula