Das Heidewitzka-Festival geht dieses Jahr endlich wieder ohne Coronabeschränkungen am 7. bis 9. Juli auf der Langen Heide in Hildburghausen an den Start. Auf einem ehemaligen Gelände der Nationalen Volksarmee (NVA) im Norden der südthüringischen Kreisstadt treten bei dem Open Air zahlreiche Größen der Techno-, House- und Elektroszene auf. Mit dabei sind über 100 Acts verteilt auf mehreren Stages, auch das Camping Angebot lohnt sich. Wir sprachen vorab mit Danny Brohm, dem Macher und Kreativ-Kopf des Festivals, über Heidewitzka, einen Amazon Prime Film und außergewöhnlich Dancefloors.
Hey Danny, was war eigentlich der Ursprungsgedanke vor dem allerersten Heidewitzka-Festival?
Der Gedanke war, für unsere Region ein Open-Air zu veranstalten. Das bot sich in Hildburghausen an, weil es hier ein altes Militär Gelände gibt, das etwas abgelegen von der Stadt liegt. Zunächst veranstalteten wird dort eine Open-Air-Reihe, die „Project X Partys“. Wir erkannten schnell, dass sich das Gelände auch für etwas größeres eignet. Aus dem Namen „Lange Heide“, wo das Areal liegt, entstand der Name. Heidewitzka war geboren. Das war 2015.
Entwickelte sich das Festival dann schnell?
Ja. Das ging sehr rasant. Die Besucherzahlen verdoppelten sich jährlich fast. Wir legten darauf Wert, dass sich das Heidewitzka durch Mundpropaganda trägt. Die Leute, die das Festival selbst gut fanden, empfehlen uns weiter. Ein riesiges Marketingbudget oder große Headliner waren nie unsere Wahl. Es ist nichts künstlich erzeugt worden, sondern das Festival ist wirklich Jahr für Jahr gesund und familiär gewachsen. Das ist, glaube ich, auch unser Erfolgsrezept, dass uns heute gut dastehen lässt.
Der Standort für das Festival änderte sich nie. Ist das Gelände auch für die Zukunft geeignet?
Klar. Wir schlossen sogar einen Erbpachtvertrag über 35 Jahre ab. Die Stadt will noch weiter Wege ebnen. Außerdem investierten wir viel in sanitäre Anlagen und das Gelände. Dieses Jahr wird es deshalb eine von drei neuen Locations bespielt, die in den nächsten Jahren noch etabliert werden sollen.
Alles auf dem ehemaligen Militärgelände?
Genau. Es ist ein elf Hektar großes Areal, das zusätzlich ab 2022 durch neue Camping-Flächen außerhalb des Geländes erweitert wird.
Gutes Stichwort: Welche Camping-Angebote macht ihr? Gibt es da Besonderheiten?
Wir unterteilen in zwei Zeltplätze – laut und leise. Bei uns dürfen keine Kühlschränke, keine Couch, oder Möbel mehr mitgebracht werden und auch Notstromaggregate nur noch bis sechseinhalb kW. Das hat den Hintergrund, dass viele den Müll einfach liegen lassen. Das entwickelte sich zum Kampf gegen Müllberge. Wir sind 2019 und 2021 strikt dagegen vorgegangen, weil wir die Umwelt schonen wollen. Und das klappte auch.
Gab es keine Diskussionen?
Überhaupt nicht. Wir diskutieren auch nicht mehr. Unser Haus, unsere Regeln. Entweder akzeptierst du das oder bleibst bitte fern. So machen das auch viele andere Festivalveranstalter.
Ihr habt viele DJs am Start. Wie viele Dancefloors sind denn dieses Jahr geplant?
Aktuell sind für dieses Jahr acht Stages geplant, das macht noch mal eine mehr im Vergleich zum Vorjahr. Unser Ziel ist es, zum zehnjährigen Heidewitzka auf zehn Stages zukommen.
Was ist die größte und welches die kleinste Stage?
Die größte ist ganz klar die Mainstage mit einem Fassungsvermögen von so zweieinhalb bis viertausend Besuchern. Die kleinste ist am meisten in lustigen Storys von Instagram zu finden: die Bus-Stage. Hier wird in einem alten Gelenk-Bus gefeiert, wo die Leute nicht tanzen, sondern eher springen. Da gehen so fünfzig bis achtzig Mann rein.
Ein Bus als Dancefloor? Wie kamt ihr denn darauf?
Viele im Heidewitzka-Team sind als DJs recht aktiv unterwegs. 2014 legten wir in Stuttgart auf, in einem Club, den es mittlerweile nicht mehr gibt. Da gab es einen kleinen Floor in einen Eisenbahnwaggon. Den feierte ich sehr. Aber einen Eisenbahnwaggon hier hochzubekommen, keine Chance. So entstand die Idee mit dem Bus. Alle lachten mich erst mal aus, aber ich habe trotzdem meine Kontakte spielen lassen. Uns wurde ein cooler Gelenk-Bus, der flacher gelegen ist, angeboten und wir haben zugeschlagen. Er kam auf die Heide. Im vorderen Bereich bauten wir alles aus und eine Tanzfläche sowie DJ-Pult ein. Und ich muss schon sagen, das ist ein echt cooles Feeling, mal in einem Bus zu feiern. Ist einfach eine besondere Location und genau darum geht es beim Heidewitzka. Jeder Floor ist anders, speziell, individuell und hat seine eigene Charakteristik. Ob es der „Forest Floor“ ist, der Cube, der „Tech Floor“ oder die Bus-Stage und so weiter.
Wird im Bus ein bestimmtes Genre gespielt?
Meistens Drum and Bass. Weil das am besten zu dem Bus passt. Eignet sich zum Springen.
Wie entstehen bei euch solche Orte?
Man merkt ja, wenn man irgendwann zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtigen Leuten ist. Genau dieses Gefühl trägt mich. Ich gebe eine Richtung vor und meine Jungs und Mädels lassen dann einfach Kreativität raus. Alles wird selbst von uns entwickelt, gebaut und getan. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist das, was Heidewitzka so unwahrscheinlich vorangebracht hat.
Wie geht ihr mit dem Thema Nachhaltigkeit um?
Das beschäftigt uns schon. Wir verzichten mittlerweile fast komplett auf Druckerzeugnisse. Die Tonnen von Flyern schafften wir ab. Das Thema Müll wollen wir jetzt und auch in Zukunft mehr angehen. Das Gelände soll ja sauber gehalten werden. Wir wollen in nachhaltige Strom- und Wassernutzung investieren.
Immer ein bisschen schwierig für einen Veranstalter, vor allem Strom und Wasser braucht man für groß Events …
Wir haben ein Angebot für unsere Containeranlage, wo wir in Photovoltaik investieren wollen. Aber da streiten wir uns noch ein bisschen mit dem Finanzamt. Das Finanzamt will nicht anerkennen, dass es gewerblich ist. Es kann nicht sein, dass ein Jugend- und Kulturprojekt, das die Region belebt, nicht unterstützt wird. Im Gegenteil. Uns werden noch Steine in den Weg gelegt.
Wichtiges Thema: was gibt’s beim Heidwitzka für den Gaumen?
Das Angebot wird dieses Jahr ein Stück ausgebaut. Von vegetarisch und vegan bis süße oder herzhaft ist alles am Start. Crêpes, Burger, Döner, asiatische Nudeln, frische Pizza und mehr – bei uns bleibt kein Gaumenschmaus aus.
Da bekommt man gleich Hunger, wenn man noch nicht gefrühstückt hat.
Wir bieten auch Frühstück an. Und ganz vergessen: Ein Highlight gibt es immer am Samstagmittag. Da bieten wir Thüringer Rouladen mit Klößen an. Thüringer-Wald-Style (lacht). Regionaler Charakter ist uns wichtig. Du kannst kein Festival im Thüringer Wald veranstalten, wenn es mittags nicht mal Klöße gibt …
Wie viele Acts werden dieses Jahr dabei sein?
Ach, genau gezählt habe ich jetzt noch nicht, aber auf alle Fälle über hundert.
Habt ihr einen Headliner und gibt es einen Act, auf den du dich ganz besonders freust?
Headliner haben wir dieses Jahr auch wieder viele neue. Klaudia Gawlas kommt auf alle Fälle, da freue ich mich besonders. Ebenso wie bei Konstantin Sibold. Auch die Ostblockschlampen, Gestört aber Geil, Mashup Germany, Housekasper und viele weiter sind dabei.
Gibt es auch schon Zukunftspläne oder irgendjemanden, der ganz oben auf der Liste steht?
Gibt es, die werde ich jetzt aber nicht verraten (lacht).
Alles klar, dann lassen wir das so stehen.
Aber wenn ihr einen hören wollt, dann wäre Kölsch mein Wunsch. Nicht weil er fünftausend Leute zieht. Es wäre ein privater Traum.
Ihr seid seit Neuestem auch bei Amazon Prime zu sehen. Seit wann seid ihr dort mit der Doku online?
Seit letztes Jahr im Januar.
Wer hatte die Idee für den Film und wie kam es dazu?
Die Idee hatte einer meiner besten Freunde Sebastian Müller. Es ist für uns super Werbung und das Beste, was wir in Corona-Zeiten machen konnten. So konnten wir das Publikum bei Laune halten und zeigen, wie familiär es hinter den Kulissen zugeht. Wir sind auch alle nur Menschen und ein Festival veranstalten, ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Es gibt auch Rückschläge, die man wegstecken muss. Die meisten denken immer, wir veranstalten einfach eine Party und zählen danach das Geld. So ist es nur leider nicht. Schön wäre es. Der Film schlug richtig ein. Fünf, sechs Wochen lang stand er oben mit Schweinsteiger, Maradona und Co. auf der Dokuliste unter den Top Ten. Für die Leute und die Region war das mega.
Hard Facts:
- Wann: 7./8./9. Juli
- Wo: Schleusinger Straße | Hildburghausen
- Mehr: https://heidewitzka-festival.com