Am Wochenende vom 13. Und 14. März plant das Erfurter Netzwerk für kulturelles Leben die “Wir sind noch da”-Aktion. 365 Tage nachdem die meisten Veranstaltungslocations dicht gemacht haben, soll so ein Lebenszeichen an die Menschen da draußen gesendet werden. Über 40 Akteur*innen aus Erfurt sind dabei und senden eine klare Botschaft: „Die Leute, die Bock auf Kultur und Veranstaltungen haben, sollen wissen: Wir sind noch da!“, verrät Mitinitiator Andreas Busch im Interview mit dem t.akt-Magazin. Wir haben mit dem DJ und Entertainer über Live-Streams, Kulturgesichter und Zukunftsaussichten der Erfurter Veranstaltungsszene gesprochen.
Wer ist dieses „Wir” in „Wir sind noch da“?
Wir sind viele verschiedene Veranstalter der Stadt Erfurt. Das heißt, bei uns sind verschiedene Locations und Veranstalter dabei, zum Beispiel das Kalif Storch, der Zughafen oder das Bayou Festival. Organisiert wird das Ganze vom ENkL Netzwerk (Erfurter Netzwerk für kulturelles Leben e.V.). Im Zuge der Aktion haben alle angerufen und gefragt: „Seid ihr noch da? Habt ihr noch Bock?” Die meisten antworteten und wollen nun mit uns ein Zeichen setzen. Sowohl DJs als auch Veranstalter zeigen am 13. März, dass sie noch da sind.
Ihr habt am Aktionswochenende unter anderem einen Stream geplant. Was genau wird da passieren?
Es wird einen 24 Stunden DJ-Livestream geben, denn genau so haben wir auch angefangen. Vor fast genau einem Jahr streamten wir das erste Mal 24 Stunden live im Kalif Storch mit 20 verschiedenen DJs. Um daran zu erinnern, werden wir das jetzt, ein Jahr später, mit 20 DJs und zwei Bands wiederholen.
Zusätzlich zu der DJ-Nummer haben wir verschiedene Veranstalter und Locations zu einem Foto- und Videoshooting eingeladen, damit sie sich präsentieren und nach außen zeigen können, dass sie noch da sind. Besonders Locations, die man nicht so auf dem Schirm hat, wie das HSD, die Messe oder auch große Konzertveranstalter wie Appel und Rompf, die jahrelang die Konzertlandschaft in Erfurt prägten, sollen so eine Bühne bekommen.
Was wird in dem Video zu sehen sein?
In den Videos können sich die Veranstalter präsentieren und etwa ihr Kulturprogramm vorstellen. Sie können zeigen, was man bei ihnen erleben kann – egal ob Konzerte, Partys oder Happenings. Wir wollen ein Lebenszeichen senden.
Ihr wollt aber auch Fotos von den Akteuren machen. Wie kamt ihr denn darauf?
Es gab bisher in mehreren Städten wie Dresden, Leipzig oder Chemnitz die Aktion „Kulturgesichter“, bei der man die Menschen hinter der Veranstaltungsbranche zeigen wollte. In diesen Städten war die Aktion relativ erfolgreich, sodass wir etwas ähnliches umsetzen wollten. Allerdings geht es uns nicht so sehr um die prekäre Situation, sondern unser Motto ist eher: „Wir sind noch da und wir müssen jetzt durchhalten.” Diese Message ist etwas positiver als zu sagen: „Die Welt geht unter.”
Der ENkL-Verein hält jetzt auch schon seit einem Jahr durch. Wie geht es denn den Akteuren im Verein, also Kalif Storch, Engelsburg etc.?
Wir versuchen einfach durchzuhalten, denn etwas anderes bleibt uns nicht übrig. Natürlich können wir auch bei der Stadt oder dem Land mehr Geld fordern, aber wir wissen alle, dass das unrealistisch ist. Deshalb müssen wir die Ressourcen nutzen, die wir haben. Wir arbeiten und sehnen uns nach dem Tag, an dem es weiter geht.
Da allerdings noch in den Sternen steht, wann es genau weiter geht, wollt ihr vorher noch in den Austausch mit den Akteuren kommen. Was ist da geplant?
Bei der Organisation des Fotoshootings wollen wir direkt die Chance nutzen, um coronakonform in den Austausch zu kommen. Wir wollen uns Anregungen holen, was wir, aber auch die Stadt Erfurt noch besser machen können, um zu unterstützen, wenn Corona vorbei ist.
Und welches Ergebnis kommt bestenfalls dabei heraus?
Am Ende soll ein Positionspapier mit zehn Maßnahmen und Ideen stehen, mit dem wir zum Stadtrat gehen möchten. Wir hoffen, dass uns die Ansprechpartner entgegenkommen, auch weil wir jetzt ein Jahr still waren. Zudem wünschen wir uns, dass dadurch Clubkultur und Konzerte denselben Stellenwert bekommen, wie Museen oder Theater.
Warum ist es euch so wichtig zu zeigen, dass ihr noch da seid?
Es gibt die Angst, dass man vergessen wird. Es gibt die Angst, dass die Leute, nachdem sie anderthalb Jahre drinnen waren, vielleicht auch gar keinen Bock mehr haben, raus zu gehen. Und natürlich ist auch die Angst da, dass sie sich gar nicht mehr raus trauen, da lange Zeit gesagt wurde: „Du darfst keinem mehr nahekommen.” Aber Clubkultur und Konzerte leben von Nähe. Mit dem Stream zeigen wir zudem die Vielfalt der Erfurter Kulturlandschaft, die immer noch da ist.
Apropos Vielfalt: Wer ist denn im Stream dabei?
Zum Beispiel Kenny vom Bayou Festival oder verschiedene Bands. Wir haben Hip-Hop-DJs, Techno-DJs. Wir haben verschiedenste musikalische Sachen am Start.
Wo gibt’s den Stream dann zu sehen?
Wir streamen über den Don‘t Panic TV und über alle Social-Media-Kanäle, auch über die der Locations.
Plant ihr im Nachgang zum Stream und dem Aktionspapier noch weitere Aktionen?
Ja. Wir möchten alle Teilnehmer zu einem digitalen runden Tisch einladen, wo wir uns austauschen. Wir hoffen, dass dieses Netzwerk vielleicht noch andere Ideen und neue Zusammenarbeit zutage bringt. Denn vor Corona waren wir alle Konkurrenten und jetzt geht es darum, zusammen zu rücken und sich in Zukunft besser abzusprechen.
Also hat Corona doch etwas Positives: mehr Zusammenarbeit?
Ja, das kann man schon sagen. Man kommt mehr in den Austausch, denn die Meisten haben die gleichen Probleme. In Aussicht gestellt plant unser Verein zum Beispiel einen Club-Kodex, der dann in allen Locations in ganz Erfurt gelten soll.
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Hard Facts:
- 24 Stunden Stream vom 13. – 14.03. | 18 bis 18 Uhr
- Veranstaltung auf Facebook
- Hier geht´s direkt zum Stream
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