Im Jahr 1952 wird das weltberühmte und vielzitierte Stück „4’33’“ von John Cage erstmals aufgeführt. Die Komposition aus drei Akten für Klavier ließ die Erwartungen des Publikums unerfüllt: Der Pianist David E. Tudor schloss zum Auftakt eines jeden Aktes den Tastaturdeckel, verharrte dann regungslos und konzentriert vor dem Flügel, um ihn schließlich am Ende jeden Aktes wieder zu öffnen. Diese Vorführung, die oft als Demonstration der Stille beschrieben wird, war genau gegenteilig zu verstehen. „So etwas wie Stille gibt es nicht.“, äußert sich Cage kurz nach der Premiere. Laut des Künstlers sei alles Musik. „Was sie [die Zuhörer:innen] für Stille hielten, weil sie nicht zuhören konnten, war voller zufälliger Geräusche. Während des ersten Satzes konnte man draußen den Wind wehen hören. Während des zweiten Satzes prasselten Regentropfen aufs Dach, und während des dritten Satzes machten die Menschen selbst alle möglichen interessanten Geräusche, wenn sie sich unterhielten oder hinausgingen.“
Neue Ausstellung eröffnet im Kunsthaus Erfurt
Die Ausstellung „The Notion of Silence“, die vom 3. November bis zum 31. Januar 2024 im Kunsthaus Erfurt zu sehen ist, spürt der Idee von Stille nach, einem gedanklichen Konstrukt, das in seiner Vollkommenheit niemals existieren kann und für den Menschen unerträglich wäre, wie es in einer Mitteilung des Kunsthauses heißt. „Im Gewand des Innehaltens, Zu-Sich-Findens, der Reflexion und Naturverbundenheit erfährt die Stille gegenwärtig dennoch eine immer größere Romantisierung. Noise-Cancelling-Kopfhörer, Meditation und Yoga, Landflucht sowie Reisen an die entlegensten Orte der Erde gehören zu den Mitteln und Methoden, die in frenetischen Zeiten dieses rare Gut versprechen“, schreibt das Haus für moderne Kunst.
Die ausgewählten Kunstwerke von Nevin Aladağ, Lena Marie Emrich, Ossian Fraser, Lena von Goedeke, Jan Jelinek, Jeewi Lee, Mischa Leinkauf, Nik Nowak und Christina Wunderlich, die in der Ausstellung “The Notion of Silence“ zu sehen sind, bewegen sich zwischen den Polen, die Stille definieren. Sie zeugen laut Kuratorin Lydia Korndörfer von der Abwesenheit von Sound, oder von dessen Anwesenheit, wo er nicht zu erwarten wäre: Pausen im Gesprächsfluss rücken in den Fokus.
Unerwartete Töne
„Die Spuren von Popmusik materialisieren sich. Gewitterwolken werden zum Klingen gebracht. Es ertönen die Frequenzen eines Bergpanoramas, das der Mensch ohne Technik nicht hören könnte. Unerschlossene Räume inmitten von Megacities werden sichtbar. Sie weisen schließlich ähnliche Qualitäten auf wie jene Landschaften, die auf der Suche nach Stille zu Sehnsuchtsorten geworden sind – die Berge, das Wasser, die Wüste oder das Eis“, so Korndörfer. Vernissage von der Ausstellung „Notion of Silence“ ist am 3. November um 20 Uhr im Kunsthaus in der Michaelisstraße 34.
Hard Facts:
- The Notion of Silence: 3. November bis 31. Januar 2024
- Wo: Kunsthaus Erfurt | Michaelisstraße 34 |
- Öffnungszeiten: Di. bis Fr. 12 bis 18 Uhr
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