Rund 75 Programmpunkte wird das Kunstfest Weimar 2021 während des Festivalzeitraums vom 25. August bis 11. September umfassen und ein weiteres Jahr der Pandemie trotzen: Interdisziplinäre Aufführungen und Ausstellungen, Screenings und Interventionen, Debatten und Lesungen – darunter 15 Uraufführungen, drei Europäische und sechs Deutsche Erstaufführungen an 23 Spielorten in Weimar und 25 thüringenweit. Wir sprachen vorab mit dem künstlerischen Leiter des Festivals, Rolf C. Hemke.
Es finden rund 200 Veranstaltungen statt. Was kann man von diesem breiten Angebot erwarten?
Wir versuchen mit der Auswahl an Projekten die Breite des Spektrums zeitgenössischen Kulturschaffens abzubilden, natürlich insbesondere unter Berücksichtigung der Kulturhistorie Weimars. Das Inhaltsverzeichnis unseres Katalogs bildet eigentlich genau dieses Spektrum an Disziplinen und Interdisziplinarität ab. Neugier genügt also, man wird – mit einem Hauch an Kulturinteresse – sicherlich fündig.
Dieses Jahr steht unter dem Motto „Bundesgeistesschau“. Was soll damit ausgedrückt werden?
Das ist eine ironische Anspielung auf die BUGA in Erfurt und auf die alte Rivalität zwischen der neuen Landeshauptstadt Erfurt und der alten Weimar. Aber natürlich ist es auch eine Hommage und eine Referenz an die Weimarer Geistesgeschichte und an einen Ort, an dem der Geist immer schon zu Hause war.
Was sind die Themenschwerpunkte in diesem Jahr?
Wir versuchen, den Debatten in unserer Gesellschaft am (hoffentlich baldigen) Ende der Pandemie und kurz vor den Bundestagswahlen nachzuspüren: Wir haben einen deutlichen Umweltfokus, weil die Klimakrise die Künstlerinnen und Künstler in der ganzen Welt schon seit einigen Jahren beschäftigt und wir das reflektieren möchten. Wir beschäftigen uns in der Koproduktion mit dem berühmten Thalia-Theater Hamburg und Anna Seghers „Transit“ mit der Migration, mit Nuran David Calis 17-tägigen NSU Prozess-Reenactment mit dem gesellschaftlichen Umgang mit den Opfern von Neonazismus und rechter Gewalt. Das sind aber noch längst nicht alle Themen.
Jedes gute Festival hat Headliner. Wer sind die Galionsfiguren des diesjährigen Kunstfestes?
Wir haben drei Künstler:innen als Poster-Köpfe ausgewählt, die wichtige Arbeiten zum Programm beisteuern und die wir besonders schätzen: Die südafrikanische Choreografin Robyn Orlin erarbeitet mit 14 Tänzer:innen aus Frankfurt unser Eröffnungsprojekt „And when we change“. Der libanesische Choreograf Ali Chahrour, der mit zwei neuen Arbeiten, die unter schwierigsten Bedingungen im Libanon entstanden sind, zur europäischen Erstaufführung nach Weimar kommt. Und Nuran David Calis als kreativer Kopf hinter unserem Mammut-Projekt NSU Prozess-Reenactment.
Gibt es zentrale Orte, wo viele Veranstaltungen stattfinden werden und gibt es unter ihnen neue Orte, die bespielt werden?
Zentral sind die Spielorte des DNT einschließlich der großen Probenbühne Redoute und Open air-Bühne m E-Werk. Neu ist etwa das Wimaria Stadion oder die Auslieferungshalle der Ehringsdorfer brauerei, darauf dürfen Sie gespannt sein.
Beim Kunstfest können Besucher:innen viele Theater erleben, aber auch Musikveranstaltungen. Welche Konzerte werden wir erleben können?
Wir bieten ein breites musikalisches Spektrum: Musiktheater mit der Uraufführung von „Electric Saint“ von Police Drummer und Gründer Stewart Copeland und Jonathan Moore im DNT, oder Novoflots MonteverdiJazz-Projekt im Wimaria-Stadion oder noch einmal anders: Schorsch Kameruns Lead-Sänger der Goldenen Zitronen – musische Wahlbegleitung „Wem gehört welch Land?“. Zudem zwei Sinfoniekonzerte, EthnoJazz, eine zeitgenössische Klezmer-Variante und den unnachahmlichen Chilly Gonzales.
Was hat das Kunstfest für eine Bedeutung für die Stadt?
Wir hoffen eine große. Als Ort zum Nachdenken, diskutieren, reflektieren, als Ort der Gemeinsamkeit, als Ort der Selbstversicherung oder Selbsthinterfragung. Zum Zurücklehnen und Genießen oder auch zum laut Auflachen. Aber natürlich auch als Imagefaktor für Tourismus. Wir freuen uns jetzt schon auf etwa ein knappes Dutzend Fernsehbeiträge von MDR, ZDF, ARTE, 3Sat und so weiter. Das Kunstfest Weimar wird in den nationalen und internationalen medien wahrgenommen: Ein BBC-Reporter fliegt aus London ein, eine russische Theaterkritikerin hat sich angekündigt, aus Frankreich kommen Journalisten etc.
Wo kann man sich Tickets erwerben?
Am besten über unsere Website oder über das DNT, Website oder Abendkasse. Wegen der dynamischen Bestuhlung wegen der Corona-Abstände sind wir leider noch nicht wieder überall buchbar.
Gibt es besondere Veranstaltungen, die aus dem Raster herkömmlicher Theater/Musik-Produktionen fallen?
Aber sicher: „Landscapes and Bodies“ und das NSU Prozess-Reenactment mit zahlreichen prominenten Mitwirkenden aus Politik und Gesellschaft gehört dazu, genauso wie unsere Eröffnungsproduktion „And when we change“ als Tanzparcours im Park. Aber auch Konzertformate wie Oscar Escuderos „A glitch in history“ gemeinsam mit dem Quartett Gerhard. Es gibt viel zu entdecken.
Welche Veranstaltungen sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen und warum?
Der Virtual-Reality-Performance-Parkour „Landscapes and Bodies“ wird definitiv ein nie dagewesenes Erlebnis für jeden Besucher, das ist ein Muss. Ich freue mich sehr auf Thomas Köck und Marie Bues „Und alle Tiere rufen: …“ auf der Open-Air-Bühne am E-Werk. Und „Transit“ vom Thalia Theater mit großartiger Besetzung.
Hard Facts
- Wann: 25. August bis 11. September
- Tickets und Programm gibt es hier