Das Licht geht aus, der Projektor an. Es knistert, bevor ein Lichtstrahl auf die Leinwand fällt; es raschelt in Popcorntüten, bevor gezuckerter Mais in Münder findet. Noch ein bisschen tiefer in den Sessel rücken, einen Blick mit der Begleitung tauschen: Es geht tatsächlich los. Kino. Endlich wieder Kino!
Schillerhof-Kino in Jena
Kinos waren, wie so viele Orte für Kunst, Kultur und Zerstreuung, pandemiebedingt dauerhaft geschlossen. Während in den Großraumbüros schon länger wieder gearbeitet werden durfte, blieb hier das Licht aus, der Stuhl hochgeklappt, der Samt kalt. Hier – das ist der Schillerhof, seit 1997 das Programmkino Jenas. Zu finden ist der Ort für Filmliebhaber schlechthin in Jena Ost, in der Helmboldstraße, im Erdgeschoss eines schönen großen Eckhauses aus dem 19. Jahrhundert.
Schillerhof wurde fast abgerissen
Diesem Haus, das seit über 150 Jahren Schillerhof heißt, hat das Kino auch seinen Namen zu verdanken. Im Haus in der ehemaligen Schillerstraße war ein beliebtes Gasthaus in Wenigenjena. Als Ort Ende des 19. Jahrhunderts eingemeindet wurde, musste die Schillerstraße einen anderen Namen kriegen: Im Jenaer Stadtkern gab es schon eine Straße, benannt nach dem Dichter und Jenaer Universitätsprofessor – zwei hätten die Post verwirrt. Das beliebte Gasthaus in Jena Ost aber behält seinen Namen. Über alle Zeiten des irren 20. Jahrhunderts hinweg bleibt es Gasthaus und Tanzsaal. Nach 1990 ist das Haus fast abrisswürdig. Aber eben nur fast.
Deutsche Produktion mit Tom Schilling wird gezeigt
Das Gebäude kommt in den Besitz der Kommunalen Immobilien Jena, es wird eine Kulturimmobilie – und damit mehr als eine Kneipe: Das kommunale Radio sitzt dort und es entsteht ein Programmkino, das Filme zeigt, die künstlerischen Wert haben. So wie an diesem Sommerabend: Seit dem 1. Juli, nach mehr als acht Monaten der Schließung, öffnet das liebevoll betriebene Kino wieder und zeigt zum Auftakt Nomadland, jenen oscar-prämierten Film, in dem Frances McDormand brilliert. Die Weite des mittleren Westens, die Leere der von ökonomischen Zwängen gezeichneten Menschen – auch gestreamt wäre der Film ein Guter, im Kino aber ist er ein Ereignis. Gleiches gilt für eine deutsche Produktion, die im August gezeigt wird: Fabian nach Erich Kästner mit Tom Schilling und dem aus Jena stammenden Schauspieler Albrecht Schuch.
Zweites Kino eröffnet
„Wir sind erleichtert und froh, dass wir wieder öffnen können“, sagt Daniel Krischker, Geschäftsführer des kleinen Kinos mit dem blauen und dem roten Saal. „Wir haben den ganzen Juni in die Vorbereitungen gesteckt.“ Krischker führt das Kino seit 2007. Der gebürtige Geraer glaubt an den Bestand des Konzepts, allen Streaming-Angeboten und der Pandemie zum Trotz. Während andernorts in der Republik die kleinen Kinos schließen, haben Krischker und sein Team 2016 sogar ein zweites Kino eröffnet: direkt im Stadtzentrum, das Kino am Markt. Auch hier gibt es keine Blockbuster, sondern nur ausgewählt gute Filme. Zur Freude der Universitätsstadtbewohner in beiden Kinos zwei Mal die Woche auch im Original mit Untertiteln: „Synchronisationen fangen das Miteinander der Spielenden nicht vergleichbar ein, deswegen freuen wir uns, so viele OmU-Filme zu zeigen und damit auch nochmal ein anderes, internationales Publikum anzulocken.“
Privatvorführungen möglich
Neben dem Hauptprogramm bietet das Kino die Möglichkeit, Säle für Privatvorführungen zu mieten: „Besorgt werden kann fast jeder Film“, betont Krischker, vom Disney-Klassiker über die Tarkowsky-Perle bis zu aktuellen Filmen. Einen hohen Stellenwert im Programm haben Zuschauerinitiativen wie der Film e.V. mit dem 35mm-Kino oder Kooperationen mit der Universität. Auch Dokumentarfilme sind immer im Programm – im September sind sie sogar ein Programmschwerpunkt, wenn die Dok-Film-Wochen mit Filmgesprächen locken. Und während das Kino am Markt durch die Lage mitten in der Innenstadt auch sehr spontane Kinobesuche ermöglicht, kommt man zum Schillerhof mal ein wenig aus dem Zentrum raus und schlendert am Saaleufer entlang. Vor oder nach dem Film kann man im Kino noch einkehren, denn der Schillerhof ist auch heute immer noch: eine gemütliche Kneipe mit leckerer Speisekarte.
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Hard Facts
- Wann: je nach Programm auf der Homepage nachzulesen
- Wo: Helmboldstraße 1 | 07749 Jena
- Mehr im Web und auf Instagram.
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