Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown mit Andreas Hoppe vom Kickerkeller in Erfurt
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir diesmal mit Andreas Hoppe dem Geschäftsführer der Kicker Gastro GbR vom Kickerkeller in Erfurt. Fernab von vordergründigen High-Society-Schnick-Schnack setzt das Team auf Authentizität und tragbare Preise. Hier wird weiterhin Wert auf Flair und Freundlichkeit gelegt – und für die Musikliebhaber, die dem Kickersport lieber nur aus der Ferne beiwohnen wollen, gibt es eine geschmackssichere Mischung auf Großleinwand und Tanzfläche.
Wie ist jetzt bei euch die aktuelle Lage?
Nichts geht, außer aufräumen, malern und vorsichtig Zukunftspläne schmieden – und Live-Streams natürlich. Jeden Mittwoch 19 bis 22 Uhr, zuletzt unser 48h-Stream-Marathon mit befreundeten Kollektiven der Electro-Szene und am 30. April dann DJs-United.
Habt ihr Angst vor dem Virus? Wirtschaftlich und gesundheitlich gesehen?
Vor dem Virus eher nicht, der gehört zum Leben dazu. Die wirtschaftlichen Folgen werden in Ihren Dimensionen erst in den nächsten Wochen und Monaten zum Tragen kommen. Leider werden das, wie bei den meisten Krisen, die sozial Schwachen am meisten ausbaden müssen. Dazu gehören auch die prekären Verhältnisse und Angestellten im kulturellen Bereich. Der Staat hat sich aus dem Bereich nahezu komplett zurück gezogen und kommt seiner Daseinsvorsorge nicht mehr nach. Das fällt allen in Krisenzeiten genau so auf die Füße wie der Neoliberalismus im Gesundheitswesen.
Gibt es eine Notlösung/ einen Notfallplan um weiterhin Geld einzunehmen? Habt ihr Aktionen geplant?
Auf so eine Situation war keiner Vorbereitet. Insofern existieren auch keine Notfallpläne. Ja, man kann Spenden Sammeln und Einnahmen über Gutscheine vorziehen. Allerdings verschiebt man beim letzteren die Probleme in die Zukunft. Das ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Das Problem bei der Sache ist, dass die Ausrichtung der Clubs nur mit Menschen in den liebevoll hergerichteten Objekten funktioniert. Hier stehen riesige Mietflächen vollgestopft mit Technik und Brandschutzanlagen einfach leer und ungenutzt. Das ist das Gegenteil von Mehrwert schaffen.
Musst du weiterhin die volle Miete für den Laden zahlen oder gibt es einen Erlass? Wie wird mit den Mitarbeitern weiterhin verfahren? Welche Posten musst du weiterhin tragen?
Die Kaltmiete wurde gestundet mit sehr moderaten Raten der Rückzahlung. Unsere Festangestellten sind in Kurzarbeit, leider gibt es für unseren Auszubildenden (Dualer Student) und unsere geringfügig Beschäftigten keine Lösung. Die fallen wie oben beschrieben durch die sozialen Sicherungsnetze. Unklar ist, wie wir Betriebskosten, Strom, kleine Darlehen für Technik und ein volles Warenlager, das uns verdirbt, bezahlen sollen.
Bekommt ihr von außen Hilfe/Förderung?
Stand heute: nein, die Corona-Soforthilfe wurde für uns abgelehnt.
Habt ihr Tipps, um das Beste aus der Lage zu machen?
Zeit mit Freunden und Familie verbringen, sofern durch Beschränkungen möglich.
Was würdet ihr euch jetzt konkret von der Politik wünschen?
Ein Umdenken in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die Menschheit steht am Scheideweg. Umweltzerstörung, Kriege und eine riesige soziale Ungerechtigkeit, all das sind die Herausforderungen, die man mit althergebrachten Ansätzen nicht lösen wird. Während wir hier über Corona diskutieren, sterben Weltweit monatlich ca. 258.000 Kinder im Alter bis 5 Jahren an Unterernährung.
Wie soll es nach der Krise für dich und dein Geschäft weitergehen?
Das werden wir sehen, wenn es vorbei ist. Keiner kann sagen, wie lange das gehen wird. Vielleicht gibt es noch eine 2. Welle.
Denkst du, das alles kann etwas Positives bringen?
Die Widersprüche in der Gesellschaft werden sich global verstärken, das erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Veränderungen – im positiven Sinn.
Gibt es noch etwas, dass du sagen willst? Liegt dir noch etwas auf dem Herzen?
Ich hoffe ,dass die Stadt Erfurt unser jahrelanges privates Engagement für die Kultur sowie den Sport würdigt und uns in solch schwierigen Zeiten über den Berg hilft. Gleiches gilt auch für unsere befreundeten Clubs, denen wünsche ich das natürlich auch.
Hier lasst ihr für den Kickerkeller eine Spende da!
Hard Facts:
- Johannesstrasse 156, Erfurt
- Mehr Informationen auf Facebook, Instagram oder unter kickerkeller.de