Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbstständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown mit Pianist und Komponist Alexander John
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir diesmal mit Alexander John. Er ist Pianist und Komponist und stammt aus Urbach bei Nordhausen. Seit etwa neun Jahren spielt er Klavier als Hauptinstrument und erweitert den natürlichen und gewohnten Klaviersound um weitere, elektronische Instrumente, um der Musik so mehr Ausdruck zu geben.
Neben seinem Soloauftritt in der Musikwelt spielt er ebenfalls in mehreren Bands wie zum Beispiel dem Levi’s Music Project Kassel. Alex arbeitet auch an einem elektronischen Set, um seine Musik auf größeren Festival Bühnen tanzbar zu machen und auch Menschen die keine Musik von Nils Frahm, Max Richter oder Hans Zimmer in ihrer Playlist haben zu zeigen, dass mehr geht, als nur das klassische Bild der Klaviermusik auszuleben.
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Wie ist deine aktuelle Lage?
Ich denke, ich spreche für alle Künstler, Veranstalter, Musiker und Kulturschaffenden, wenn ich sage, dass die Situation einen großen Verlust für unserer Branche bedeutet. 2020 sollte für mich das Jahr sein, in dem ich direkt nach dem Abi erste Festivals und Konzerte als „Alexander John“ spiele und in einem eigenen Set deutschlandweit und in anderen Ländern, einem großen Publikum meine Musik zeige.
Dass diese Pläne vorerst nicht im geplanten Rahmen realisierbar sind, war einige Wochen schwer für mich. Es hat mich aber auch teilweise motiviert, die Zeit zu nutzen und viel Musik zu machen. Auch ist die Möglichkeit über Streams oder Onlinekonzerte gegeben und werde auch zum Release meiner neuen Platte statt einer echten Releaseparty, eben mehrere Streams planen. Viele meiner Festivals und Konzerte wurden bereits bestätigt und auf 2021 verschoben. Sobald die Situation es zulässt, werde ich aber wieder den Weg zur Bühne suchen – ganz sicher!
Seit Dezember 2018 ist meine eigene Musik auf dem Markt und wird am 15. Mai um eine weitere EP namens „Disarray“ ergänzt – meiner ersten wirklich großen Produktion.
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Hast du Angst vor dem Virus? Wirtschaftlich und gesundheitlich gesehen?
Natürlich ist das Corona-Virus und die damit verbundene Situation mit Respekt zu betrachten. Ich bemühe mich, alle in meinem Umfeld zu schützen und die Ausbreitung im engen Kreis zu verhindern. Die wirtschaftlichen Folgen sind natürlich enorm, aber jede Minute, die wir näher an einer Besserung sind, ist wertvoll und ich sehe nach vorn.
Gibt es eine Notlösung, um weiterhin Geld einzunehmen?
Wenn auf absehbare Zeit ein Live-Geschäft ausfällt, muss man sich anders orientieren. Momentan mache ich mein Abitur und habe Freiheiten parallel einen Minijob zu machen oder mehr Präsenz im Online-Markt (CDs, Merch usw.) aufzubauen. Ich muss aber ehrlich sagen, dass es teilweise schwer ist, seinen Traum aufzuschieben und stattdessen situationsbedingt etwas ganz anderes zu machen. Aber die Hoffnung auf eine Entspannung der Situation treibt mich diesbezüglich stark an.
Was für Kosten fallen bei dir weiterhin an?
Als Schüler habe ich momentan noch das Glück in meinem Elternhaus zu leben. Die vielen ausgefallenen Einnahmen sind aber im Laufe der größeren Produktion meiner neuen Platte deutlich spürbar. Dennoch ging alles auf Messerschneide glatt und die Produktion konnte vor wenigen Wochen abgeschlossen werden und verlief trotz der Pandemie über Fernkonferenzen mit den Mitwirkenden sehr gut.
Hast du Tipps, um das Beste aus der Lage zu machen?
Man könnte sagen „nutzt die Zeit“, aber ich hatte selbst Probleme Antrieb für irgendetwas zu finden. Geht raus und genießt das Wetter und die wunderschöne Natur jetzt im Frühling. Macht Musik und schreibt einen neuen Hit. Macht Stay-Home-Sessions oder telefoniert mal häufiger mit Menschen, die ihr sonst nur zwei Mal im Jahr anruft. Wir sitzen alle im selben Boot und jeder ist über Nähe und Unterstützung in der jetzigen Zeit froh. Macht das Beste draus und lasst nicht zu, dass ihr euch wegen all dem schlecht fühlt.
Was würdest du dir jetzt konkret von der Politik wünschen?
Einheit. Eine einheitliche Regelung der Maßnahmen und keine Länder-Städte -Gemeinden-Spirale abwärts, in der niemand durchblickt und weiß, was Sache ist. Es ist logischerweise auch eine Leistung, jetzt Entscheidungen zu treffen, und ich will mit keinem Politiker der ersten Reihe tauschen, aber die Maßnahmen sind oftmals rätselhaft oder nicht zu Ende gedacht.
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Wie soll es nach der Krise für dich und deine Musik weitergehen?
Live vor Menschen zu stehen wäre super – seien es 10 oder 10.000. Eine Tour im akustischen Set ist für Winter 2021 angesetzt, außerdem wird die Festival- und Open-Air-Tour von 2020 auf Mai bis August 2021 verschoben. Ich nutze die Möglichkeit, bessere Sets zu basteln und mich stetig zu verbessern, vielleicht der einzige Vorteil aus der Sache – die Vorbereitungszeit ist sehr groß geworden. Ich freue mich, mit den Menschen zu interagieren, und werde alles daransetzten, so schnell wie möglich wieder live spielen zu können.
Denkst du, das alles kann etwas Positives bringen?
Wie schon eben erwähnt, die Vorbereitungszeit. Man hat Zeit, seine eigenen Projekte durchdachter zu planen und auszufeilen. Auch hat man mehr Zeit Dinge zu tun, zu welchen man nach einem normalen Tag keine Ambitionen mehr hatte – sei es nur spazieren gehen. Für mich positiv war und ist der Mehrwert in dem Ausbau eigener Projekte sowie der Produktion neuer Musik und weiterem Content.
Gibt es noch etwas, dass du sagen willst? Liegt dir noch etwas auf dem Herzen?
Unterstützt kleine Künstler und Musiker, die durch die Krise betroffen sind! Unterstützt kleine Geschäfte oder Dienstleister bei euch um die Ecke oder spendet an Organisationen die in Gebieten helfen, wo es den Menschen noch schlechter geht als uns hier. Seid alle nett zueinander und rücksichtsvoll! Passt auf euch auf!
Ihr seid Kulturakteur oder kreativer Einzelhändler in Thüringen und wollt mit uns über euer Leben in der Krise sprechen? Schreibt uns mit dem Betreff “Kultur Shutdown” an: f.dobenecker@mediengruppe-thueringen.de
Hard Facts:
- neue EP „Disarray“, ab dem 15. Mai erhältlich
- Mehr von Alex? Folgt ihm auf Facebook, Instagram und Youtube
- Musik gibt’s auf Spotify, Soundcloud und AppleMusic
- Hier geht’s zu seiner Website