Die Kunsthalle ist eine überregional orientierte und anerkannte Adresse für zeitgenössische Bildende Kunst aller Erscheinungsformen. Das Neue, Ungewöhnliche und mitunter auch Verstörende zeitgenössischer Kunst als Bewegungsimpulsgeber in der Kunst wie in der Gesellschaft fruchtbar zu machen, indem immer neu Reflexionen und Fragen provoziert werden, steht intentional im Zentrum des Ausstellungsprogramms. Was euch dieses Jahr für Ausstellungen erwarten, erfahrt ihr Hier.
Urban Desire – Fotografien und Videos von Gudrun Kems
12. März – 7. Mai 2023
In den Werken der Fotografin Gudrun Kemsa (*1961) wird ganz New York zu einer großen Kulisse. Aus dem rauschenden Großstadtalltag löst sie zwischenmenschliche Szenen; die anonymen Protagonistinnen und Protagonisten agieren inmitten der urbanen Architektur wie im Film: vorübereilend, reglos wartend vor Boutiquen oder Straßenkreuzungen. Die an der Kunstakademie Düsseldorf ausgebildete Künstlerin versetzt in ihren Fotografien wie in den Videos Stadt in Bewegung und thematisiert so immer wieder Zeitwahrnehmung. Die Personen auf ihren Bildern sind Stellvertretende für Millionen Passantinnen und Passanten, die ihren unbekannten Zielen zusteuern. Mit dem Kontrast von natürlichem oder künstlichem Licht modelliert Gudrun Kemsa Menschen und Architektur in dramatischen Tableaus, eindrücklichen Momenten der Stille oder entrückten, seltsam zeitlosen Zuständen. Immer thematisiert sie Zeitwahrnehmung. Die in New York entstandenen Arbeiten werden durch Bilder aus London und deutschen Großstädten ergänzt.
Eröffnung: 11. März 2023, 18:00 Uhr
Stille Zeugen – Fotografien von Christian Rothe / Soundinstallation von Ludwig Berger
17. März – 7. Mai 2023
Eine Ausstellung des Erfurter Kunstvereins. Die Fotografien von Christian Rothe erinnern an romantische Landschaftsgemälde, ihnen wohnt etwas Rätselhaftes inne und wahrlich ist das, was sie abbilden, etwas Unbegreifliches. Sie sind am Ettersberg bei Weimar entstanden, auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald. Ein Ort, an dem die Nationalsozialisten Menschen eingesperrt, erniedrigt, gefoltert und ermordet haben. Ein Ort vor den Toren einer Stadt, die seit dem 18. Jahrhundert das deutsche und europäische Kultur- und Geistesleben geprägt hat, in der sich die Ambivalenz der Geschichte verdichtet wie kaum an einem anderen Ort. Die ruhigen, kontemplativen Motive werden akustisch ergänzt um eine Soundinstallation von Ludwig Berger. Eigens für die Ausstellung erarbeitet der in Zürich lebende Komponist und Klangkünstler eine Mehrkanalinstallation mit Aufnahmen vom Ettersberg. Berger verwendet mikroskopische Soundstücke, die zu einem Gesamtstück arrangiert werden.
Eröffnung 16. März 2023, 19:00 Uhr
Engelberg + Inszenierte Fotografie
21. Mai – 30. Juni 2023
Engelberg ist der Name einer Künstler:innengruppe, die sich mit dem Ziel gegründet hat, über die eigene Bildwahrnehmung und das jeweilige Œuvre hinaus in der Zusammenschau ein komplexes „Zeitbild“ erfahrbar zu machen. Die fünf mit dem Medium Fotografie arbeitenden Künstlerinnen und Künstler Claus Bach Kurt Buchwald, Andrej Glusgold, Matthias Leupold und Katharina Mayer eint das darstellende Moment im Bild. Die ausgewählten Arbeiten befragen und ergründen in der „Berührung mit der Welt“ das Selbst und das Gegenüber mittels der Inszenierung vor oder hinter der Kamera sowie im Raum. In der Ausstellung werden Gemeinsamkeiten, Synergien und Verbindungslinien zwischen den Protagonistinnen und Protagonisten deutlich beziehungsweise vertiefen sich oder divergieren.
Eröffnung: 20. Mai 2023, 18:00 Uhr
Becker & Becker
20. August – 29. Oktober 2023
Die Ausstellung „Becker & Becker“ stellt die künstlerische Beziehung von Jürgen Becker (*1932, Köln) und Boris Becker (*1961, Köln) vor. Beide sind in unterschiedlichen Metiers beheimatet: Jürgen Becker ist einer der wichtigen deutschsprachigen Lyriker, Prosaschriftsteller und Hörspielautoren. Boris Becker studierte u.a. bei Bernd und Hilla Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie. Seitdem ist er als Fotograf sowie Filmemacher tätig. Sein künstlerisches Werk konzentriert sich auf Architektur- und Landschaftsfotografie, neben Einzelbildern entstehen verschiedentlich Serien, die konzeptuell geprägt sind. Anlass zur fotografischen Zusammenarbeit von Vater und Sohn gaben die New-York-Aufnahmen, die Jürgen Becker im Anschluss einer Lesereise durch die USA und Kanada 1972 machte und die sein Sohn erstmalig 2012 publizierte.
Eröffnung: 19. August 2023, 18:00 Uhr
René Burri. Die Deutschen – Fotografie
19. November 2023 – 11. Februar 2024
Der Schweizer Fotograf René Burri (Zürich 1933–2014 Zürich) war einer der großen Bildjournalisten des 20. Jahrhunderts. Von 1955 (ab 1959 Vollmitglied) bis Ende der 1980er Jahre war der Fotograf, Filmemacher und Maler Mitglied der renommierten Fotoagentur MAGNUM und im Auftrag namhafter internationaler Zeitschriften in der ganzen Welt unterwegs. Die Kunsthalle Erfurt widmet René Burri eine Ausstellung, in deren Zentrum sein bekanntester und vielleicht wichtigster Zyklus steht: „Die Deutschen“. Kuratiert wird sie von dem Schweizer Kurator, Fotografen und Publizisten Daniel Blochwitz (geb. 1973 in Ilmenau). 1957 begann Burri, dessen Mutter aus einem Dorf in der Nähe Freiburgs stammte, die Nachbarn zu fotografieren. Vierzig Jahre lang begleitete er dann die Entwicklung in Ost und Westdeutschland. 1962 erschien die erste Fassung seines Buches „Die Deutschen“ mit Texten von Hans Magnus Enzensberger – ein Meilenstein der Fotopublizistik. Mit seiner Kamera hielt René Burri aus scheinbar neutraler Perspektive vor allem Szenen aus dem Alltag der Menschen fest. Er fand Bilder für deutsch-deutsche Befindlichkeiten und präsentierte sie im Gestus von sehr persönlichen Statements.
Eröffnung: 18. November 2023, 18:00 Uhr
Wer sind wir? Zu wem gehören wir? Nationale Identität versus Globalisierung?
24. November –11. Februar 2024. Eine Ausstellung des Erfurter Kunstvereins.
Angeregt vom „neutralen“ Blick auf eine geteilte Nation mit gemeinsamer Geschichte (René Burri „Die Deutschen“) plant der Erfurter Kunstverein eine Ausstellung, bei der Künstlerinnen und Künstler auf verschiedene Formen kollektiver Identitäten schauen. Die Philosophinnen und Philosophen der Aufklärung hatten die Ansprüche aller Menschen auf Würde und gleiche Rechte aufgezeigt – unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Volkszugehörigkeit, Sprache oder Religion. Mit der Gründung von Nationalstaaten als Folge der Säkularisierung und der Selbstermächtigung des Bürgertums, aber spätestens seit den Bestrebungen, in Literatur, Kunst und Musik am Ende des 18. Jahrhunderts ein Nationalbewusstsein zu artikulieren, gewannen im 19. Jahrhundert Abgrenzungsstrategien zwischen Ländern, Nationen und Kulturen wieder an Bedeutung. Heute ist das Narrativ einer homogenen Nation obsolet. In einer Zeit, in der entgegengesetzte Trends wie Globalisierung und kollektive Identitätsbildung unsere Welt charakterisieren, kreisen viele Diskurse um Begriffe wie nationale oder kulturelle Identität. Wir fragen: Was ist aktuell unter solchen Identitätsformulierungen zu verstehen? Worin drückt sich nationale Zugehörigkeit aus? Was macht eine geistes- und kulturgeschichtliche sowie wirtschaftliche Gemeinschaft aus?
Eröffnung: 23. November, 19:00 Uhr