In den 90er Jahren wurde Markus Kavka (56) als Moderator verschiedener Formate auf den Musiksendern VIVA und MTV bekannt. Darüber hinaus legt er schon lange Zeit als DJ in Clubs auf. Am 15. August führt er als Moderator durch die „unicato Kurzfilmnacht“ auf der Kulturarena. Wir sprachen vorab mit Markus über Depeche Mode, Kurzfilme und natürlich die Kulturarena.
Seit 2014 moderierst du einmal im Monat „unicato – Das Kurzfilmmagazin“ im MDR. Für dich war das damals ein neues Themengebiet. Wie kam es dazu?
Das Format „unicato“ existierte schon länger, allerdings unmoderiert. Damals wurden nur Kurzfilme aus dem mitteldeutschen Raum gezeigt, vor allem studentische Arbeiten. Dann kam die Idee eines Relaunchs auf, mit einer Moderation, die vielleicht auch mal Filmschaffende interviewt. Im Umfeld der Bauhaus-Universität in Weimar wurde von jemandem, der mich von MTV kannte, mein Name ins Spiel gebracht. Die Beteiligten fanden die Idee gut – obwohl ich keinen ausgewiesenen (Kurz-)Filmhintergrund habe. Aber privat habe ich mich schon lange für Kurzfilme interessiert. Wenn man mal überlegt: Ein Musikvideo ist nichts sehr Anderes als ein Kurzfilm – nur dass nicht Dialoge, sondern die Musik die Begleitung sind. Aber auch viele Techniken aus dem Kurzfilm finden sich im Musikvideo wieder. Der Weg dahin war also gar nicht so weit wie er im ersten Moment erscheint.
Standest du selbst schon einmal hinter der Kamera?
Im Studium haben wir auch Kurzfilme und Musikvideos in AGs produziert. Aber das war nicht ausschlaggebend, dass ich das Format moderiert habe. Es ging um eine klassische Moderatoren-Rolle: jemanden, der einen „roten Faden“ reinbringt und in Interviews gar nicht so nerd-mäßig Sachen abfragt, sondern „Anwalt“ der Zuschauer ist, die vielleicht ganz andere Fragen haben. Man musste das Format auch etwas öffnen, um ein größeres Potenzial zu entfalten – und Zielgruppen erschließen, die bisher noch gar keine Berührungspunkte mit dem Kurzfilm als Medium hatten.
Was reizt dich am Medium Kurzfilm am meisten?
Bei Langfilmen unterliegen Filmschaffende ganz vielen Konventionen – während beim Kurzfilm sehr viele Freiheiten bestehen, mit geringen Budgets hochgradig kreative und spannende Sachen zu machen. Ich mache die Sendung schon so lange und trotzdem stoße ich Monat für Monat auf Dinge, die mich einfach umhauen und die ich in dieser Form noch nicht gesehen habe. Die Freiheit des Formats reizt mich, was immer wieder neue Überraschungen garantiert. Wenn Leute über das Format die Nase rümpfen, werde ich regelrecht sauer, weil sie Kurzfilme nur sehr oberflächlich betrachten. Ich werde nicht müde zu betonen, dass der Kurzfilm eine eigene, überraschende Kunstform ist und absolut gleichrangig neben dem Langfilm existiert und existieren muss.
In den letzten 10 Jahren hast du bei „unicato“ schätzungsweise 400 Kurzfilme vorgestellt und vorher natürlich auch gesichtet. Wie sieht deine Bilanz aus?
Wir hatten noch nie einen Kurzfilm in der Sendung, von dem ich dachte: „Was soll der Quatsch jetzt eigentlich?“ Es gab schon viele sehr experimentelle Sachen oder auch Beiträge, mit denen ich thematisch nichts anfangen konnte – aber die, für sich betrachtet, ihre Daseinsberechtigung haben und als Kunst betrachtet werden müssen. Ich freue mich jedes Mal, wenn die Filme für die neue Sendung feststehen. Mein Sichtungstag wird dann regelrecht zelebriert, ich schreibe mir dann auch Fragen auf – und es ist jedes Mal eine große Inspiration.
Einige Filmschaffende waren schon mehrmals mit ihren (neuen) Werken in der Sendung. Wer hat bei dir einen besonderen Eindruck hinterlassen?
In thematisch unterschiedlichen Sendungen ist bei uns wiederholt Till Krücken aufgetaucht, der selbst Rapper ist, unter dem Namen Dizzy The Kid Musik herausbringt, Musikvideo-Regisseur und Filmemacher ist. Ich bin immer total begeistert, was er so abliefert. Er kommt ursprünglich aus Ost-Berlin und ist in Erfurt aufgewachsen.
Kreative Kollektive, prekäre Arbeitsverhältnisse und Klimawandel sowie Nachhaltigkeit am Set waren einige Themen der letzten „unicato“-Sendungen. Kann der Kurzfilm Impulse zur Lösung gesellschaftlicher Probleme geben?
Unbedingt! Ich stelle auch fest, dass Politisierung im Kurzfilm in den letzten Jahren eher zu- als abgenommen hat – dem tragen wir auch Rechnung in der Redaktion. Wir sind politisch engagiert und interessiert und sehen es als unsere Aufgabe an, Duftmarken oder Reizpunkte zu setzen und zu Diskussionen anzuregen. Das ist uns wichtig – auf jeden Fall. Die Rückmeldungen darauf sind seitens unserer Zuschauer extrem gut.
https://www.youtube.com/live/AbPa5C9IMPw?feature=share
Die „unicato Kurzfilmnacht“ fand letztes Jahr unter deiner Moderation das erste Mal statt. Wie hast du die Kulturarena und Jena wahrgenommen?
Als Mitausrichter der Kurzfilmnacht sollte ich sie moderieren und dachte mir: „Das ist doch eine spannende Idee, das mache ich gerne.“ Ich dachte, dass in dem Rahmen bei einem Festival unter freiem Himmel 200 bis 300 Leute auftauchen. Das ist ja eine überschaubare Anzahl – wie immer, wenn es um Kurzfilme geht (lacht). Ich habe da auch gar nicht weiter nachgefragt zur Größenordnung oder worauf ich mich einstellen muss. Für mich war es sonnenklar: Es wird ein intimer kleiner Rahmen und ich brauche noch nicht mal ein Mikrofon, weil mich alle hören können (lacht). Dann kam ich da hin und sah, wie der Theatervorplatz voller und voller wurde – ausverkauft. Wir fanden es mega, dass es gelungen ist, so eine Veranstaltung zu etablieren und ein Publikum in dieser Größenordnung zu mobilisieren. Das fand ich beeindruckend, weil solche Zuschauerzahlen sonst nur bei den großen, etablierten Kurzfilmfestivals zu finden sind. Das hat meine Erwartungen komplett gesprengt.
Was erwartet das Publikum dieses Jahr auf der „unicato Kurzfilmnacht“?
Ich finde die Mischung ganz ausgezeichnet, weil wir Filme mit thematisch ernstem Hintergrund haben, aber auch sehr unterhaltsame. Dazu zählt „Kollegen“ von Jannis Alexander Kiefer um Handwerker, die in einer ländlichen Idylle arbeiten. Dann kommt eine Filmproduktion in diesen Ort und sie müssen Hakenkreuze aus Holz zusammensägen. Der ist total cool. Dann freue ich mich noch auf „Ding“ von Pascale Egli. Hier geht’s um Objektophilie, also Liebe zu Gegenständen. Wir mussten beim ersten Schauen überlegen: Ist das ernst oder eine Mockumentary was wir gerade sehen? Das ist genau die Schwelle, auf die ich mich schon freue, wenn man so einen Film vor dem Publikum zeigt – und ich werde in den Gesichtern der Leute ablesen können, dass es ihnen erst einmal genauso geht wie uns. Im weiteren Verlauf hat der Film unfassbar intime und berührende Momente – und das zu einem Thema, das total abseits ist. Das kann Kurzfilm halt: So ein Thema setzen, auf eine bestimmte Art und Weise bearbeiten und neue Horizonte eröffnen. Ich hatte 1000 Fragen an den Film, was den Inhalt und die Umsetzung betrifft und da Pascale Egli und Kameramann Michael Schwendinger, die zwei Filmemacher, anwesend sein werden, freue ich mich schon auf das Gespräch.
Das klingt ja schon, als könnte das etwas ausufern …
Wir versuchen uns dabei schon kurz zu fassen. Die Stars sind die Kurzfilme und die Filmschaffenden, die entsprechend Raum bekommen – und sonst wollen wir schon erreichen, dass sich das gut und unterhaltsam „wegguckt“.
Besonders in den 90er Jahren hattest du zahlreiche Begegnungen mit der Musik-Prominenz. Verbinden dich auch heute noch Freundschaften mit ihnen?
Das gibt es vereinzelt schon noch. Aber ich habe auch damals zuallererst meine Aufgabe als Musikjournalist wahrgenommen und bestimmte Leute häufiger getroffen – dabei haben sich ganz automatisch Freundschaften entwickelt, weil man ähnlich tickt. Aber zu der Zeit habe ich schon versucht, eine journalistische Distanz zu wahren. Nur ganz, ganz selten habe ich Leute, die ich interviewte, zu mir nach Hause eingeladen, besuchte sie zu Hause oder wir haben gemeinsam was unternommen. Mein privater Freundeskreis macht beruflich alles Mögliche. Er ist weder durch meinen Beruf entstanden noch sind von außen Leute in diesen Freundeskreis gekommen, die ich angeschleppt habe, weil ich ihre Musik cool finde. Mir hat es auch immer ganz gut getan, die nötige Erdung zu finden bei meiner Family und meinem Freundeskreis, weil mein Job zwischendurch schon der totale Irrsinn war. Weil man zwischendurch quer durch die Welt jettet, hier mal Michael Jackson die Hand schüttelt, da mal von David Bowie oder Depeche Mode umarmt wird. Und wenn du dann nach Hause kommst und auch noch mit Stars und Sternchen abhängst, kannst schon einmal durchdrehen.
Apropos: Du hast vor ein paar Jahren ein Buch über Depeche Mode veröffentlicht. Hast du schon eine Rückmeldung der Band bekommen?
Das Buch kam dummerweise 2020 zur Pandemiezeit heraus und eigentlich war geplant, dass ich es bei der nächsten Gelegenheit persönlich überreiche – aber die gab es auch beim Konzert in Berlin bisher nicht. Irgendwann werde ich eine Möglichkeit finden, ihnen das Buch in die Hand zu drücken. Über zwei, drei Ecken ist aber zu mir vorgedrungen, dass es wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde, diverse Passagen wurden der Band übersetzt. Wenn ich Dave (Gahan, Frontmann von Depeche Mode, Anm. d. Red.) treffe, dann herzt man sich halt und ich weiß, dass ihm das Buch wahrscheinlich gut gefallen würde. Denn es wird ja auch nicht draufgehauen und es werden keine Intimitäten ausgeplaudert. Ich habe darauf geachtet, dass ich respektiere, was off camera und halb-privat erzählt wurde – und das steht auch nicht drin in dem Buch.
Welche musikalischen Empfehlungen hast du denn aktuell für den Sommer?
Was ich gerade sehr gerne höre, ist ein Electro-Pop-Duo aus Brooklyn, die heißen R. Missing. Das hat schon einen gewissen 80er-Jahre-Electro-Pop-Geist, ist aber auch im Hier und Jetzt mit ganz tollen kompositorischen und Songwriter-Fähigkeiten. Das war für mich eine der Entdeckungen in den letzten zwei Jahren. Noch ein Duo aus New York: Beacon. Ich höre zu etwa 80 Prozent gern elektronische Musik. Und da fällt mir noch PJ Harvey ein, die dieses Jahr eine tolle Platte gemacht hat – die kann ich allen Leuten ans Herz legen. (Kurze Pause) Und da gibt es noch diese Nachwuchskünstler aus Basildon. Depeche Mode heißen die. Die haben auch eine total tolle Platte dieses Jahr gemacht. Wer die noch nicht kennt: einfach mal reinhören (schmunzelt).
Hard Facts:
- Beach unicato Kurzfilmnacht: 15. August, 21 Uhr (Einlass ab 20 Uhr)
- Theatervorplatz, Jena
- Mehr: www.mdr.de/unicato/index.html
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