Frau Sund ist Lehrerin aus Leidenschaft, zumindest, bis ihr Leben ins Wanken gerät und sie neu verhandeln muss: mit ihrer Berufung, ihrer Klasse und ihren Vorstellungen von Schule. „Sechzehn“ erzählt von Träumen, von Freundschaft und von Liebe. Verknüpft die Geschichten von 16 Schülerinnen und Schülern und ihrer Lehrerin und entblättert ihre Leben in ihren individuellen Lebensumständen und im Lebenskosmos Schule. “Sechzehn. Das Leben ist so. Oder anders.“ So lautet der Titel des Romans, den die ehemalige Lehrerin, freie Dozentin und Autorin Manu Wicher im September im Proof-Verlag herausgegeben hat. Wir sprachen mit ihr in ihrer Heimat Erfurt-Gispersleben über ihr Buch, ihre frühere Arbeit in Schulen und die Bedeutung von Menschlichkeit.
Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung deines Buchs mit dem Proof-Verlag. Du hattest einige Lesungen in den vergangenen Wochen. Wie war dieses Erlebnis für dich, mit dem frisch geborenen Buchbaby vor Publikum aufzutreten?
Es war sehr, sehr, sehr aufregend. Ich bin immer aufgeregt, wenn ich vor Menschen rede, denn ich bin eher introvertiert. Aber als es dann losging war es einfach schön. Und als es zu Ende war, war es noch schöner, weil viel positive Resonanz kam. Für die Lesung hier bei uns in Gispersleben hatte mich unsere Ortsteilbürgermeisterin Anita Pietsch eingeladen und ich hätte gar nicht gedacht, dass so viele Menschen kommen würden. Es war komplett voll und es mussten noch Bierbänke hereingeschleppt werden – das war super.
Wann hattest du die Idee für „Sechzehn“ eigentlich? Und wie lange hat das aktive Schreiben gedauert?
Das ging relativ zügig. Ich bin ein Schnellschreiber, aber auch diszipliniert und konzentriert. Ich schreibe in der Frühe zwei bis drei Stunden, drucke das dann aus und lese es am Nachmittag. Am nächsten Morgen überarbeite ich das noch mal. Geschrieben habe ich ungefähr ein halbes Jahr, aber das Überarbeiten dauert lange. Ich hatte vor „Sechzehn“ schon zwei andere Sachen geschrieben, aber das war das erste Buch, bei dem mein ältester Sohn gesagt hat: „Mama, ich schicke das jetzt einfach an Verlage. Das muss raus!“ Ich hatte ihn gebeten, dass er kleine Verlage in Thüringen anschreibt. Intuitiv habe ich mich dann für den Proof-Verlag entschieden und es war eine gute Entscheidung.
Inwiefern hat dich deine Arbeit in Bildungseinrichtungen und mit Schüler:innen für „Sechzehn“ inspiriert?
Ich glaube, dass alle, die schreiben, aus der Wirklichkeit, die sie umgibt, schöpfen. „Sechzehn“ ist total fiktiv, die Protagonistin Frau Sund ist auch nicht mein Alter Ego. Aber in allen Geschichten findet sich die Wahrheit wieder. Ich war super gerne Lehrerin, aber ich habe im Studium schon gesagt: Ich werde, bis ich 50 bin arbeiten, gehe danach in die Erwachsenenbildung und schreibe. Die Handlung spielt zwar in der Schule, aber es ist kein Schulbuch, finde ich. Es ist eigentlich ein Menschenbuch. Das, was Schule betrifft, erzählt die Protagonistin Frau Sund. Die anderen Geschichten sind die der einzelnen Schüler:innen. In meiner Berufslaufbahn habe ich es oft erlebt, dass Lehrer:innen nicht selten die Klasse lediglich als „die Klasse“ sehen. Aber nein, das sind alles einzelne Schüler:innen, einzelne Menschen und hinter denen stecken einzelne Geschichten.
Passend zum Begriff „Menschenbuch“: Auf dem Umschlag lesen wir: „Weil die Menschlichkeit das Einzige ist, was uns retten kann.“ Wie definierst du Menschlichkeit für dich? Welche Bedeutung hat Menschlichkeit in „Sechzehn“?
Die Erfurter Autorin Manu Wicher veröffentlichte dieses Jahr ihr Erstlingswerk „Sechzehn. Das Leben ist so. Oder anders.“ Foto: Herr und Frau Nolle Ein Buch übers Menschsein Ich glaube, Menschlichkeit ist wirklich das Einzige, was uns als Menschen ausmacht. Wir haben mehr Dinge gemeinsam, als uns trennen. Der Grundgedanke des Buches ist eigentlich: Alles ist miteinander verbunden. Deswegen haben wir das Cover und die Seiten auch gestaltet wie ein Wollknäuel, was sich durch die gesamten Geschichten zieht, aufdröselt, wieder kleine Knötchen formt. Wobei eine Geschichte unerzählt bleibt. Ich glaube, Menschlichkeit macht aus, dass wir aufeinander schauen. Dass keiner aus diesem Netz fällt. Das ist meiner Meinung nach unsere Aufgabe als Mensch, über die wir uns definieren sollten. Menschlichkeit ist unsere Gabe und unsere Verantwortung.
Wir lesen in „Sechzehn“ nicht nur aus der Perspektive von der Lehrerin Frau Sund, sondern auch von den einzelnen Schüler:innen. Warum hast du dich entschieden, so viele Perspektivwechsel zu benutzen?
Und wie kommt man da beim Schreiben nicht durcheinander? (Lacht) Ich wollte eigentlich jeder Figur eine eigene Stimme geben, auch von der Erzählweise und der Intonation her. Deswegen besitze ich ein zerfleddertes Büchlein, worin ich die Figuren skizzierte und in welche Richtung sie sich entwickeln sollen. Und wenn eine Figur fertig war, lies ich die auch erstmal in der Schublade und bin in die neue Figur reingeschlüpft.
Wie schaut es mit Zukunftsplänen aus? Welche Projekte gibt es, auf die wir gespannt sein dürfen?
Ein weiteres Manuskript habe ich dem Proof-Verlag bereits zugeschickt und positives Feedback bekommen. Es ist ein Jugendroman und das Lieblingsbuch meiner Kinder. Hier geht es um Sinnsuche, Liebe, Drogen und Polizeiwillkür. Es geht um Ausweglosigkeiten und Chancen, um Orientierungslosigkeit und Verantwortung. Mit dem Arbeitstitel „Die ganze Sache mit dem Leben“ liegt noch ein fertiges Manuskript in der Schublade. Das ist eine Frauengeschichte über die Irrtümer des Lebens. Trotz tragischer Momente zeigt die Geschichte, welche Wucht und Kraft in Freundschaften und Liebe stecken kann. Es ist sehr persönlich und ganz anders als die beiden anderen. Ich bin gespannt, welche Idee mich demnächst besucht. Inspirationen zum Kreativsein gibt es ja an jeder Ecke.
Hardfacts:
- Nächste Lesung: 10. Januar | 18 Uhr | Bürgerhaus in Kleinmölsen
- Mehr: proof-verlag.de | www.schreiben-und-so-kram.com
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