Am 1. März 1872 wurde der weltweit erste Nationalpark, der Nationalpark Yellowstone in den USA, gegründet. 150 Jahre wird er in diesen Tagen alt – er und damit auch „Amerikas beste Idee“, wie sie von vielen Waldfreunden genannt wird. Heute gibt es knapp 4.000 Nationalparks weltweit. Kaum eine andere Idee hat so vielen Menschen die Natur nähergebracht und sie die Natur erleben lassen.
Thüringens hat acht Naturschönheiten zu bieten
Bereits bei der Gründung des ersten Nationalparks entstand der Entschluss zur Mehrfachaufgabenstellung an Nationalparke. „Natürlich standen der Schutz und die dauerhafte Erhaltung einer einzigartigen Landschaft in ihrer Ursprünglichkeit an erster Stelle. Aber auch die Schönheit und Erhabenheit, die erst dadurch erfahren werden kann, dass Menschen sie betrachten, machte die Nationalparklandschaft so populär“, wie Cornelia Otto-Albers vom Nationalpark Hainich sagt. „Diese bipolare Aufgabenstellung hat sich bis heute erhalten und weiterentwickelt: Der Schutz der Natur so wie sie ist und ihre natürliche Entwicklung stehen im Mittelpunkt. Die Einteilung in gute oder schlechte Entwicklungen, das Bezeichnen von Arten als Nützlinge oder Schädlinge, sogar die Begriffe Nutzen, Schaden oder gar Katastrophe existieren in der Betrachtung der Lebensvorgänge in einem Nationalpark nicht. Genau diese sich entwickelnde Wildnis bietet zahlreichen seltenen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten eine letzte Zuflucht.“
Wir sind stolz
Bis nach Deutschland ist die Nationalparkidee erst etwa 100 Jahre später gelangt. So ist der Nationalpark Bayerischer Wald mit 52 Jahren Deutschlands ältester Nationalpark. Sein erster Leiter, Hans Bibelriether, hat die Zielstellung aller deutscher Nationalparke in einer griffigen Wortgruppe zusammengefasst: „Natur Natur sein lassen“ Diesem Grundsatz ist auch der Nationalpark Hainich verpflichtet. Im kommenden Jahr feiert das UNESCO-Naturerbe seinen 25. Geburtstag, was Nationalparkleiter Manfred Großmann ganz besonders freut. „Wir sind stolz, zur großen Familie der Nationalparke zu gehören. Uns alle verbindet der Mut zum Nichtstun und ohne lenkende Eingriffe des Menschen den natürlichen Prozessen freien Lauf zu lassen. Das ist für die Bewahrung der Arten- und Lebensraumvielfalt in der heutigen Zeit wichtiger denn je.“
Der Hainich ist Thüringens einziger Nationalpark. Damit steht das geschützte Waldgebiet aber nicht allein da. Insgesamt fünf Naturparks und zwei UNESCO-Biosphärenreservate gibt es im Freistaat. Im Gegensatz zu Nationalparks stellen Naturparks Landschaftsräume dar, die bewirtschaftet sind und durch menschliche Eingriffe geprägt wurden. Ähnlich wie UNESCO-Biosphärenreservate, die für eine besondere Verbindung von Natur- und Kulturlandschaft stehen – und dies mit internationaler Bedeutung, weil sie für einen besonderen Naturraum repräsentativ sind. Dem Schutz der Natur haben sie sich jedoch alle Gebiete verschrieben – aber auch für Ausflügler bietet Thüringen mit acht nationalen Naturlandschaften ein reichhaltiges Angebot. Wir wollen dies schützenswerten Lebensräume deshalb einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Naturpark Kyffhäuser
Der Naturpark Kyffhäuser im Norden von Thüringen ist geprägt durch eine große Artenvielfalt und abwechslungsreiche Landschaften – von Wald über Streuobstund Feuchtwiesen, Steppen und steile Gipshänge. Dazu gehört nicht nur der Kyffhäuser als kleinstes Mittelgebirge Deutschlands. Der Naturpark führt in die Goldene und Diamantene Aue hinein, bis zur Wind- und Hainleite. Hier leben zahlreiche geschützte Tierarten wie Wildkatze, Feuersalamander oder Fledermäuse – 20 der 24 Arten, die in Deutschland vorkommen, sind in der Kyffhäuserregion heimisch. Mehr als 1.300 Pflanzenarten wachsen im Naturpark. Davon allein 35 Orchideenarten auf den Salzwiesen. Schon seit Jahrhunderten prägt das Salz der Solequellen auch die kulturelle wie wirtschaftliche Entwicklung des Heilbads Bad Frankenhausen und der Naturparkregion. Das gut ausgeschilderte Wander- und Radwegenetz mit dem ausgezeichneten Wanderweg Kyffhäuserweg führt nicht nur zu Naturschönheiten, sondern auch zu zahlreichen kulturellen Sehenswürdigkeiten.
Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal
Ein Naturpark. Drei Landschaften. Mitten in Deutschland. Der Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal erstreckt sich mit seinen 858 Quadratkilometern über drei Landkreise und ist bereits 1990 durch das Nationalparkprogramm der DDR geschützt worden. Per Verordnung vom 30. November 2011 erhielt er endgültig das Prädikat Naturpark. Er fasst die westlichen und nordwestlichen Randlagen des Thüringer Beckens zwischen Eisenach und Heiligenstadt zu einem Schutzgebiet zusammen und enthält Teile vom Eichsfeld, Hainich und Werratal. Innerhalb des Parks, der den Nationalpark Hainich einschließt, wohnen rund 70.000 Einwohner in 106 Ortschaften.
Das Gebiet grenzt im Westen an die hessische Grenze und bietet auf gut markierten Wanderwegen wie den Hainichlandweg, den Werra-Burgen-Steig oder dem Wildkatzenpfad Naturerlebnis pur. Die Lebensräume sind sehr vielfältig. Neben ausgedehnten naturnahen Laubmischwäldern bietet der Naturpark vielfältige Kulturlandbiotope, seltene Tiere wie die Wildkatze und bunte Pflanzenarten wie den Frauenschuh – eine einheimische Orchideenart.
Naturpark Südharz
Der Naturpark Südharz liegt im Landkreis Nordhausen und ist seit Dezember 2010 der fünfte Naturpark in Thüringen. Mit 267 Quadratkilometern bietet er auf kleinstem Raum ab wechslungsreiche Landschaften: Die ersten Höhen des Harzes treffen auf den Zechsteingürtel, durch den sich eine außergewöhnliche Karstlandschaft entwickelt hat. Buchenwälder, sanfte Hügellandschaften, tiefe Täler mit mystischen Felsformationen durchschneiden die Landschaft. Blühende Bergwiesen und Magertrockenrasen sind Lebensraum seltener Tiere und Pflanzen. Es wachsen Orchideen in voller Blütenpracht, der Schwarzstorch hat einen Rückzugsort gefunden und es teilen sich Feuersalamander sowie zahlreiche geschützte Fledermausarten den Wald. Naturliebhaber können den Naturpark zu Fuß, mit dem Rad, zu Pferd oder gemütlich mit den Harzer Schmalspurbahnen kennenlernen. Wer die Fahrt mit einer nostalgischen Dampflok mit einer Wanderung verbinden möchte, kann auf den verschlungenen Pfaden des „Südharzer Dampflok Steig“ die Region erkunden.
Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale
Er wird von der Saale durchflossen und umfasst das Gebiet um Loquitz, Sormitz und den Rennsteig im östlichen Thüringer Schiefergebirge, die in Thüringen liegende Nordabdachung des Frankenwaldes und den Westen des Ostthüringer Schiefergebirges. Zwischen den Wäldern des Rennsteigs und den Burgen der Saale. Im Thüringer Schiefergebirge dominieren Schattierungen von Blau. Blau wie das Wasser der Saale, der Himmel über der Landschaft und das Schiefergestein, das der Region den Namen gab.
Das Gesamtgebiet des Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale umfasst 800 Quadratkilometer in den Kreisen Saalfeld-Rudolstadt und Saale-Orla. Hier fühlen sich Tiere wie der Feuersalamander oder der Rauhfußkauz zu Hause, die steilen Hänge sind dicht bewaldet und immer wieder trifft man auf Wasser: an Teichen und Bächen, an der noch jungen Saale und am „Thüringer Meer“ mit über 70 Kilometern Staulänge Europas größtes zusammenhängendes Stauseegebiet. Neben dem Hohenwarteund Bleilochstausee gelten das Plothener Teichgebiet sowie die Orlasenke mit Orchideenwiesen als besondere Attraktion.
Naturpark Thüringer Wald
Der Naturpark Thüringer Wald umfasst den Gebirgszug des Thüringer Waldes, Teile des Thüringer Schiefergebirges und der Vorländer. Dabei erstreckt er sich keilförmig von Sonneberg und Saalfeld im Südosten nach Eisenach im Nordwesten. Mit einer Größe von über 2.200 Quadratkilometern ist er räumlich die größte nationale Naturlandschaft in Thüringen und bietet mit seinen Mittelgebirgsgebieten reizvolle Bilder. Farbenprächtige Bergwiesen, dunkle Bergfichtenwälder, einsame Bergkuppen und klare Gewässer prägen das Landschaftsbild.
Die Winter auf dem Rennsteig sind kalt. Die mittleren Januartemperaturen liegen bei circa minus drei Grad, was viel Schneevergnügen verspricht. In den Gebieten um Oberhof sowie Neuhaus/Masserberg sind Schneehöhen über einen Meter keine Seltenheit. Weithin bekannt und ganzjährig beliebt ist der Rennsteig, ein traditionsreicher Höhenwanderweg. Besucher folgen dem über 700 Jahre alten Pfad von Hörschel an der Werra über Eisenach durch den Thüringer Wald, das Thüringer Schiefergebirge und den Frankenwald bis nach Blankenstein an der Saale.
Biosphärenreservat Rhön
1991 wurde die Rhön von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt. Mit einer Fläche von knapp 2.500 Quadratkilometern erstreckt es sich über die Bundesländer Bayern, Hessen und Thüringen. Ziel des Biosphärenreservates ist es, die natürliche und kulturelle Vielfalt in der Röhn zu schützen. Aber auch das Wanderwegenetz ist vielfältig. Besonders hervorzuheben ist der „Hochröhner“, das Aushängeschild für die gesamte Region. Seit 2006 verbindet der vom Deutschen Wanderinstitut als Premiumweg zertifizierte Wanderweg mit einer Gesamtlänge von 173 Kilometern zwischen Bad Kissingen und Bad Salzungen die attraktivsten Naturlandschaften und Sehenswürdigkeiten der Rhön miteinander.
Biosphärenreservat Thüringer Wald
Im Jahr 1979 wurde das Vessertal durch die UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt. Seitdem gehört es zum Weltnetz der Biosphärenreservate. Es hat eine Fläche von 337 Quadratkilometern, die sich vor allem aus Wäldern, Bergwiesen, aber auch aus Hochmooren zusammensetzt. Das heutige Reservat ist ein charakteristischer Landschaftsausschnitt aus dem Thüringer Wald und wird komplett vom Naturpark Thüringer Wald umschlossen. Es zeichnet sich durch viele Wälder und hohen Berge aus. Mit dem Große Beerberg, dem Schneekopf und dem Große Finsterberg liegen einige der höchsten Erhebungen Thüringens im Gebiet.
Die Talgründe werden von artenreichen Talwiesen eingenommen. Aufgrund der landschaftlichen Schönheit hat der Tourismus hier Tradition. Der Rennsteig verläuft auf 30 Kilometern durch das Gebiet, das jährlich tausende Naturliebhaber anlockt. Die beliebtesten Ziele sind der Kickelhahn bei Ilmenau, der Schneekopf bei Gehlberg sowie die Stutenhausstraße bei Vesser.
Nationalpark Hainich
Der Nationalpark Hainich wurde am 31. Dezember 1997 gegründet. Eines der wichtigsten Ziele des 75 Quadratkilometer großen Parks ist der Schutz des heimischen Buchenwaldes. Seit dem 25. Juni 2011 zählt der Nationalpark Hainich zum UNESCO-Weltnaturerbe. Als besonderes Highlight gilt der Baumkronenpfad, auf dem man den Urwald mal aus einer ganz anderen Perspektive kennenlernen kann. Rad- und Wanderwege, Erlebnispfade, Ausstellungen und ein reiches kulturelles Umfeld laden zu jeder Jahreszeit ein. Zentral in Deutschland gelegen, ist der Hainich – einzigartig für einen Nationalpark.