Im Juli startet die Thüringer CSD-Saison. Den Anfang macht der CSD in Altenburg am 10. Juli. Peu à peu folgen dann weitere Aktionstage in vielen Thüringer Städten. Wir haben deshalb vorab mit Theresa Erthel gesprochen. Sie ist eine der Koordinatorinnen des CSD Jena und arbeitet beim CSD Thüringen mit, ist dort unter anderem als Pressesprecherin tätig.
Wofür geht man beim CSD auf die Straße?
Für die Vielfalt der Liebe und Geschlechter und natürlich um für mehr Vielfalt, für die Sichtbarkeit von LSTBIQ* und gleiche Rechte für alle zu kämpfen.
Warum ist das auch in der heutigen Zeit noch wichtig?
Ich würde nicht sagen, dass es jetzt wichtiger ist als vor zehn Jahren. Wir haben in vielen Bereichen immer noch nicht die gleichen Rechte und die Gleichstellung, erfahren strukturelle Diskriminierung und viele auch zu wenig Sichtbarkeit. Das Transsexuellen-Gesetz ist ein aktuelles Beispiel. Dies wurde erst vor kurzem im Bundestag diskutiert und bedeutet, dass Menschen die trans sind, einen sehr diskriminierenden Weg gehen müssen, um ihren Personenstand zu ändern. Das soll durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden, was mehr Rechte und weniger Diskriminierung bringt. Im Grunde besagt es, dass jede:r selbst bestimmen kann, welches Geschlecht der-/diejenige hat. Wenn wir aufs Standesamt gehen und unser Geschlecht ändern möchten, sollte es unkompliziert sein.
Auf wen soll alles durch den CSD aufmerksam gemacht werden?
Wir kürzen es immer mit LSBTIQ* ab. Das ist die Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-, Inter- und alle Queere Menschen. Außerdem schreiben wir dahinter noch ein Sternchen, um darauf aufmerksam zu machen, dass es noch viele weitere Richtungen gibt als die Buchstaben, die wir in unserem Akronym untergebracht haben. Es geht beim CSD um alle Menschen, die nicht in die „Norm“ passen, dahingehend dass sie nicht heterosexuell sind, oder sich nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren (Männlich oder Weiblich).
Diese Gruppen sind vor dem Gesetz bis heute nicht gleichgestellt, erfahren in der Öffentlichkeit Diskriminierung oder sind auch einfach nicht sichtbar. Es gibt viele Menschen, die wissen gar nicht, dass es nichtbinär als Geschlechtszuordnung gibt – Menschen, die sich nicht in das Männlich/Weibliche einsortieren können. Wir wollen Sichtbarkeit schaffen, dass es mehr gibt als nur Mann, Frau, Heterosexuelle und Vater-Mutter-Kind-Familien.
Der Ursprung des Cristopher Street Day liegt in New York und schon fast 52 Jahre zurück. Seit wann gibt es eigentlich den CSD Thüringen?
Der CSD Thüringen ist ein Zusammenschluss der Thüringer CSDs. Die ersten CSDs, die unter dem Label CSD Thüringen liefen, fanden ungefähr vor 15 Jahren statt. Diese entwickelten sich weiter und die CSDs Erfurt, Weimar, Jena, Gera, und jetzt neu, in diesem Jahr Altenburg, wurden gegründet. CSD Thüringen ist ein Format, bei dem wir uns vernetzten. Letztes Jahr hat dieses Format beschlossen, gemeinsam den CSD zu machen. Wir wollten keine fünf kleinen CSDs machen, da uns die Corona-Situation zu heiß war.
Wir beschlossen, einen großen CSD für Thüringen zu machen. Also vernetzten wir uns, stellten gemeinsam Forderungen auf und veranstalteten eine große Demo. Das war großartig und machte uns allen viel Spaß – war aber eher die Coronavariante. Was aber auch schon davor bestand und was wir auch weiter bestehen lassen möchten, ist dass wir gemeinsam Forderungen an die Politik und Entscheidungsträger:innen erheben. Wir sprechen mit gemeinsamer Stimme und vernetzen uns stark miteinander. Trotz dessen finde ich es wichtig, dass die einzelnen Orte ihre eigenen Demos machen, um vor Ort präsent zu sein.
Was passiert bei den Demonstrationen, wie laufen die ab?
Der lokale CSD ist eine Kundgebung, eine Demonstration. Es gibt bereits zwei Wochen zuvor ein Rahmenprogramm, d.h. über diese zwei Wochen finden Veranstaltungen für verschiedenste Menschen statt. Wir machen dann z. B. was in einem Jugendzentrum oder was Öffentliches. Die Thema ist schon der Christopher Street Day, es geht aber auch um Einbindung und Vorbereitung des CSDs.
Der klassische CSD findet dann meistens an einem Samstag statt. Wir ziehen mit einem Demonstrationszug durch die jeweilige Stadt. Davor und/oder danach gibte es ein Straßenfest, bei dem sich lokale und regionale Organisationen, die queer oder queernah sind, vorstellen können. So entsteht auch hier nochmal ein Raum für Begegnung, Beratung, Austausch oder auch einfach Information. Wenn man beispielsweise eine queere Sportgruppe sucht, bekommt man hier die nötigen Infos. In den „coronafreien“ Jahren gibt es auch immer noch eine Aftershowparty. Mal sehen, ob wir dieses Jahr eine Lösung finden, mit der wir uns wohl fühlen. Die Corona- und gesundheitliche Sicherheit der Menschen ist uns dabei aber am Wichtigsten.
Gibt es einen Dresscode?
Der Dresscode ist der, dass alle Menschen so kommen können, wie sie sich wohlfühlen. Vorrausetzung dafür: Niemand fühlt sich angegriffen. Vom Lederdress bis hin zur Alltagskleidung oder überall Regenbogenflaggen – Der CSD soll auch ein Safespace sein, wo man sich sicher und wohlfühlt. Es sind alle Menschen willkommen, so wie sie sind.
Wie lange wird es die CSDs noch geben? Wie lange werden sie noch von Nöten sein?
Zu der einhundertprozentigen Gleichstellung, nicht nur vorm Gesetz, sondern auch in den Köpfen der Menschen, werden wir meiner Meinung nach nie hinkommen. Es wird immer Menschen geben, die Hass verspüren. Deswegen glaube ich, dass wir noch sehr lange CSDs machen, um die Vielfalt und Sichtbarkeit auf die Straße und auch in die Köpfe der Menschen zu bringen. Ich würde mich freuen, wenn wir irgendwann den Punkt erreichen, nur noch ein Fest der Vielfalt und Liebe zu veranstalten, statt der Demonstrationen. Ich glaube aber, dass das eine Utopie bleiben wird.
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Hard Facts
- CSD in Altenburg | 10. Juli
- CSD in Jena | 31. Juli
- CSD in Weimar | 18. September
- CSD in Erfurt | 9. Oktober
- CSD in Gera | Termin lag zum Redaktionsschluss noch nicht vor
- Weitere Infos im Web, auf Facebook und Instagram.
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