Alexander von Knorre war schon in seiner Kindheit gern auf Schienen unterwegs. Lebhaft erinnert sich der Kinderbuch-Illustrator noch heute an einen Nachtzug, mit dem er beim Familienurlaub als Halbwüchsiger abends in Berlin einstieg und am nächsten Morgen ausgeschlafen in Südtirol wieder aufwachte. Dieses Alpenpanorama geriet – nun erwachsen – bei seiner Fahrt zurück von der internationalen Kinder- und Jugendbuchmesse in Bologna vor einigen Jahren etwas in Vergessenheit, denn im Bordrestaurant herrschte durch angeregte Diskussionen unter Kollegen Kneipenstimmung.
Kindgerechte Comic-Abenteuer von Alexander von Knorre
Erst als er 2019 zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern mit dem EuroCity aus dem Urlaub von der italienischen Mittelmeerinsel Elba über Florenz zurück nach München fuhr, nahm er die ehrfürchtig emporragenden Berge wieder bewusst wahr – und zwar länger als geplant. „Da der Brenner-Pass gesperrt war, wurde der Zug über eine Nebenstrecke in Österreich umgeleitet. Enge Alpentäler und weite Ebenen bildeten einen landschaftlich reizvollen Kontrast“, erinnert sich der 39-jährige Wahl-Weimarer, der daraus erste Ideen für sein neuestes Projekt entwickelte. „Zwischen aller Eisenbahnromantik und Nostalgie taucht man bei einer Zugreise auch immer ein in eine eigene, kleine, nicht zu unübersichtliche Welt.“
Der gebürtige Magdeburger hat sich auf die Gestaltung von Titelseiten, Vignetten und Illustrationen für Kinderbücher spezialisiert, zumeist in Zusammenarbeit mit erfahrenen Autorinnen und Autoren. Komplett „durchillustrierte“ Veröffentlichungen sind ihm dabei die liebsten. Das Vorlesebuch „Kissenschlacht im Nachtexpress“, das gestern veröffentlicht wurde, genießt in seinem Oeuvre aber nicht nur deswegen Sonderstatus. Nach „Juli und August – Krokodil über Bord“ um eine abenteuerliche Floßfahrt ist es erst das zweite Buch, bei dem Alexander von Knorre neben den Illustrationen auch den Text beisteuerte. Und der steckt voller witziger Momente, die auch bei erwachsenen Bahnreisenden immer wieder für nickende Zustimmung und ein Lächeln sorgen.
Liebevoll und verspielt gezeichnet
Gleiswechsel in letzter Minute, abhandengekommene Rollkoffer und schnoddrige Durchsagen zu Verspätungen sind nur der Auftakt der augenzwinkernd erzählten Geschichte, in der – Achtung: Alliteration allenthalben! – das musikalische Wunderkind Kurt, seine Oma Karola, Kater Kamikatze und Kurts Schwester Karlotta zum Wettbewerb „Europa macht Musik“ nach St. Petersburg reisen. „Gerade wenn es um die technischen Details geht wie Türen, die nicht blockieren, sondern wieder aufgerissen werden können, werden beinharte Eisenbahnfans das Buch sicherlich in der Luft zerreißen, da ich mir hier einige auch dramaturgisch bedingte Freiheiten nehme“, kommentiert Alexander von Knorre trocken mit einem Grinsen, „aber andere Leser sollte das nicht weiter stören. Die Szenarien vieler Kinderbücher drohen übrigens durch den Einsatz von Smartphones und cleveren Anwendungen zu scheitern, deswegen habe ich moderne Technik in der Geschichte bewusst draußen gelassen.“
Dynamik, Mimik und Gestik der Figuren
Alexander von Knorre absolvierte während seines Studiums der Visuellen Kommunikation an der Bauhaus-Universität in Weimar ein Praktikum im Mosaik-Verlag und steuerte Illustrationen zur gleichnamigen Comic-Reihe rund um die kultigen Abenteuer der Abrafaxe bei. Das beeinflusste seinen Stil: In den comichaften Zeichnungen herrscht immer eine gewisse Dynamik, auf Mimik und Gestik seiner ebenso liebevoll wie verspielt gezeichneten Figuren mit stets mindestens einem überproportional betonten Körperteil legt er besonderen Wert. „Dabei ist mir vor allem wichtig, dass etwas passiert, sich die Handlung immer weiter entwickelt und die Figuren stimmig sind.“
Seinen Lebensmittelpunkt Weimar schätzt Alexander von Knorre vor allem für seine landschaftliche Schönheit sowie die überschaubare Größe bei einer gleichzeitig hohen Dichte an Berufskolleginnen und -kollegen. Hier ist es ihm möglich, entspannt zu arbeiten – eine wichtige Voraussetzung für den kreativen Prozess, der niemals abebbt. Denn nachdem er im abgelaufenen Jahr bei sechs Kinderbüchern namhafter Verlage die Gestaltung der Titelbilder und Illustrationen übernahm, stehen schon die nächsten Projekte an. Vorher fährt er an den Feiertagen mit der Familie aus Weimar übrigens zur Großmutter nach Magdeburg – natürlich mit dem Zug.
Hart Facts:
- Instagram Alexander von Knorre
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