My Home is my Castle“ – eine Redewendung, die gerade in Corona Zeiten immer mehr an Bedeutung gewinnt. Es ist ein Grundbedürfnis des Menschen, sich seinen eigenen persönlichen Rückzugsort so angenehm wie möglich zu gestalten. Dabei ist der Platz natürlich nicht unerheblich. Wer sich zu Hause wohlfühlen will, braucht Raum zum Entfalten. Doch genug Raum zur Selbstverwirklichung, um sich sein eigenes kleines Königreich zu schaffen, wird gerade in Ballungsgebieten und Großstädten immer teurer.
Wohnopia für bezahlbares Wohnen in Erfurt
Die Tatsache, dass etwas Lebensnotwendiges wie Wohnraum als Spekulationsobjekt dient und Investoren mit Wohnungen Rendite erwirtschaften wollen, spitzt die prekäre Situation in Städten wie Jena und Erfurt zu. Wohnen muss bezahlbar sein, sonst wird die normalverdienende Stadtbevölkerung immer weiter ins Abseits weit entfernt der Innenstädte gedrängt. In Anbetracht der immer ernster werdenden Lage ist es wichtig, nach neuen Modellen zu suchen, die Wohnraum in Innenstadtnähe nachhaltig und erschwinglich erhalten.
Eine Gemeinschaft von 0 bis 70
Das Hausprojekt Wohnopia versucht sich an solch einem Modell. In der Talstraße 15 und 16 in Erfurt will der Verein zwei alte Gründerzeithäuser renovieren und dem spekulativen Wohnungsmarkt entziehen, um nachhaltiges und bezahlbares Leben auf Dauer möglich zu machen. Wohnopia ist eine Gemeinschaft von etwa 30 Menschen zwischen 0 und 70 Jahren, die zukünftig gemeinsam in einer Hausgemeinschaft leben möchten. Zugleich will der Verein in dem Gebäudekomplex einen offenen Anlaufpunkt mit Angeboten für alle Erfurter:innen schaffen. Hierfür gründete die Gemeinschaft den Verein Talstation e.V., der eine ehemalige Gaststätte im Erdgeschoss der Häuser zur Kiez-Anlaufstelle entwickeln soll.
Ein nachhaltiges Wohnkonzept
Doch zurück zum Anfang. Alles begann laut Wohnopia-Sprecherin Christiane Welker mit einer Ausschreibung der Stadt Erfurt, die erstmalig nach Konzept und nicht nach Finanzkraft ausgerichtet war. Für die verfallenen Gebäude wurde 2019 von den Bewerbern ein Konzept verlangt, das den Ort nachhaltig entwickelt und zugleich einen offenen Raum für alle schafft. Der Zuschlag ging an Wohnopia, die in Zusammenarbeit mit dem deutschlandweit agierenden Mietshäuser Syndikat ein Modell erarbeiteten, das es ermöglicht, die Häuser gemeinschaftlich zu erwerben und in Kollektiveigentum zu überführen.
Solidarische Mieten
„Das funktioniert anders als eine Minigenossenschaft, die Mieter:innen müssen keinen Eigenanteil für etwaige Anteile zeichnen“, so Christiane. „Das Gute ist, dass Wohnopia die Gebäude als Gemeinschaft erwirbt. Sie werden somit dem Markt entzogen, die Mietwohnungen bleiben und können nicht von Investoren gekauft werden.“ Dies sichere erschwingliche Mieten auch für zukünftige Generationen, denn alle Wohnopia-Mitglieder und Hausbewohner:innen zahlen eine solidarische Miete, die nicht anhand des vorherrschenden Mietspiegels steigt, wie bei Privatwohnungen.
Suche nach Investoren
Derzeit befindet sich das Projekt in der zweiten Phase. Bis Ende des Jahres muss die Gemeinschaft der Stadt ein Finanzierungskonzept vorlegen. Dieses fuße laut Christiane auf Direktkrediten von Privatpersonen. Insgesamt wird das Vorhaben etwa 3,5 Millionen Euro kosten. Allein der Hauskauf schlägt mit 564.000 Euro zu Buche. „Mehrere 100.000 Euro haben wir bereits zusammen. Doch noch fehlt Geld“, erklärt die Wohnopia-Sprecherin und fügt an: „Deshalb sind wir auf der Suche nach Leuten, die investieren wollen.“
Stärkung der Zivilgesellschaft
Demnach kann jede:r der Gemeinschaft einen Kredit geben, sein Geld somit nachhaltig anlegen und sich nach ein paar Jahren über eine ordentliche Rendite freuen. „Interessierte können sich auf unserer Homepage informieren“, sagt Christiane, für die es ein wichtiges Anliegen ist, das Projekt nach vorne zu bringen. Denn: „Es ist eine schöne und solidarische Wohnform. Wir planen mit Wohnopia etwas Größeres, das bleibt und die Zivilgesellschaft zugleich stärkt. Nicht nur weil wir erschwinglichen Wohnraum erhalten, sondern auch, weil wir mit der Talstation einen Ort für Kultur und die Gemeinschaft schaffen, an dem jeder partizipieren kann.“
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Hard Facts
- Mehr Infos: wohnopia.wordpress.com
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