Gefühlt einmal im Jahr spielt Bernd Begemann, es gibt Kleidertausch-, Erstsemester- und Erasmus-Partys, Indie-Disco und 80er/90er-Rock-Abende, 80er/90er-Pop-Abende und 80er/90er-Drum’n-Base. Punk-Rock-Bands machen Station, Gothic-Fans kommen auf ihre Kosten und so ziemlich jeder Fachschaftsrat steckt zwei Mal im Jahr sein Budget in eine Semsterparty dort. Von welcher Location die Rede ist? Vom Rosenkeller in Jena!
Unterirdisches Gewölbe-Labyrinth statt stinknormaler Club
Der Club ist viel größer, als der Name es vermuten lässt, denn er umfasst mitnichten nur den Keller eines Hauses, es ist ein unterirdisches Gewölbe-Labyrinth: Schon der Garderobenbereich ist von Bögen geprägt, dann steigt man Treppen hinab, kann zu einer Seitenbar abbiegen oder sich die drei größeren Feier-Keller mit der Hauptbar und ihrem Legendären Riesenschild erschließen. Darauf steht: Kleinjena. Eigentlich ein Ortsteil von Naumburg, ist es doch genauso Synonym für den Kosmos Rosenkeller.
Ein Muss für jeden Jenaer Studenten
Überall hängen Plakate aus vergangenen und gegenwärtigen Zeiten, es gibt sehr viel Naturstein und noch mehr Pils. Manchmal gibt es auch Cocktails, und wer in dieser engen Unterwelt lieber bei Mineralwasser bleibt, der wird genauso bedient. Wer an der Friedrich-Schiller-Universität irgendwann einmal irgendwas studiert hat, und sei es nur ein Semester gewesen, war jedenfalls mindestens einmal dort. Löchrige Erinnerungen und verkaterte Erstsemester im Modul „Romantik in Katerstimmung: Ludwig Tiecks `Kindermärchen in drei Akten´“ (das findet sich in diesem Semester übrigens wirklich im Vorlesungsverzeichnis der Friedrich-Schiller-Universität)? Blame it on the Rose!
Alt, aber definitiv nicht langweilig
Gegründet wurde einer der urigsten, ältesten und bis heute studentischsten Studierendenclubs des Landes in der frühen DDR: 1965 starteten Studierende, die man damals noch Studenten nannte, Ausgrabungen im Keller des Studentenhauses „Zur Rosen“. Sie studierten vornehmlich Agrarwissenschaft, ein Fach, das 1989 so ziemlich als erstes abgewickelt wurde, in der DDR aber großes Ansehen genoss. Der Gebäudekomplex „Zur Rosen“, dessen Keller die Studenten freilegten, war bereits seit Jahrhunderten gastronomischer Treffpunkt für Lehrende und Lernende. Im Mai 1966 eröffneten die Studenten im Gewölbe einen Club. Im 21. Jahrhundert wurde der unterirdische Club mit einer weiteren erschlossenen „Tonne“, wie man so einen Kellerraum auch nennt, vergrößert, auch sie in ehrenamtlicher Arbeit der Vereinsmitglieder erschlossen. Mittlerweile können bis zu 500 Menschen darin feiern, bis es draußen wieder hell ist.
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Erhalt dank ehrenamtlicher Helden
Denn ja, seit mehr als 50 Jahren bewirtschaftet kein gewinnorientierter Gastronom den Laden, sondern ein gemeinnütziger Verein. Dem kann jeder beitreten. Und so hat, seit jeher, so manch schüchterner Soziologiestudent mit Plattenkoffer festgestellt, dass er mit seiner Musikauswahl Gleichaltrige in Ekstase bringen kann. Andere können auch nachts um drei noch die schönsten Schaumkronen zapfen, dritte wiederum auch bei mehr als 500 Jacken den Überblick in der Garderobe behalten. Ohne all die ehrenamtlichen Talente wäre dieser soziokulturelle Hotspot Jenas nicht denkbar. Das dankende Publikum ist meist zwischen 16 und 32. Doch spielt Bernd Begemann, dann kommen auch diejenigen, die die dreißiger schon hinter sich gelassen haben und regelrecht nostalgische Erinnerungen mit dem Kellerlabyrinth verbinden.
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Bei lauen Temperaturen entspannt im Biergarten sitzen
In Zeiten steigender Mieten sind konstante Bierpreise in einer studentisch geprägten Stadt viel wert. Auch darauf achtet der Rosenkeller e.V. Und wenn es die Außentemperaturen zulassen, kann man vor dem Kellerabgang nicht nur Luft schnappen und Details des Abends diskutieren, sondern auch dort noch etwas zu trinken bekommen – denn in den Sommermonaten öffnet der Verein im Innenhof des Rennaissanceensembles einen der entspanntesten Biergärten der Stadt.