„Ich wollte schon gern ein Star werden“, gibt der ehemalige DDR-Musiker Andre Bauer zu. In seiner Stimme liegt Wehmut. Damals war es für Bands nicht leicht den richtigen Weg in die Musikwelt zu finden. Einige Sachen bereue der 55-Jährige, andere haben ihn stark geprägt. Von musikalischen, wie auch persönlichen Höhen und Tiefen handelt das Buch „The Dream behind the Wall – Die Story eines DDR-Amateurmusikers“ von Bauer, welches 2019 als zweite Auflage im Blueprint Verlag Weimar erschienen ist. Es geht um eine DDR-Jugend mit Rockmusik, den Alltag einer Band damals und auch diverse Anekdoten werden erzählt. Bevor im Herbst dieses Jahres dann die dritte Auflage des Buches, welche erweiterte Bilder und Infos erhält, erscheint, erzählt uns Andre Bauer von seinen Anfängen als Musiker. Ebenfalls im Herbst soll auch eine Doku auf Grundlage der Themen seines Buches im deutschen Heimatsender zu sehen sein.
„Mir wurde im Musikunterricht immer gesagt, dass ich eine schöne Stimme habe“
1968 wurde Bauer in Apolda geboren, 2006 zog es ihn schließlich nach Jena, wo er seitdem lebt. Aufgrund körperlicher Einschränkungen beziehe Bauer seit 2009 Erwerbsminderheitsrente, vorher habe er als Hotelfachmann gearbeitet. Gesungen habe Bauer schon immer gern. „Mir wurde im Musikunterricht früher immer gesagt, dass ich eine schöne Stimme habe“, ergänzt er. Mit elf Jahren sei er dann schließlich ins Gespräch mit einem Klassenkameraden gekommen, der Klavier und Bass gespielt habe. Als dann noch ein Schlagzeuger und zwei Mädchen, die Akustikgitarre spielten, dazukamen, habe sich seine erste Band fast wie von selbst gegründet.
Ihr Name „Sisyphus“ sei durch eine Platte der Rockband City inspiriert gewesen. Eines der Lieder habe den Namen „Sisyphus“ gehabt. Dem DDR-Staat sei der Bandname jedoch ein Dorn im Auge gewesen, da er zu unkonventionell für die damalige Zeit gewesen sei. Durch unschöne Umstände habe sich die Band im Jahr 1985 dann aufgelöst. Kurz darauf sei Bauers ehemalige Musikgruppe „The Vamps“ geboren wurden.
Kein leichter Alltag
„Sisyphus“ habe damals regelmäßig in einem Pionierhaus geprobt. Der Leiter dessen hatte zwei Söhne, die nach der Armee den Proberaum wiederhaben wollten. Die Söhne seien um einiges Älter gewesen, sie sollen die Band regelrecht rausgedrängt haben. Einige Bandmitglieder seien daraufhin aus der Gruppe ausgestiegen. Bauer und sein Freund hingegen seien gefragt wurden, ob sie denn nicht mit den anderen eine Band gründen wollen. Gesagt getan. „The Vamp“ entwickelte sich sehr gut, produzierte sogar 40 bis 60 Titel. „Ich konnte endlich Titel singen, die mir gut lagen, wir haben schließlich doch gut miteinander harmoniert“, so Bauer. Doch der Alltag einer Band sei in der DDR nicht leicht gewesen, schon immer habe Geld, so Bauer, eine große Rolle gespielt. Allein einen Transporter für Technik und Instrumente zu bekommen sei unfassbar schwierig gewesen. „Die Materialbeschaffung war nicht leicht. Einige Sachen wurden auf dem Schwarzmarkt verkauft. Unseren Transporter hatten wir von einer Band abgekauft“, erzählt der Musiker.
„Heute könnte jeder Musik ohne Einstufung machen“
Heute könne jeder Musik ohne Einstufungen machen, ist Bauer der Meinung. Wer Geld hat, könne sich alles besorgen und auch sogar privat ausbilden lassen. Einen Vorteil habe die Zeit früher dann doch gehabt, klärt Bauer auf, denn damals habe man von bestimmten Kulturfonds seine angesetzte Vergütung bekommen, egal wie viel Publikum letztendlich kam. „Ich hab mir als Jugendlicher schon mal 400 Mark dazu verdient“, sagt der 55-Jährige stolz. Heute verhandle man ständig mit Veranstaltern und müsse fragen, ob man überhaupt spielen darf.
Seine Band habe sich immer hauptsächlich auf Rockmusik spezialisiert. Bauer habe als Jugendlicher unter anderem oft Karat, Elektro oder Rockhaus gehört. Deren Texte haben den DDR-Musiker fasziniert. Er beschreibt sie als entstandene Kunstwerke und sehr lyrisch geschrieben. Auch habe die Rockmusik ihn früher durch manch schwere Zeit geholfen. „Was man gedacht hatte, konnte man ausdrücken, ohne das System anzugreifen. Oft wurde in Liedern Kritik am Staat geäußert. Man musste zwischen den Zeilen lesen“, sagt er.
Dieter Berr war seine Inspiration
Dass Bauer mit seiner Musik auch ein richtiger Star werden wollte, sei durch einen Fernsehauftritt von Dieter „Maschine“ Berr ausgelöst wurden. „Dieter Berr wurde im TV mit seinem Einfamilienhaus und Luxusgütern gezeigt. Da dachte ich das will ich auch haben“, erklärt Bauer. Da jedoch viele Musikschulen damals geschlossen wurden, sei es mit seiner Karriere den Bach runtergegangen.
Die Geschichte seines Lebens
Als er dann schließlich 2004 zwei seiner ehemaligen Bandmitglieder bei einem Auftritt im Fernsehen sah, sei Bauer nostalgisch geworden. Er habe die beiden gefragt, ob sie denn wieder mit ihm Musik machen würden. Als sie dies jedoch verneinten, sei dem 55-Jährigen in den Sinn gekommen die Geschichte seiner Band aufzuschreiben. Nach und nach seien dann verschiedene Kapitel des Buches entstanden. „Das war einfach die schönste Zeit meines Lebens, die musste ich aufschreiben“, erklärt er. Das nun auch eine Doku auf Grundlage seines Geschriebenen gedreht werde, freue Bauer sehr. „Ich habe meine Bücher eine zweitlang selbst vertrieben und auch an Institutionen verkauft. Eine Ausgabe steht sogar im British Pop Museum in Liverpool. Als ich dann auch ein Buch an einen Westmanager verkaufte, fand er die Idee so toll, dass er es verfilmen wollte.“ Anschließend sei auch schnell eine Produktionsfirma gefunden wurden.
Genaueres zur Dokumentation wisse Bauer selbst noch nicht. Nur dass es um DDR-Amateurband gehen solle. Er lasse sich überraschen und ist gespannt auf das Ergebnis. Das erste Stück sei schon mal abgedreht. Bauer selbst werde aufgrund einer Verletzung nicht in der Dokumentation des Heimatsenders zu sehen sein.
Hard Facts:
- Hier gibt’s das Buch zu kaufen: The Dream behind the Wall – André Bauer