Zwischen Christbaumschmuck und „Mellichstöck“ findet seit 2013 in der Glasstadt Lauscha in Südthüringen jährlich das alternative Musikfestival „Open Air, bitte sehr!“ statt. Wir haben mit dem Veranstalter Paul Orlowski gesprochen, über Subkultur im ländlichen Raum und die Freiheit im Chaos.
Das Open Air, bitte sehr! in Lauscha
Begonnen hat alles vor mittlerweile zehn Jahren. Paul selbst ist erst 17, als er mit Freund:innen aus Lauscha das erste Festival in der kleinen Stadt organisiert. Mit einer selbst gebauten Bühne auf dem Grundstück seiner Eltern, quasi im eigenen Garten, ging es los. Anfangs noch etwas planlos, aber durchweg mit einem Ziel: mehr Subkultur in die sonst eher verschlafene Landstadt holen. „Unser Antrieb war einfach, dass es bei uns nicht viel gibt. Und dann haben wir gesagt, komm, wir machen einfach selbst ein Festival“, erzählt Paul.
Festival fand im Ort nicht bei jedem Zustimmung
Ein paar Reibungen gibt es dabei zunächst schon. Aufgrund der hohen Lage des Festivalgeländes hört man die Musik im ganzen Ort, ob man will oder nicht. „Du hast eigentlich keine Wahl, es nicht mitzukriegen. Da gibt’s genug, die sich beschwert haben, die sagten, es ist ja nur Krach. Daraufhin haben wir die Leute direkt informiert, grade in den umliegenden Straßen. Wir sagten ihnen: Kommt gerne mal rum, kostet ja eh nichts, trinkt ein Bier auf unsere Kappe“, erinnert sich Paul. Laut dem Veranstalter folgten zwar weniger der Einladung, aber die, die kamen, konnten sich mit dem Open Air anfreunden.
Dass junge Menschen die Initiative ergreifen, wird vom Großteil der Bewohner:innen in Lauscha dann doch gerne gesehen. Mittlerweile arbeiten die Veranstalter:innen eng mit dem Kulturkollektiv der Goetheschule zusammen und das Festival konnte sich auch über die Region hinaus etablieren. Nicht zuletzt, weil sich das „Open Air, bitte sehr!“ 2016 zum zweitägigen Festival vergrößerte. Der etwas ungewöhnliche Veranstaltungsort ist geblieben – ebenso wie die große Resonanz. Im ersten Veranstaltungsjahr waren es etwa 60, mittlerweile sind es bis zu 800 Besucher:innen.
Motto des Festivals: So bunt wie möglich
Die Bands kamen in den ersten Jahren überwiegend aus der Region. Später mischen sich in der Szene bekannte Künstler:innen und Bands wie Knochenfabrik und Chefdenker darunter. Mit einer klaren musikalischen Ausrichtung wird dabei nicht geplant und dies auch bewusst, sagt Paul: „Es war schon immer als Festival für alle gedacht. Am Anfang war automatisch mehr Punk und Metall. Später war die Devise: einfach immer so bunt wie möglich. Viel Indie, Rap, Metall und bei der Aftershow dann Elektro.“ Auch dieses Jahr bringen die verschiedenen Acts einen breiten Genre-Mix nach Lauscha. Mit Bands wie Wilde Zeiten, Gossenboss mit Zett und Mamoré ist von Punkrock über Rap bis Neue Deutsche Welle alles Mögliche dabei.
Freiheit und kreative Anarchie
Doch was macht das „Open Air, bitte sehr!“ so besonders? Laut Paul ist es viel Freiheit und kreative Anarchie: „Wir machen quasi alles selbst. Es ist gelegentlich etwas chaotisch.“ Bestes Beispiel sei das Kinderschminken, welches mit der Zeit dazu kam. Es war super. Wir hatten unglaublich viele Kinder auf dem Festival, die dann ihre eigene Bande gründeten. Und die Leute, die die Kleinen schminkten, mussten natürlich dann auch die Punker schminken. Und alle fanden es einfach super“, so der Veranstalter.
Auch Lage und Beschaffenheit der Stadt Lauscha steuern ihren Charme bei. Gezeltet wird auf einer Pferdewiese, die ein Anwohner zur Verfügung stellt. In dieser Zeit natürlich ohne Pferde, versteht sich. Wie auch das Festivalgelände selbst liegt das Camp auf knapp 800 Metern Höhe und überblickt damit das gesamte Tal inmitten des Thüringer Waldes. „Wir haben den Zeltplatz mit dem besten Ausblick auf einem Festival, davon bin ich überzeugt!“, ist sich Paul sicher.
Eintritt ist kostenlos
Für Verpflegung sorgt das Kollektiv KüFa-Suhl (Küche für alle Suhl). Das angebotene Essen ist vollständig vegan. Zudem ist der Eintritt kostenlos. Die Veranstalter:innen freuen sich jedoch sehr über Spenden – und natürlich gutes Wetter. Auf dass auch in den kommenden Jahren alle Gäste sagen: „Open Air? Bitte sehr!“
HARD FACTS
- Wann? 25. und 26. August 2023
- Wo? Schotterwerk 1, Lauscha
- Eintritt? Kostenlos
- Facebook:@opennairbs
- Instagram: @openairbittesehrofficial
- YouTube: @openairbittesehr
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