Dilla trifft das neue Anfang-20-Mindset auf den Punkt: eine junge Frau, zugezogene Berlinerin, selbst Produzentin, Schreiberin und absolut sympathische Performerin. Mit gerade einmal drei Jahren hat Amadea, wie die Musikerin mit bürgerlichem Namen heißt, angefangen zu singen und danach auch nie wieder damit aufgehört. Schon in der Schulzeit war ihr keine Bühne zu klein, um das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Ihre Musik klingt selbstbewusst und sorgenlos und ist ein gutes Ventil für eine Jugend, die in Umsicht und Information fast zu ertrinken droht. Wir sprachen mit der Künstlerin nach ihrem Auftritt beim Kulturkiezfestival in Erfurt.
Die Sonne scheint. Der Sommer klopft an die Haustür. Freust du dich schon darauf, endlich wieder ausreichend Photosynthese betreiben zu können?
Ja, absolut. Der Mangel an Licht in Berlin, vor allem im Winter, war verheerend. Ich sitze gerade auch im Café in der Sonne und ich fühle mich, als wäre ich wieder zum Leben erweckt.
Und hast einen Aperol-Spritz in der Hand?
Nee, tatsächlich einen Kaffee. Es ist 14 Uhr und ich habe noch Regeln in meinem Leben. Das heißt, kein Aperol vor 14.15 Uhr (lacht).
Photosynthese ist der Name deines bekanntesten Songs, worum geht es in dem Track?
Es gibt kein wirklich konkretes Thema, um ehrlich zu sein. Es geht um ein Gefühl. Es war Winter als wir den Song geschrieben haben und wir wollten ein Lied machen, das für uns gedacht ist – Um uns die Vorfreude auf den Sommer wiederzugeben. Wir wollten dem Licht hinterher. Es nicht mehr loslassen. Es ging also alles um Helligkeit und darum, dass wir aus unserer Winterdepression herauskommen wollen.
Hast du noch ab und zu sündenhafte Abstürze, wie im Lied besungen?
Ich bin tatsächlich extrem brav geworden. Ein bisschen langweilig fast schon mit meinen knackigen 21 Jahren (lacht). Ich kann dir gar nicht sagen, was ich alles für Geschichten über Leute in Berlin gehört habe. Dagegen sind unsere sündhaften Abstürze gar nichts. Wir sind noch sehr verhalten, höchstens mal eine Hausparty oder an einen See fahren und bis zum Licht des nächsten Tages verweilen.
Aktuell startest du mit einem ganz anderen Sound durch. In „Girls“ gibts satte Punk-Gitarren-Sounds statt Elektropop. Wie kommts?
Dieses Schubladending ist eine Sache, die mich immer sehr gestört hat. Ich will mich nicht einordnen lassen. Die Songs „Photosynthese, Unter ihrem Dress und Horoskop“ gehen eher in Richtung Elektropop, was auch sehr geil ist, worauf ich sehr stolz bin und was ich sehr cool finde. Aber ich muss mich ja jetzt nicht darauf versteifen, nur weil die Leute das von mir kennen. Ich kann meine Geschichte noch schreiben. Und da dachte ich mir, ich hatte immer schon Bock auf Punk und Rock. Auf Songs ohne Sprechgesang, in denen ich mehr singen kann.
In deinem Song „Girls“ geht es um die Liebe, aber auch nicht. Um Spaß, Lebenslust und „Girls just gotta have fun“. Ist es ein Lied über Empowerment?
Ich habe in einem YouTube – Kommentar gelesen, dass die Message des Songs sei, dass ich mich jetzt erstmal wild ausleben will, bis ich dann bereit bin, mich zu binden. Aber das ist leider ein bisschen fehlerhaft. Es geht eher um Lebenserfahrungen. Viele Leute binden sich jung, um sich dann direkt wieder zu trennen. Doch es ist wichtig, dass ich erst mal mein eigenes Glück finde. Wenn ich dann sagen kann, ich bin glücklich allein, kann ich mich binden, wenn ich es für richtig erachte. Sagt man sich jedoch, mir fehlt da etwas wenn ich allein bin, und gehe deshalb eine Beziehung ein, dann ist das Ganze zum Scheitern verurteilt. Darum gehts in „Girls“.
Ist Zeitreise auch ein Thema für dich? Im Song „Junge“ scheißt du auf das Großvaterparadoxon. Klär
uns da mal auf.
Ich liebe diese Themen. Vor allem Zeitreisen. Generell philosophiere ich gerne rum. Da bin ich ganz vorne mit dabei und finde es auch schön, solche Themen dezent in Lieder zu verpacken.
Lebensbejahung eint aber die meisten deiner Songs. Zugleich haben sie fast immer einen Dreher enthalten, der das eben Gesagte hinterfragt. Möchtest du zum Nachdenken anregen?
Ich hoffe, dass es so aufgenommen wird. Es ist zwar nicht bei jedem meiner Songs so. Aber ich finde es schön, wenn man das auch versteht und mich dadurch vielleicht ein bisschen besser kennenlernt. Ich will nicht prätentiös sein und sagen, dass ich jedes Lied schreibe, um zum Nachdenken anzuregen. Ich glaube aber, das kommt von allein. Wenn man generell viel nachdenkt und sich kreativ mit den Themen auslebt.
Es scheint, du bist ein positiver Mensch, kannst aber in Abgründe blicken. Wie reflektierst du das?
Auf jeden Fall. Das trifft es auch sehr gut. Ich würde sagen, dass ich ein sehr positiver Mensch bin, denn mich bringt wenig aus der Ruhe. Aber es gibt dann doch Dinge, die mich aus dem Konzept bringen (lacht). Ich steige nicht in diese Abgründe hinab, aber ich blicke auf jeden Fall hinunter und frage mich, wie es wohl wäre, dort zu sein und wie es wohl ist, wenn Menschen in sowas rein geraten. Wenn man sich in so etwas hineindenkt, dann ist es manchmal sehr schwierig, da überhaupt zum Schluss zu kommen, denn am Ende ploppen mehr Fragen auf, als beantwortet werden.
Ist dir als Musikerin ständig präsent, dass die Menschen deine Musik hören und mit dir als Person in Verbindung bringen?
Schätzen sie das dann richtig ein? Das ist eigentlich nur im Moment. Ich glaube, dass sich viele Leute ein Bild machen. Es sind viele Puzzleteile, die irgendwann zusammenpassen werden. Auch das denke ich, passiert von ganz allein. Aber ich denke mir nicht, jetzt schreibe ich ein Lied, mit dem sich die Leute ein Bild von mir machen können. Es wird sowieso ans Licht kommen, wer ich bin, und da muss ich niemandem irgendwas vormachen.
Um dich besser kennenzulernen, beschreib Dilla doch bitte abschließend mit drei Gefühlen.
Emotional, fröhlich und spontan.
Hard Facts
- Dilla live: 1. September | Moritzbastei | Leipzig
- Mehr zur Künstlerin: – YouTube: @dilla3234 | Instagram: @dilla.mp3
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