Es muss persönlich bleiben, dann wird es ein gutes Konzert.
Das ist das ganze Geheimnis – Seven im Interview
Gibt es auf deinem neuen Album „4Colors“ einen Track, der dir besonders viel bedeutet?
Sich auf einem Album einen Track rauszunehmen kann man beinahe vergleichen mit „Welches Kind mag ich lieber“. Es gibt aber einen, der mir sehr wichtig ist. Der erste Song „Don´t help me“. Das war auch im Entstehungsprozess des Albums chronologisch der erste Song, der Türöffner.
Du hast aber nicht alle Songs in der Schweiz aufgenommen, oder?
Ich habe in der Schweiz mein Hauptquartier, im Powerplay Studio in der Nähe von Zürich. Das ist ein Studio, das in den 60er Jahren NUR dafür gebaut wurde, Musik aufzunehmen. Da ist alles drin, was das Musikerherz begehrt. Sozusagen die Brücke meines Schiffs.
Für alles, was da nicht möglich war, bin ich zu den Menschen oder Orten gereist, wo ich mir die restlichen Zutaten für mein Menü zusammen gesucht habe. In Form von features etc. Ich hab in L.A. und Atlanta gemischt und in den AIR Studios in London die Orchesteraufnahmen gemacht.
Dann ist es sowas wie ein Weltalbum?
Ja, aber das ist heutzutage ja schnell möglich. Durch die moderne Technik ist das nichts außergewöhnliches mehr. Ich hab da schon immer so gemacht, aber das Internet hat richtig viel möglich und einfacher gemacht. Sessions hin und her schieben oder sich per Skype mal auszutauschen, auszuprobieren ob manche Dinge funktionieren – dafür liebe ich das Internet
Die Welt rückt ein Stück zusammen?
Das stimmt. Aber dadurch, dass jeder zusammen rückt wird sie gleichzeitig auch wieder viel viel größer. Die Auswahl ist exorbitant.
Gibt es ein Land, das du gern bereisen, indem du gern einen Auftritt haben würdest?
Boah, das reicht die Zeit des Interviews nicht (lacht).
Klar, da wo schwarzamerikanische Musik gemacht wird, wie in den Staaten, da will man auch noch mehr Gigs spielen, weil da das Verständnis einfach sehr hoch ist. Aber auch in England ist das so. In Japan, sind nächstes Jahr zwei bis drei Gigs geplant. Das ist mir auch sehr wichtig, denn da ist diese Art von Musik extrem auf dem Vormarsch. Aber auch Skandinavien und Holland stehen auf dem Plan.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in Ländern, in denen es eine starke Nische für diese Musik gibt, stattfinden und auch zur Live-Szene gehören. Alles andere ist Timing und ein bisschen Glückssache.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Kool Savas und Nico Suave?
Wir kennen uns schon über 20 Jahre. Als Teenager war ich hier in der Schweiz Veranstalter. In unserem Dorf war nicht viel los, weshalb wir die Partys selber organisiert, DJs und Rap-Freunde eingeladen haben. Damals hab ich Leute wie Savas oder Samy Deluxe kennen gelernt und wir haben es Gott sei Dank über all die Zeit geschafft, den Kontakt zu halten. Man hat sich nie ganz aus den Augen verloren.
Die Idee zu den Songs kam, weil ich mich darüber aufgeregt habe, wie Menschen mit Menschen umgehen. Savas ist da ein tolles Sprachrohr, weil er es noch ein bisschen deutlicher sagen kann, als ich. Und diese Deutlichkeit hat er mir dann geschenkt.
Du bist ja eine Livemaschine. Und jetzt steht die Tour an, in deren Rahmen du am 20. November kommst auch nach Jena kommst. Hier warst du schon einmal 2016. Hast du Erinnerung an Thüringen?
Wir standen in Jena und haben diesen Turm (Anm. der Redaktion: Jentower) genossen. Weil diese Location, die Kulturarena, ist ja der Wahnsinn. Wir sind mit dem Bus dort angekommen und dachten: Ey, was ist das denn? Das ist wirklich eine unglaubliche Location. Und von der Bühne sieht man durch das Publikum hindurch diesen beleuchteten Turm … es war tolles Wetter, volles Haus und man hat den Leuten angemerkt, dass es nicht jeden Abend ein Funk-Konzert gibt. Am Anfang war es eine Mischung aus Vorsicht und Neugier, dann waren die Leute voll bei uns. Es war ein toller Abend und ich freu mich sehr, wieder nach Jena zurück zu kehren.
Ins F-Haus kommen die Leute jetzt explizit wegen dir.
Das ist natürlich immer noch mal was ganz anderes. Wenn du Festivals spielst, hast du meist 30 oder 40 % die genau wissen, was auf sie zukommt. Aber auch mal 0, je nachdem wie es arrangiert ist.
Wenn du eine eigene Clubtour machst, kannst du viel komplexer, viel breiter und bunter agieren. Weil die Leute wissen, was sie erwartet. Ich freu mich auf jeden Fall, Jena noch einmal in der anderen Ausführung kennen zu lernen.
Hat sich ein Lied für dich durch die Reaktion vom Publikum verändert?
Es gibt Songs, die sind so unglaublich intensiv. Beim Aufnehmen von „Don´t help me“ musste ich weinen. Das ist auch als erstes Take auf dem Album drauf, eine zweite Aufnahme ging emotional nicht.
Ich dachte dann, das ist so klein und intim; das auf Festivals zu spielen ist echt zu heiß, weil es Ruhe benötigt. Und es war unfassbar zu sehen, wie das Publikum dann doch darauf reagiert hat. Es hat uns genau das zurückgegeben, was wir ja reingegeben haben. Man erstickt beinahe jeden Abend. Er hat bei vielen Leuten das ausgelöst, was er bei mir im Studio ausgelöst hat.
Und dann gibt es wieder andere Songs, da denkt man, das wird live SO geil und dann war es am Ende nicht so der Brüller. Ist auch schon vorgekommen.
Es ist immer wieder spannend. Live ist live. Manchmal entscheiden wir uns innerhalb des Sets, einen Song gar nicht erst zu spielen, weil die Stimmung nicht passt. Publikum-Location-Gefühl-Wetter-Tag – es ist jeden Abend anders.
Da kommt uns die Erfahrung zu Gute. Wenn wir nur drei Leute in einem Saal haben, wo 500 reinpassen nehmen wir die genauso ernst, wie das Publikum in einer ausverkauften Hütte.
Es muss persönlich bleiben, dann wird es ein gutes Konzert. Das ist das ganze Geheimnis.
Wir wünschen dir eine geile Tour! Wir Thüringer freuen uns auf dich!
20. November
F-Haus Jena
Johannisplatz 14, 07743 Jena