„Das Schöne ist, dass man am Ende des Tages etwas in der Hand hat“, sagt Jean Severin. „Außerdem ist es faszinierend, ein 300 Jahre altes Instrument in den Händen zu halten und wiederzubeleben.“ Wenn der 50-jährige Geigenbaumeister aus Weimar von seinen Instrumenten spricht, dann spürt die Liebe in seinen Worten. Fast könnte man meinen, er berührt seine Geigen wie ein Vater, der um das Fragile seines Babys weiß.
Handgemachte Instrumente aus Weimar
In seiner Werkstatt erschafft er jedoch nicht nur neue Violinen, Violoncello oder Violen. Neben seiner Tätigkeit als Schöpfer neuer Instrumente ist Jean auch Arzt und Pfleger zugleich. Der Geigenbauer repariert und pflegt alte und neue Instrumente. Egal ob Haar-Riss, Wasserschaden oder einfach nur Verschleiß – sein Credo ist stets: „Ich repariere und pflege Instrumente – mit der Sorgfalt, mit der ich möchte, dass auch meine eigenen Instrumente in den nächsten Jahrhunderten gewartet werden.“
Wie wird man Instrumentenbauer?
Wie kommt man zum Handwerk des Instrumentenbauers? Bei Jean war die Liebe zur Musik. Bereits seit seiner Jugend spielte er Cello. Mit 12 Jahren entschloss er sich, ein Praktikum in einer Berliner Geigenbauwerkstatt zu machen. Das gefiel ihm so gut, dass er mit 16 eine Handwerksausbildung in Klingenthal machte. „Aber nach drei Jahren Lehre ist man noch lange nicht fertig“, erklärt Jean, der deshalb ein Studium als Musikinstrumentenbauer und die Meisterprüfung bei der Handwerkskammer anhängte.
Zuhause ist es immer noch am schönsten
Nach mehreren Stationen, unter anderem in der Schweiz und in Norwegen, entschloss er sich, 2012 von Berlin nach Weimar zu ziehen und mit seinem Handwerk sesshaft zu werden. „Berlin war mir zu groß und dreckig. Im Gegensatz dazu ist Weimar wunderschön. Ich habe es hier immer geliebt“, sagt Jean.
Lena lernt das Handwerk kennnen
Seit nunmehr sieben Jahren steht er Musikern und Studenten der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar mit Rat und natürlich seinen helfenden Händen zur Seite. Nicht zuletzt deswegen ist unsere Lena in die Klassikerstadt gereist, um von Klangeinstellung über Korrektur der Griffbrettlage bis zum Stimmeersetzen, die Vielfalt des Geigenbauerhandwerks kennenzulernen. Und weil der Inhalt der Ausbildung für das Handwerk der Neubau von Instrumenten ist, lässt Jean Lena ein paar Handgriffe ausprobieren.
Man braucht ein bisschen mehr als einfach nur Holz
„Beim Holzhändler geht es los“, erklärt Jean. „Man muss ein Gefühl für den Rohstoff entwickeln. Die Haptik, das Gefühl ist wichtig.“ Plötzlich holt der Geigenbauer einen großen Holzklotz hervor. Lena bekommt große Augen: „Die Violine wird aus einem kompletten Stück Holz geschnitzt?“, fragt sie. Jean schmunzelt. „Geschnitzt, gesägt, gehobelt und vieles mehr“, erklärt er lachend. „Wenn wir ein Formbrett aus einer Schablone gemacht haben, bauen wir als erstes die Zarge um die Form herum.“ Mehrere zugeschnittene Lattenstücke werden nass gemacht und bei 267 Grad an einem Zargenbieger gekrümmt – etwas zu heiß für unsere Lena. Doch beim Schleifen des Ober- und Unterteils der Geige darf sie Hand anlegen.
Unzählige Handgriffe bis das Meisterwerk fertig ist
Decke und Boden werden ausgesägt und „dann wird gehobelt, bis der Arzt kommt“, so Jean. Unzählige Handgriffe folgen. Löcher werden geschnitzt, Holz mit dem Spanschneider angerissen, das Griffbrett aus Ebenholz angepasst, Knochenleim zum Kleben erhitzt und Öllack zur Veredelung aufgetragen. Etwa sechs Wochen Arbeitszeit stecken in einer handgefertigten Violine von Jean. Etwa 15.000 Euro kostet so ein handwerklich hergestelltes Instrument. Doch das ist eine gute Investition, so Jean: „Denn die Liebe zum Detail im Handwerk endet erst, wenn das Instrument komplett ist. Dann hat man etwas Wunderschönes für die Ewigkeit mit seinen Händen erschaffen.“