Dass Schieszhaus kann auf eine lange und bewegte Geschichte zurückblicken. Die Grundsteinlegung datiert auf ca. 1760 – und das Fachwerkhaus beherbergte, wie der Name noch heute nahelegt, zunächst einen Verein für Vogelschützen. Die privilegierten Mitglieder feierten damals in einem Ballsaal im oberen Stockwerk und ließen sich in einer Likörstube im Erdgeschoss Erfrischungen schmecken.
Die Geschichte hinter dem Gebäude
Das Gebäude befindet sich inzwischen in kommunaler Hand und beherbergte zwischenzeitlich unter anderem eine Unterkunft für Kriegsvertriebene, für russische Soldaten und eine Berufsschule. Heute wird in dem Ballsaal nicht mehr getanzt, allenfalls auf Rädern: Ende der 90er Jahre wurden in den großen Saal eine Skaterbahn und später eine BMX-Strecke eingebaut. So lange wird das Schieszhaus bereits als Kinder- und Jugendzentrum betrieben. 2002 übernahm der aktuelle Träger, der Kinder- und Jugendverein „Römer“ Zeulenroda- Triebes e.V. den Betrieb – und baute die Angebote insbesondere in den Nachmittagsstunden weiter aus.
Ein Ort zum Abhängen, Kreativ-Sein oder Sporteln
„Inzwischen sind wir ein soziokultureller Treffpunkt über die Generationen hinweg“, freut sich Falko Siegert. Der entspannte 60-jährige arbeitet seit dem Jahr 2001 als Sozialpädagoge im Schieszhaus und kennt sich auch mit Jugend- und Subkulturen seit der Wende in Zeulenroda bestens aus. „Klar liegt unser Fokus auf der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – wobei alle familiären Hintergründe vertreten sind und das Schieszhaus für viele von ihnen so etwas wie ein zweites Zuhause ist.“ Das glaubt man schnell, denn in dem großen Gebäude ist jede Menge Platz – und für Abwechslung gesorgt. Neben der BMX- und Skaterhalle können die Kids auch beim Dart, Gotcha oder Tischtennis ihre sportlichen Talente messen. Ein Kreativraum bietet die Möglichkeit, mit der Spraydose kleine Kunstwerke zu schaffen. Und wer auch darauf keine Lust hat, kann auch einfach nur mit Gleichaltrigen abhängen und quatschen. Dafür ist in einem gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Bühne auch genügend Platz – an einem Bartresen sind kleine Snacks oder Getränke erhältlich.
„Es ist megacool zu sehen, wie das Miteinander von Alten und Jungen funktioniert“
„An Wochenenden finden vereinzelt Konzerte und andere Veranstaltungen statt – und hier ist es megacool zu sehen, wie das Miteinander von Alten und Jungen funktioniert. Schade ist nur, dass wir besonders seit der Corona-Pandemie bemerken, dass sich die Subkulturen aus der Punk-, Hardcore- oder Metalszene stark zurückgezogen haben“, ergänzt Falko. Mit dem Wegfall des Kulturhauses „Sepp Wenig“ Anfang der 90er Jahre in der Lindenallee findet es Falko umso wichtiger, mit speziellen Konzerten neben dem Musikgeschmack der jungen Generation auch den der älteren Semester zu bedienen, um in Zeulenroda ein Stück Soziokultur zu erhalten – ein Balanceakt, der nicht immer einfach sei.
Die Wünsche der Kinder und Jugendlichen stehen im Mittelpunkt
„Bei unseren Angeboten oder auch Umbauten ist es nicht sinnvoll, zu ‚diktieren‘, sondern auf die Wünsche der Kinder und Jugendlichen einzugehen“, sagt Franziska Markert. Seit November 2018 schreibt sie als Vorsitzende des Trägervereins Förderanträge oder sammelt Spenden – etwa dafür, dass das marode Dach im Jahr 2022 durch eine Zuwendung endlich ausgebessert und in der Folge auch der BMX- und Skaterparcours erneuert werden konnte. Mit nur sechs Monaten Vorbereitungszeit war die Diplom-Sozialpädagogin an der Organisation des 1. Zellreder Mee(h)r Festivals im August 2023 maßgeblich beteiligt – ein vierstündiges Musikfestival mit freiem Eintritt, welches gerade jungen Bands eine Bühne bot.
Mitarbeiterin des Vereins erhält Auszeichnung
„Zuhause sitzen und nichts zu machen, ist einfach nicht mein Ding“, erklärt Franziska ihre scheinbar unermüdliche Motivation in der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Für ihren Einsatz erhielt die 42-Jährige letztes Jahr die Auszeichnung zur Thüringerin des Monats Juli und somit eine Nominierung für die Auszeichnung der „Thüringerin des Jahres“, mit welcher der MDR ehrenamtliches Engagement würdigt. Im Schieszhaus ist auch sie eine Vertrauensperson und Institution, die Kids kennen sie nur als „Franzi“.
Weitere Umbauten in diesem Jahr
Dieses Jahr stehen weitere Umbauten an, welche dem Schieszhaus ein neues äußeres Erscheinungsbild verpassen sollen – womit nicht nur ein neuer Anstrich gemeint ist. Die untere Etage soll rollstuhlgerecht zugänglich, ein mehrstöckiger Anbau abgerissen und der Außenbereich mit Granit- oder Pflastersteinen befestigt werden. Und wer weiß: Vielleicht findet sogar ein Outdoor-Festival auf dem Schieszhaus-Areal im Zeulenrodaer Westen statt.
Hard Facts:
- Schieszhaus Zeulenroda: Kleinwolschendorfer Str. 34 | Zeulenroda-Triebes
- zur Homepage des Vereins geht´s hier
- Termine: 30. April – „Römerfest“ mit Maifeuer Jugend-und Freizeitpark „Römer“ | 24. Mai – Kulturnacht im Schieszhaus