Dass aus Alltagsgegenständen irgendwann Museumsstücke werden, kann man sich in der heutigen Zeit mit all den lieblosen, massenproduzierten und kurzlebigen Produkten gar nicht mehr vorstellen. Aber konnten das unsere Vorfahren auch mit ihren Dingen? Die Thüringerin Irma Martius hat ihr Eigentum nie in Zusammenhang mit einem Museum gebracht. Doch tatsächlich gibt es ein Tante Irma Museum mit ihren Haushaltsgegenständen.
Tante Irma Museum in Hummelshain
Im Süden des Saale-Holzland-Kreises zwischen Kahla und Pößneck liegt die 600-Seelen-Gemeinde Hummelshain. Neben dem alten und dem neuen Jagdschloss erwartet Besucher hier ein besonderes Museum – das Tante Irma Museum. Hier werden das Leben, Arbeiten und Wohnen in Thüringen in den letzten 50, 100, 200 Jahren gezeigt. „Unser Museum hat als Bestandteil der Konzeption, dass man im Museum alles, also wirklich fast alles anfassen, ausprobieren und anprobieren kann. Also auch die Kleidung, die im Kleiderschrank hängt“, erklärt Rainer Berthelmann, Vorsitzender des Museumsclubs. „Dieses Begreifen durch Anfassen, um es dadurch zu verstehen, daran liegt uns sehr. Dass jeder – die Jüngeren und die Älteren – begreifen, wie denn die Menschen früher lebten.“
In die Jahre gekommen Alltagsgegenständen
Die Geschichte begann mit Irma Martius, der Großtante Rainers, Frau Gundula Berthelmanns. Die 1912 geborene Dame stammte aus einer Hummelshainer Bäckerfamilie und war schon in Vorkriegszeiten Mitarbeiterin einer Versicherung, wodurch sie in der Region bekannt war. Als sie 1998 starb, übernahmen die Berthelmanns ihr Haus mit Scheune und entdeckten dabei, „dass einige erhaltenswerte Dinge zu zeigen sind.“ So wie eine Dampftrommel-Waschmaschine, die um 1915 in Erfurt hergestellt wurde. Diese war nicht etwa ein Sammlerstück, sondern wurde von Irma Martius ganz normal benutzt. Zusammen mit anderen in die Jahre gekommen Alltagsgegenständen aus ihrem Haushalt wurde die Waschmaschine in der Scheune aufgestellt.
Kinder des Dorfes berichteten ihren Familien begeistert vom „Tante Irma Museum“. So nahm die Geschichte ihren Lauf. „Und nachdem das Museum in unserer eigenen Scheune zu klein geworden ist, weil jeder der kam, etwas aus Keller, Boden oder Scheune mitbrachte, zogen wir 2005 um. In ein großes ehemals herrschaftliches Gut im Dorf, das der Gemeinde gehört, und eröffneten dort 2006 das Museum.“ Stetig wächst die Sammlung, die mittlerweile aus 10.000 Exponaten besteht. Oftmals kennen die Schenker Frau Martius noch persönlich durch ihre berufliche Tätigkeit in der Versicherung oder haben von ihr gehört.
Aus Spenden entstanden
„Entstanden ist das ganze Museum tatsächlich fast nur aus Spenden von Besuchern“, erklärt Rainer. „Und die Spenden kamen eben aus ihren Haushalten. Deswegen spiegelt das, was wir jetzt im Museum ausstellen, das Leben, Arbeiten und Wohnen in Thüringen in den letzten 200 Jahren wider.“ Gesammelt werden nur Sachen bis 1989, dem Wende-Jahr. Zu den ältesten Exponaten zählen: eine Hochzeitstruhe (200 Jahre), eine Haspel zur Herstellung von Sprungfedern in Sofas und Sesseln (180 Jahre) und die Reste einer doppelläufigen Flinte (150 Jahre), die in einem Bach gefunden worden. Das Exponat mit dem wohl am weitesten entfernten Ursprung ist eine ungeöffnete Flasche vietnamesischer Reiswein. Dieser wurde zu DDR-Zeiten für die vietnamesischen Gastarbeiter importiert.
Perfekt für Gruppen und Schulklassen
Anfangs besuchten nur Leute aus dem Umland, Jena oder Neustadt das Tante Irma Museum. Mittlerweile kommen die Gäste (und neue Exponate) aus dem gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus. Für Gruppen und Schulklassen bietet das Museum Führungen nach Projekten an. Kleinere Gäste dürfen Dinge nachbasteln. Für größere gibt es unter anderem komplette Schuhmacherei, in der sie Schuhe anfertigen können. Oder die Besucher können der Frage nachgehen, wie früher die Wäsche gewaschen wurde.
Rainer Berthelmann ist nicht nur Vorsitzender des Museumsclubs, sondern auch zweiter Vorsitzender Förderverein Schloss Hummelshain. Beide Vereine arbeiten viel zusammen. 2022 wurde zum 50. Mal das Fest des Waldes und der Jagd in Hummelshain veranstaltet, bei dem das Museum mittlerweile fester Bestandteil ist. Im Jahr gibt es im Tante Irma Museum zwei bis drei Sonderausstellungen. Dafür werden zudem bei umliegenden Museen Exponate ausgeliehen. So gibt es unter anderem eine Sonderausstellung zum Thema Musikinstrument
Jahresprogramm 2023
April, 15 Uhr: Musikinstrumente von früher – ein Fest für viele Ohren.
Sonderausstellung von Exponaten des TIM und anderer Sammlungen. Geschichte und Vielfalt der Musikinstrumente, mit akustischen Vorführungen in Zusammenarbeit mit der dem Fleck-Sauer-Ensemble (Jena) und dem Musiker Conrad Haase (Ölknitz). Läuft bis einschließlich 28. Mai 2023.
Mai, 15 Uhr: Gestatten – alte Platten!
Andreas Koch, Sänger am Nationaltheater Weimar, kommentiert Klangbeispiele von Schellack- und Langspielplatten aus dem 20. Jahrhundert mit Musik von Louis Armstrong über Richard Tauber bis hin zu Rainer Süß. Unkostenbeitrag: 5 Euro.
Juni, 15 bis 18 Uhr: Kinderfest am Teehaus im Schlosspark.
Zum Internationalen Kindertag (1. Juni) laden die Vereine der Gemeinde gemeinsam mit dem Tante Irma Museum alle Kinder Hummelshains und Schmöllns ein zu Spiel und Spaß.
Juni, 15 Uhr: Wohin selbst der Kaiser zu Fuß ging.
Sonderausstellung rund um das Thema „Toilette“. Läuft bis einschließlich 30. Juli 2023.
Juli, 15 Uhr: Klempner und ihr Werkzeug von früher.
Vortrag von Klempnermeister Wolfgang Liebert. Ge[1]schichte und Gebrauch alter Werkzeuge, vorgestellt anhand von Exponaten des Vortragenden und des Museums. Unkostenbeitrag: 5 Euro.
August, 15 Uhr: Erfunden … und ganz anders verwendet.
Sonderausstellung ausgewählter Exponate, die für einen bestimmten Zweck erfunden und für einen ganz anderen benutzt wurden. Läuft bis einschließlich 24. September 023.9. September (12 bis 17) Uhr und 10. September (10 bis 16 Uhr): Das TIM öffnet zum Hummelshainer Fest des Waldes und der Jagd. Sonnabend 14 Uhr und Sonntag 13 Uhr: Bühnenaufführung der IG Thüringer Barock im Hof.
September, 14 bis 16 Uhr: Saisonausklang und Weltkindertag im Tante Irma Museum. Anlässlich des Weitkindertages am 20. September sind Kinder und Erwachsene eingeladen zum Spielefest im Tante Irma Museum und zu einer großen Revue der Neuerwerbungen 2023.
Dezember, 14 bis 18 Uhr: Fröhlicher Weihnachtsmarkt.
Im Hof des Alten Guts, Kahlaer Str. 21. Gemeinsame Veranstalter: Tante Irma Museum und Verein Natur und Kultur. Weihnachtliche Musik zum Mitsingen, leckere Rostbratwürste und Glühwein, Schönes für den Gabentisch. Sonderausstellung weihnachtlicher Dekorationen im Museum und andere Überraschungen.
Hard Facts
- Wann? geöffnet von April bis September | jeden Sonntag 14 – 16 Uhr | außerhalb der Öffnungszeiten nach Voranmeldung
- Wo? Tante Irma Museum |Kahlaer Straße 21 | Hummelshain
- Kosten? | Eintritt ist kostenfrei | um Spende wird gebeten | Gruppen und Busse mit Führung entrichten bitte pro Person 5 Euro
- Kontakt: info@tim-hummelshain.de
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