Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown mit Robert vom Grafik und Design Kollektiv
In unserer neuen Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir diesmal mit Robert Bartsch. Er ist Inhaber des Grafik und Design Kollektiv in Erfurt. Neben Illustrationen, Logodesign und Websiten gehört auch Band Merchendising zu seinem Portfolio. In seinem kleinen Laden in der Pergamentergasse bietet er zudem allerlei kreative Produkte von nachhaltigen Labels und lokalen Künstlern an. Außerdem ist er auch noch als Musiker unterwegs und spielt unter anderem in der Punk-Band „Longest Line“.
Wie ist jetzt bei dir die aktuelle Lage?
Überschaubar. Natürlich ist grad relativ wenig los. Die Zeit nutzen wir aktuell für Umbau, Ausbau der Webseite und eigene Projekte, die sonst liegen geblieben sind. Nicht pünktlich im Büro sein zu müssen, tut mir eigentlich ganz gut. Ich kann vieles von zu Hause machen, bin aber jeden Tag für einige Stunden im Büro. Die fehlende Laufkundschaft, Kaufkraft und Unsicherheit fällt natürlich auf. Ein großes Fragezeichen ist für uns auch der Kartenvorverkauf. Wir müssen schauen, was geht und was nicht, wie wir mit der neuen Regelung verfahren und uns mit Veranstaltern austauschen, um für alle eine vernünftige Lösung zu finden.
Hast du Angst vor dem Virus? Wirtschaftlich und gesundheitlich gesehen?
Wirtschaftlich definitiv. Keiner weiß, wie lange das alles dauert und was es am Ende mit uns macht. Das Gute bei uns ist, dass wir verschiedene Geschäftsfelder haben. Ich muss nicht vom Ladengeschäft allein leben, sondern habe die Werbeagentur im Hintergrund. Mein Kollege Frank, der im Büro neben mir sitzt (mit zwei Meter Abstand natürlich) kümmert sich um die Webseiten. Verständlicherweise merken wir aber in allen Feldern einen Einbruch. Wie lange wir so arbeiten können, weiß ich nicht.
Gesundheitlich versuche ich persönlich nicht zu sehr in Panik zu verfallen und nicht jede Schlagzeile zu lesen, da viel Halbwissen da draußen kursiert. Ich denke, dass man sich für sich selbst verlässliche Quellen suchen und gemäß den Vorgaben seinen eigenen Weg finden muss, um mit der Sache umzugehen. Ich versuche, die Zeit für mich auch zum Positiven zu nutzen und meine „allgemeine Gesundheit“ mal wieder etwas zu verbessern. Weniger Alkohol, weniger rauchen, mehr frisch kochen, Sport … Naja, bei dem Punkt gibt’s noch Nachholbedarf!
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Gibt es eine Notlösung weiterhin Geld einzunehmen? Habt ihr Aktionen nutzt ihr eure Homepage jetzt anders?
Unsere Notlösung besteht darin präsent zu sein, den Onlineshop auszubauen und auf die Loyalität der Erfurter und unserer Stammkunden zu bauen. Es laufen momentan einige Rabatt-Aktionen über den Shop und es werden in den nächsten Tagen und Wochen noch viele Aktionen mit alten und neuen Partnerunternehmen aus dem Kollektiv folgen. Ansonsten versuchen wir, wo es geht, natürlich die Aktionen der anderen zu unterstützen. Ich finde es toll, wie viel Kreativität und neue Ansätze so ein ätzendes Ereignis doch mit sich bringen kann.
Musst du weiterhin die volle Miete für den Laden zahlen oder gibt es einen Erlass? Welche Posten musst du weiterhin tragen?
Wir haben keine Mietminderung und auch nicht danach gefragt. Wir zahlen einen guten Preis hier und wissen, dass auch andere über die Runden kommen müssen. Natürlich versuchen wir alle Posten (Strom, Versicherung, Steuer usw.) so gut es geht, normal zu zahlen, denn sonst kommt der Hammer später … verzichten wird keiner auf sein Geld. Mitarbeiter müssen wir nicht bezahlen.
Bekommst du von außen Hilfe oder Förderung?
Soforthilfe haben wir beantragt, die sollte die Tage hoffentlich kommen. Der Austausch mit anderen hilft, um zu sehen, wer wie mit der Situation umgeht. Stammkunden, die Kleinigkeiten oder Gutscheine kaufen oder uns einfach sagen, dass sie das schätzen, was wir tun. Das hilft.
Auf Facebook gibt auch cooles Zeug:
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Hast du Tipps, um das Beste aus der Lage zu machen?
Es ist jedem selbst überlassen, wie wir mit der Situation umgehen. Ich wünsche mir allerdings, dass mehr Menschen versuchen würden, positiv an die Herausforderungen zu gehen. Den Kopf in den Sand stecken oder Klopapier horten hilft niemand weiter.
Was würdest du dir jetzt konkret wünschen oder Forderungen an die Politik?
Die Politik gibt vieles vor, tätig und kreativ werden müssen wir aber selbst. Natürlich sollten wir uns an die Regeln von oben halten, was aber nicht bedeutet, dass wir nur auf der Couch hocken und warten bis alles vorbei ist. Jetzt ist die Zeit, Dinge auszuprobieren, zu planen, zu machen. Ansonsten erwarte ich Verhältnismäßigkeit und die Unterstützung derer, die es nötig haben.
Wie soll es nach der Krise für dich und dein Geschäft weitergehen?
Möglichst „normal“, bzw. hoffen wir, dass eine „verbesserte Normalität“ einkehrt. In den letzten Jahren haben wir uns hier etwas aufgebaut, woran wir glauben und hängen. Wir wollen aufgeräumt und mit neuer Präsenz an den Start gehen, aber uns nicht dabei verlieren.
Denkst du, das alles kann etwas Positives bringen?
Kommunikation, Vernetzung, neue Konzepte, Achtsamkeit, gegenseitige Rücksichtnahme und Wertschätzung. Es wäre wünschenswert, dass die Menschen vielleicht etwas aufmerksamer durch die Stadt gehen, man sich mehr unterhält, mehr vernetzt, mehr schätzt.
Gibt es noch etwas, dass du sagen willst? Liegt dir noch etwas auf dem Herzen?
Danke an alle, die versuchen in dieser seltsamen Zeit was auf die Beine zu stellen und nicht einknicken.
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Hier kannst du Gutscheine vom Grafik und Design Kollektiv kaufen.
Ihr seid Kulturakteur oder kreativer Einzelhändler in Thüringen und wollt mit uns über euer Leben in der Krise sprechen? Schreibt uns mit dem Betreff “Kultur Shutdown” an: f.dobenecker@mediengruppe-thueringen.de.
Hard Facts:
- Pergamentergasse 40, Erfurt
- Mehr Informationen auf Facebook, Instagram oder unter grafikunddesignkollektiv.de