Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist
Kultur Shutdown mit Sebastian Krüger vom Zoopark Erfurt
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir diesmal mit Sebastian Krüger vom Zoopark Erfurt. Mit fast 63 Hektar Fläche ist der Thüringer Zoopark Erfurt der drittgrößte Zoo Deutschlands und beherbergt knapp 1000 Tiere aus aller Welt in rund 136 Arten. Die großzügig gestalteten Anlagen sind dem natürlichen Lebensraum der Tiere nachempfunden. Viele davon sind auch für die Besucher begehbar.
Ihr könnt wieder öffnen. Wie ist das für euch? Wie ist eure aktuelle Lage?
Aktuell fühlt sich ein Besuch im Zoopark einfach nur herrlich an. Das Wetter passt, die Natur blüht und in vielen Anlagen sind Jungtiere zu sehen. Es ist eine Freude, für klein und groß, den Nachwuchs zu beobachten oder auf unserer Festwiese ein Picknick zu veranstalten. Natürlich mussten wir einige Vorkehrungen treffen, um den Aufenthalt für unsere Besucher so sicher wie möglich zu gestalten.
Aktuell herrscht zum Beispiel ein Einbahnstraßenkonzept – der Rundweg – der es unseren Besuchern auch außerhalb von Corona ermöglicht unseren Zoopark bequem zu erkunden und möglichst nichts zu verpassen. Unsere Besucher nehmen auch die „Corona-Hygiene“-Vorgaben super an und im gesamten Zoopark ist eine deutlich positive Stimmung zu spüren. Wir danken unseren Besuchern für ihr überwiegend vorbildliches Verhalten und ihre gegenseitige Rücksichtsmaßnahme. Das ermöglicht allen ein entspanntes Genießen.
Wie war die Schließzeit für euch? Was habt ihr in der Zeit gemacht?
Für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Tierpflege haben sich die Aufgaben während der Notschließung kaum verändert. Die Tiere im Zoopark benötigen auch bei geschlossenen Türen Pflege, Futter und Beschäftigung. Ein geschlossener Zoopark bedeutet definitiv nicht, dass weniger Arbeit anfällt. Im Gegenteil. Um den Kontakt zwischen den Mitarbeitern möglichst gering zu halten, mussten auch neue Dienstpläne entwickelt und besondere Vorkehrungen getroffen werden. Die besucherfreie Zeit wurde aber auch für einige Verschönerungsmaßnahmen genutzt. So entstand im Nashornhaus zum Beispiel ein riesiges, buntes Wandgemälde.
Wie ging es den Tieren während der Schließzeit? Haben sie die kleine Auszeit genossen oder die Besucher vermisst?
Einigen Arten, wie zum Beispiel unsere Berberaffen, ist echt langweilig geworden. Die Berberaffen leben ja in einer von unseren Besuchern begehbaren Anlage – dem Berberberg. Und so ganz ohne Besucher fehlt halt einfach die Action. Hier haben unsere Tierpfleger aber einfach eine Runde mehr mit den Tieren gespielt, sodass am Ende alle auf ihre Kosten kamen. Auch den Ziegen im Streichelgehege hat man irgendwie angesehen, dass sie die Streicheleinheiten der kleinen Besucher vermissen. Aber auch hier konnten wir nachhelfen.
Habt ihr Unterstützung bekommen, finanziell gesehen, aber auch durch Zuspruch?
Der Zuspruch von außen war echt groß! Wir waren total überwältigt, wie riesig die Nachfrage bei uns war. Besonders die Kids wollten wissen was ihre Lieblingstiere währen der Schließung im Zoo treiben und ob sie genug Futter bekommen. Mental wurden wir immer wieder mit selbstgemalten Bildern oder lieben Briefen gestärkt. Finanziell konnten wir ca. 5000 Euro Spenden einnehmen.
Sogar ein Online-Festival hat seine Spendeneinnahmen an uns gegeben. Wow, was für ein Zuspruch! Für uns war das wirklich wichtig und auch hier möchten wir nochmal Danke sagen. Dennoch sind die Einbußen enorm. Durch die Notschließung fehlen uns ungefähr 500.000 Euro aus Eintrittsgeldern.
Was wäre euer Wunsch an die Politik für die Zukunft, wenn ihr auf die Handlungen wie Soforthilfen und so schaut?
Unser Wunsch an die Politik ist ziemlich klar und einfach. Thüringen scheint das einzige Bundesland in Deutschland, in dem Zoos vom Land nicht gefördert werden dürfen. Diese Regelung ist veraltet und bedarf unbedingt einer Anpassung. Mit mehr Mitteln könnte der Thüringer Zoopark Erfurt noch schöner werden und wir könnten lang geplante Konzepte endlich umsetzen. Nicht nur der Zoopark, auch die Stadt Erfurt, sogar das Land Thüringen würde davon profitieren.
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Was hat sich durch die Corona-Krise für euch auch nachträglich verändert?
Wir haben auf jeden Fall gespürt, dass unsere Besucher – egal welchen Alters, egal welcher Herkunft – hinter uns stehen. Der Zuspruch hat uns wahnsinnig den Rücken gestärkt. Wir schätzen das sehr und sind froh, dass unsere Arbeit und Mühe wertgeschätzt wird. Aktuell stecken wir ja aber noch mitten in der Krise. Der Zoopark hat zwar geöffnet, viele geplanten Events mussten wir aber bis zum 31. August absagen. Das sehr beliebte Kinderfest und die Tropennacht haben wir übrigens in den September verschoben.
Hatte die Schließzeit auch was Positives für euch und die Tiere?
Nein.
Gibt es noch etwas, dass du sagen willst? Liegt dir noch etwas auf dem Herzen?
Wir freuen uns, wenn unsere Besucher uns weiter die Treue halten und regelmäßig besuchen kommen, am besten natürlich mit einer Jahreskarte, die in Erfurt sehr günstig ist und sich schon beim dritten Besuch rechnet. Unser riesiges Gelände bietet immer was zum Erleben: Zootiere, wilde Vögel, Hasen, Käfer, Schmetterlinge und vieles mehr in schöner Landschaft. Unsere Spielplätze haben auch wieder geöffnet und werden gut genutzt. Aber auch schöne Ruheplätzchen auf Bänken oder breiten Liegen finden sich an diversen Orten. Plätze, an denen das Genießen großgeschrieben wird.
Der Zoopark sucht noch viele fleißige Ehrenamtliche Helfer („Zoo-Lotsen“), die uns beispielsweise bei der Beaufsichtigung unserer begehbaren Tieranlagen unterstützen. Das würde unsere Besuchererlebnisse intensivieren, die Freude am Tier fördern und das Beobachten des Tierverhaltens unterstützen. Über Bewerbungen würden wir uns sehr freuen, die wir dann gerne an unseren Partner – die Zooparkfreunde – weitergeben. Eine direkte Bewerbung bei den Zooparkfreunden ist natürlich auch ein guter Weg. Wir alle freuen uns auf euer Interesse.
Ihr seid Kulturakteur oder kreativer Einzelhändler in Thüringen und wollt mit uns über euer Leben in der Krise sprechen? Schreibt uns mit dem Betreff “Kultur Shutdown” an: f.dobenecker@mediengruppe-thueringen.de
Hard Facts:
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- Öffnungszeiten: Täglich von 9 bis 18 Uhr