Am 26. und 27. August anno 2023 verwandelt sich zum 29. Mal die gesamte Innenstadt Bad Langensalzas in einen mittelalterlichen Markt mit nahezu 160 Handwerker- und Händlerständen. So erwartet die Besucher auf den sechs Bühnenstätten wieder ein umfangreiches Programm mit Musik, Zauberei und Jonglage, Vertikaltuchakrobatik, Gaukeley und poetischer Feuershow, Hexenklamauk, Theater, Ritteraction und vielem mehr. Auch für Speis und Trank ist mit Spießbraten, Fladengebäck und süffig Met auf das Trefflichste gesorgt. Samstag um 14 Uhr startet das Mittelalterspektakel und ganz vorne mit dabei ist Schauspieler Ralph-Uwe Heins aus Gotha, besser bekannt unter seinem Pseudonym „Herold Radulf zu Duringen“. Seit 20 Jahren ist er bereits als mittelalterlicher Herold und auf zahlreichen Events in ganz Deutschland unterwegs. Wir sprachen mit Radulf zu Duringen über die Faszination Mittelalter, seine Rolle und natürlich das Fest in Bad Langensalza.
Wer ist eigentlich Herold Radulf zu Duringen und was macht er?
Kurz gesagt, aber nicht hundertprozentig korrekt, war ein mittelalterlicher Herold Verkünder, Moderator und Organisator von Turnieren und anderen wichtigen höfischen Anlässen. Diese Aufgaben hat man heute eigentlich auch noch. Man ist, ich sage es zumindest immer so, „die große Niete, die alles zusammenhält“. Ich mache alle Ansagen, schreibe einen Teil der Programme und eröffne und schließe Veranstaltungen. Ich bin derjenige, der alle Akteure miteinander vorstellt und zusammenführt.
Hast du historische Vorbilder?
Das ist schwierig … Nein, habe ich nicht. Die Quellenlage zum Thema Herold ist zwar vorhanden, aber äußerst dürftig. Es gibt einige erwähnte Namen in der Historie, trotzdem habe ich kein historisches Vorbild.
Warum hast du dir diese Rolle ausgesucht? Was reizt dich daran?
Wie sagt man so schön? Ich bin dazu gekommen „wie die Jungfrau zum Kinde“. Ich habe vor 30 Jahren angefangen, Mittelalterfeste mitzumachen. Zunächst war ich Mönch und Ablasshändler. Damals war der richtige Herold der Veranstaltung verhindert und da wurde ich kurzerhand ernannt, diese Rolle zu spielen. Ich habe eine laute, ausdauernde Stimme, deshalb wurde gesagt: „Du machst das jetzt.“ Ich musste direkt ein Ritterturnier moderieren und so entwickelte sich das sukzessive. Mir hat das auch Spaß gemacht, das war genau mein Ding, da für Stimmung zu sorgen. Bei einem Ritterturnier bist du nämlich so etwas wie ein Stadionsprecher. Man muss dafür sorgen, dass die Stimmung und der Spannungsbogen aufrechterhalten bleiben. Außerdem ist es wichtig, den kämpfenden Rittern und Herren einen ordentlichen Auftritt zu gewährleisten, sodass diese Leute auch ihre Arbeit machen können. Ich bin also, wie gesagt, durch meine kräftige Stimme zufälligerweise in diese ganze Sache reingerutscht.
Wie wird man eigentlich Schausteller für Mittelaltermärkte?
Der klassische Weg geht über einen Verein, der Mittelaltermärkte organisiert. Da probiert man sich einfach aus und schaut, was man gerne macht, beziehungsweise gut kann. Man entwickelt sich dann einfach in eine Rolle rein. Wenn man seine Rolle einigermaßen gut beherrscht, dann klappt vielleicht auch der Schritt in die Freiberuflichkeit. Bei mir war das ja auch so, nach etwa zehn Jahren wagte ich diesen Schritt.
Was fasziniert dich an der Epoche des Mittelalters? Immerhin hättest du ja auch in eine futuristische Rolle wie die des Darth Vader oder einen Superhelden schlüpfen und bei Comicveranstaltungen auftreten können …
Ich glaube, was mich wirklich fasziniert ist, dass in dieser Zeit unglaublich viel Geschichte geschrieben wurde. Vor allem auch bei uns in Thüringen. Ich interessierte mich schon als Kind und Jugendlicher für diese Geschichte und besuchte liebend gerne Burgen und Schlösser. Das hat mich einfach fasziniert. Für mich ist es auch nicht so wichtig, etwas vom mittelalterlichen Leben darzustellen. Für andere Leute ist das natürlich wieder ganz anders. Es gibt Gruppen, die einen Geschichtsauftrag mit möglichst viel Authentizität vermitteln wollen. Für mich ist das eher so wie für den Steinmetz der Stein, der dann daraus etwas Künstlerisches macht. Ein Mittel zum Zweck. Ich nenne das immer „eine moderne Betrachtungsweise historischer Ereignisse“. Für mich könnte es theoretisch auch Barock, oder wie du sagtest, Darth Vader sein, aber das gibt mir einfach nicht so viel. Es gibt einen wunderbaren Satz: „Wer seine Vergangenheit nicht kennt, wird seine Gegenwart nicht verstehen und seine Zukunft nicht gestalten.“ Und ich finde das sehr wichtig. Man sollte die Vergangenheit seines Ortes kennen, denn so erklären sich auch viele Zusammenhänge … Zum Beispiel, warum Dinge heute noch so sind, wie sie eben sind. Damals war es außerdem ein ganz anderes Zusammenleben als heute. Man war sehr aufeinander angewiesen und der Natur hingegeben.
Wie lange bist du schon Teil des Mittelalterstadtfestes in Bad Langensalza?
Seit 2002 mache ich schon in Bad Langensalza mit, also 21 Jahre.
Was ist das Besondere für dich an diesem Mittelalterfest in Thüringen?
Das Fest ist ganz besonders, weil die gesamte Stadt mitmacht. Die Atmosphäre ist einfach anders, weil es ein integrativer Teil der Stadt ist. Es wird jedes Jahr aufs Neue mit sehr viel Hingabe und vor allem sehr viel Liebe zum Detail produziert. Bad Langensalza hebt sich sehr von anderen Mittelalter-Großveranstaltungen ab. Es ist einfach individuell.
Gibt es ein bestimmtes Ereignis oder eine besondere Attraktion auf dem Mittelaltermarkt, auf die du dich besonders oder immer wieder freust?
Ich freue mich immer wieder darauf, dass es seit 20 Jahren gelingt, ein neues Programm umzusetzen. Es wird niemals im Folgejahr das gleiche Programm wie davor geboten. Immer wieder gibt es einen anderen Höhepunkt oder eine besondere Aktion. Frau Schnell aus der Kulturabteilung von Bad Langensalza setzt das immer wieder aufs Neue toll um. Vor etwa 15 Jahren haben wir die „Langensalzaer Spiele“ eingeführt und letztes Jahr zum 7. Mal veranstaltet. Da treten dann praktisch die Bewohner einiger Ortsteile in einem Wettbewerb von historischen Spielen gegeneinander an. Die Spiele denken wir uns aus. Dadurch zeigt sich auch einfach, wie schön das Fest bei den Langensalzaern integriert ist. Im Siegerortsteil findet dann jedes Mal ein großes Treffen statt, wo alle Mannschaften gemeinsam feiern.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag für dich auf so einer Veranstaltung aus?
Ich stehe auf, trinke Kaffee und frühstücke. Dann ist es wichtig, dass ich eine halbe Stunde für mich habe, um mich noch mal zu konzentrieren und den Plan durchzugehen. Meine Stimme mache ich ebenfalls warm, das ist wichtig. Und dann geht’s los. In Bad Langensalza beginnt es meistens mit der Eröffnung und einem gemeinsamen Künstlertreffen im Rathaus. Wir haben in Bad Langensalza mittlerweile auch acht Bühnen und dadurch unzählige Künstler, Gaukler und Musiker. Wir müssen schon Samstag Vormittag besprechen, was wir Sonntagabend als Abschlussveranstaltung machen, weil wir uns zwischendurch gar nicht sehen. Man muss das alles gut planen, auch wenn manche Sachen spontan funktionieren. Ich sage ja immer: „Spontanität muss gut geübt sein“. Je nachdem, was auf dem Programm steht, moderiere ich dann zum Beispiel Ritterturniere und mache Ansagen.
Warum sollten sich die Besucher:innen dieses Jahr auf keinen Fall das Mittelalter Stadtfest in Bad Langensalza entgehen lassen?
Es gibt sehr gute Musikgruppen da. Zum Beispiel „Unvermeydbar“ auf dem Schlosshof und „Fabula“ auf dem Neumarkt. Das sind wunderbare Dudelsackkapellen. Die Feuershow der Feuerfünkchen auf dem Töpfermarkt ist definitiv auch ein Highlight. Und für mich persönlich ein Eye-Catcher dieses Jahr ist ein Bereich, wo große Holzspiele aufgebaut sind. Ich habe das letztes Jahr in Magdeburg gesehen und es direkt der Bad Langensalzaer Kulturverwaltung vorgeschlagen. Diese Spiele machen einfach unheimlich Spaß. Man muss nicht betreut werden, man muss nicht warten, man muss einfach nur sagen „Los, lasst uns mal eine Runde spielen“. Und natürlich „Pampattuti“, die wie ich auch jedes Jahr da sind.
Hard Facts:
- 1. Tag: 26. August von 14 bis 23 Uhr
- 2. Tag: 27. August von 10 bis 18 Uhr
- Bad Langensalza
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