Für viele pendelt der Alltag zwischen anstrengend und langweilig, Fluchtpunkt ist das Wochenende: „Monday I have Friday on my mind.“ Nicht nur für Jugendliche sind Clubs daher die Tempel der Gegenwart: Das rauschende Fest, die wilde Party und der Exzess am Wochenende bilden den Kontrast zum durchstrukturierten Alltag. Denn das Nachtleben lockt mit der Versuchung der Entgrenzung und damit einem Zustand, der – auch nicht nur bei Jugendlichen – mit Substanzen wie Alkohol, Ecstasy, Kokain und Cannabis assoziiert ist. Freitagnacht ist damit ein Kulminationspunkt von Euphorien aller Art. Wann wird aus der Lebenslust im Moment Gewohnheit und wann eine Sucht? Wo liegt der Kipppunkt?
„On a Night Trip“ öffnet in Erfurt
Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich die neue vom Freistaat Thüringen geförderte Stiftung „Welt der Versuchungen“ (WdV) in einem eigenen, bundesgeförderten Ausstellungshaus. „Dort werden wir ab 2026 die Themen Rausch und Abhängigkeiten in ihrer ganzen Bandbreite untersuchen. Nicht um zu verurteilen und zu verdammen, sondern um einerseits Dogmen zu hinterfragen und Versuchungen aufzuzeigen, die uns Belohnung und kurzfristige Besserung suggerieren, um (Leistungs-)Druck zu kompensieren. Andererseits werden wir Möglichkeiten vorstellen, um sich Inseln im stressbelasteten Alltag zu schaffen“, wie es in einer Mitteilung der Stiftung heißt.
Nachtleben als kollektive, ekstatische Erfahrung
Dazu wolle die WdV, Wissenschaft und Kunst zusammen mit Expert:innen zu Wort kommen lassen. Bis zur Eröffnung des Hauses der WdV soll es von nun an jährliche eine Ausstellung kleineren Formats geben, worunter die Erste, im Oktober, mit genau einer solchen Freitagnacht beginnt: „On a Night Trip“. Hier setzen sich die Kuratoren und die Stiftung modellhaft mit dem Nachtleben als kollektive, ekstatische Erfahrung auseinander und erkunden die vielfältigen Bezüge der Partykultur – sowohl künstlerisch, als auch wissenschaftlich. „Mit dem Nachtleben wird ein Thema aufgegriffen, das bei jungen Menschen fest verankert ist, aber auch generationenübergreifend gesellschaftliche Relevanz hat. Es bietet uns die Möglichkeit, einen Diskurs über Gesundheit im Partykontext inmitten der Gesellschaft zu eröffnen“, heißt es weiter.
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Wonach also suchen Menschen in Clubs, auf Partys und Festivals? Begleitete den modernen Menschen nicht schon lange das Bedürfnis (nächtlicher) Ausschweifungen, um das „Funktionieren“ als ständige Anforderung im Alltag – welche der gleichnamige Holzschnitt des Künstlers Nasan Tur in die Ausstellung bringt – zu kompensieren? Welche Rolle spielt der subkulturelle Kontext? Folgt ein Partyabend immer demselben Drehbuch? Welche außergewöhnliche Erinnerung wollen Partygänger:innen erzeugen? Die Ausstellung „On a Night Trip“ verwebt Positionen aus Wissenschaft und Kunst zu einem fließenden Rundgang. Dazu mixen wir analoge und digitale Formate der Bildenden Kunst und der Musik. Neueste Präventionsansätze und Erkenntnisse der Wissenschaft, Kunst, Erlebnis, Wissensvermittlung und Publikumspartizipation übertragen den Night Trip gleichberechtigt und plastisch in den Raum und regen so zu Gespräch und Nachdenken an.
Eintauchen in Musik und Tanz
Der Beat der Partynacht wird in Szene, Sound und Bild im gesellschaftspolitischen, sozialen und ästhetischen Kontext reflektiert. Aspekte des gemeinschaftlichen Nachtlebens – wie das Flirten und das Eintauchen in Musik und Tanz und in Substanzen, die ähnliches versprechen – werden ebenso vorgestellt, wie jüngere Entwicklungen. Eröffnet wird die Ausstellung am 19. Oktober, um 19 Uhr, in der Defensionskaserne auf dem Petersberg in Erfurt.
Hard Facts:
- On a Night Trip: Defensionskaserne | Petersberg 15 | Erfurt
- Dauer: 20. Oktober bis 10. Dezember in Erfurt
- Öffnungszeiten: täglich außer Di., 11-18 Uhr, Do. bis 20 Uhr
- Vernissage: 19. Oktober um 19 Uhr
- Mehr: www.welt-der-versuchungen.de