Außergewöhnliche Veranstaltungen mit Witz und guter Musik – dafür steht die AG Tanztee, ein Kollektiv von Musikliebhaber:innen, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Ostthüringer:innen Klangköstlichkeiten zum Delektieren anzubieten. Egal ob Soundschlacht oder Genre-Potpourri, der Besuch der im weitesten Sinne „Rock-Happenings“ des Kollektivs verspricht so einiges. Doch wer steckt eigentlich hinter der AG, die regelmäßig mit extravaganten Veranstaltungen überzeugt? Uns haben die Sound-Connaisseure ein paar Fragen beantwortet. Und zwar auf ihre eigene lyrische Art und Weise – Zwinker-Smiley.
Wer steckt eigentlich hinter der AG Tanztee?
Ein Sonnenstrahl im Schatten, drei Buntspechte und ein durch weiches Kamelhaar gezeichneter Dax beim Fallen. Eine illustre Runde. Weltwärts, nicht prätentiös.
Wahrlich eine unprätentiöse Antwort … Wann wurde die AG Tanztee aufgrund welcher Raumzeitverschiebung eigentlich gegründet und von wem? Wie kam die Idee zur AG?
Wie kommen Ideen? Ein Fußbad, eine Funzel Rotlicht, etwas Thymian, etwas mehr Glenfiddich – eine bewährte Variante. Wann? Je nach Lebensabschnitt – unsere Hausärzte empfehlen abends. Und Pandemie war auch noch. Tiefste Pandemie. Wie kommen Ideen? Der einen Hälfte im Rausch, der anderen beim Kater. Die Urheberschaft liegt im Zwischen, im Swedenborgraum. Wer will sie beanspruchen? Wann war das gleich? (Anm. d. Red.: Der Wissenschaftler Emanuel Swedenborg, geboren 1688 in Stockholm, gestorben 1722 in London, war der Meinung, er könne hellsehen, habe mit Engeln und Geistern gesprochen und meinte, im Auftrag Gottes eine neue Kirche gründen zu müssen.)
Welche Epiphanie verleitete euch zur Namensgebung der AG Tanztee?
In der Bedeutung von Bedeutung liegt der Raum. Sinn ist nicht. Sinn wird oder war. AG Tanztee ist ein Name. Nur im Werden deuten wir den Sinn. Vielleicht wissen wir es einst. Vielleicht auch nicht. So lange entbergen wir den Sinn, von Band zu Band, von Abend zu Abend. Macht mit! Fetzt!
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Ihr beschreibt euch bei Facebook wie folgt: „Die AG Tanztee ist ein kryptosyndikalistisches Kollektiv für Geschmacksverstärkung durch Geschmacksverwirrung“. Das klingt erstmal sehr mysteriös. Was meint ihr damit?
Unsere Tat ist die Verwirrung. Hierfür wirken wir im Verborgenen. In den 90ern hätte es geheißen: im Underground. So viel Hinweis zu den wirkenden Personen sei erlaubt: Wir haben die 90er bewusst erlebt. Ästhetisch mögen wir sie nicht. Wir mögen auch die 80er nicht. Wir mögen wenige Jahrzehnte. Jahrzehnte sind doof. 1967-72 rules; 2023 rules, wenn es clever gemacht ist. Die Zukunft ist offen. Das Comeback der 80er ist glücklicherweise schon durch – das muss nicht noch mal sein. Die syndikalistische Logik im Kollektiv zur ästhetischen Verhinderung der 80er erlaubt es uns, uns zweckgebunden und dennoch offen zu organisieren. Kleidung lehnen wir ab und die Grenze zwischen Veranstaltenden und Publikum ist eine Logik der 80er. Wir lehnen diese Unterscheidung ab. Wir sind ein Kollektiv, aber kryptisch genug, so dass wir auch als Syndikat auftreten können. Das Publikum entscheidet: Will es Teil eines Syndikats oder eines Kollektivs sein oder nur mal gucken, weil eh alle gerade hier sind. Aber als regulative Idee gilt grundsätzlich: Wir sind die Borg. (Anm. d. Red.: Die Borg sind eine außerirdische Gruppe, die als wiederkehrende Antagonisten im fiktiven Star-Trek-Universum auftritt.)
Was zeichnet die Künstler*innen aus, die bei euch auftreten?
Unsere Künstler*innen sind Teil eines zunehmend globalen Netzwerkes, das funktioniert wie wir oder zumindest den gleichen Spirit atmet. Jede Musikrichtung – klassische Musik ausgenommen – ist umso interessanter, je höher der Jazzanteil in ihr ist. Außer Jazz. Jazz ist umso interessanter je höher der Nichtjazzanteil in ihm ist. Die Künstler und Künstlerinnen der AG Tanztee spielen keinen Jazz. Der Jazzanteil in ihren Stilen ist jedoch hoch. Der Rest ist pure Energie, gekonnte Übertreibung, das Überwinden ästhetischer Grenzen und Stilmittel sowie eine jugendliche Freude am virtuosen Skandal. Wie beschreibt man den Geschmack von Blau für jene, die ihn nie auf der Zunge gespürt haben? Wir haben grundsätzlich keine Antworten. Wir haben Fragen. Nach den Konzerten meist mehr als vor den Konzerten. Mit jedem Konzert mehr. Wir haben Hunger, der Hunger wächst.
Wo kann man euch erleben?
Wir bespielten drei wunderbare Clubs: KuBa Jena, Café Wagner Jena und das Schieszhaus Zeulenroda – und so soll es auch weitergehen. Die Tinte ist noch nicht trocken, aber es lauern schon einige schrecklich-schöne Dämonen hinter der nächsten Ecke. Bleibe Du nur feste ängstlich!
Konzert-Termine der AG Tanztee
Wir wollen euch die sehr ausgefeilte und lyrisch-kryptischen Bandbeschreibungen zu den kommenden Veranstaltungen der AG deshalb nicht vorenthalten.
21. Oktober im Schieszhaus Zeulenroda (Start: 20 Uhr) mit den Bands Tschaika 21/16 und Kaskadeur:
Die AG Tanztee zu Tschaika 21/16: „Die ultimative Soundschlacht für das niedliche Stopftier, ähem, Prinzessin Teddymett? Klingt freakig? Ist es auch! Bitteschön, hier kommt der Math-Noise-Instrumental-Stoner-Abschuss aus Berlin. Frech grinsend und genießerisch zwischen allen Stühlen sitzend, ballern die Drei jede Genre-Grenze vom Thresen, alles wird gnadenlos zersägt, fein säuberlich seziert und auf unwiderstehliche Art und Weise neu zusammengesetzt. Das Ergebnis ist eine Wand aus Experiment, Sound, Wucht und Können. Prinzessin Teddymett zeigt ordentlich Bein!“ Die AG Tanztee über Kaskadeur: „Einst gab es Stonehenge aus Potsdam. Aus Stonehenge wurde Kaskadeur aus Potsdam. Stonehenge klingt nach Heavy Stoner? Stimmt genau, aber nach was klingt Kaskadeur? Richtig, irgendwie nach Heavy Stoner plus etwas Anderem. Sie haben den Schlenkrich grandios hinbekommen, dem Genre noch viel mehr zu entlocken als es landläufig hergibt. Es regnet Kaskaden von Ideen, Seitensprüngen und Überraschungen – das Alles ohne die urwüchsige, erdige Kraft des Beginns der Stonehenge-Zeit verloren zu haben.“
25. November KuBa Jena mit den Bands Ni! und makroplastik:
AG Tanztees Lyrik zu Ni!: „Seit die diversen Bands des Lyoner Labels Dur Et Doux (Poil, Chromb!, Piniol, Ultra Zook um nur einige zu nennen) ihren irrsinnigen Output auch hier in Deutschland zum Besten geben, heißt es hinter vorgehaltener Hand, das Trinkwasser in Lyon sei mit psychoaktiven Substanzen versetzt. Anders ließe sich der Umstand nicht erklären, dass so viel unglaublich gute Musik von dort kommen kann. Die 4-köpfige Kapelle Ni! wird diese Mär weiter füttern, und die Fragezeichen werden nach dem Konzert noch größer sein als zuvor. Irgendwo zwischen Math-Rock, Noise-Music und knallhartem Geballer liefern die Jungs von Ni! eine Show ab, bei der kein Auge trocken bleiben wird. Ni! sind live eine Macht und das werden sie uns zeigen. Anschnallen!“
16. Dezember KuBa Jena (Start: 20 Uhr) mit den Bands Spinifex und 6Exhance:
Die AG Tanztee über Spinifex: „Diese 6-köpfige Band mit Musikern aus Portugal, Niederlande, Belgien, Deutschland und USA pulverisiert jeden Versuch der Vereinnahmung in ein geläufiges Genre. Im Kern eine Jazzformation brechen sie in alle möglichen musikalischen Gefilde aus. Avantgarde, Jazz, aber auch harter Rock und Noise bis hin zu weltmusikalischen Experimenten vermischen sich zu einem aufregenden und großartigen Gebräu. Auf einem Spinifex-Konzert wird Dir von hinten ins Ohr gehaucht: Hey, das ist musikalische Weiterbildung. Wow!“ Das Kollektiv zu 6Exhance: „Gegründet wurde 6Exhance in Belgien von drei Musikern, die seit Jahren die UndergroundSzenen durchforstet haben. Mit Bands wie Raxinasky, Wound Collector, Royal Jake haben sie in ganz Europa gespielt, neben Melt Banana, Zu, KK Null, Caspar Brötzmann, Zeni Geva, Noxagt, Flat Earth Society … Eine Overdrive-Gitarre, manchmal episch, immer schwer, ein schreiendes Saxophon mit epileptischen Wahnvorstellungen aus dem Jenseits, ein Presslufthammer-Schlagzeug mit einem Offbeat-Groove in dem höllischem Morsecode: 6Exhance“
Hard Facts:
- Facebook: @AG Tanztee