Im Juli 1887 wurde in Peskowatik bei Witebsk, im damaligen Russischen Reich und heute in Belarus nahe der russischen Grenze, Moische Chazkelewitsch Schagal geboren. Im März 1985 wurde in Saint-Paul-de-Vence nahe Grasse in Südfrankreich Marc Chagall zu Grabe getragen. Dazwischen: Ein bewegtes Jahrhundert, ein bewegendes Leben, ein Leben für die Kunst. Chagall zählt zu den bedeutendsten und bekanntesten Künstlern der Moderne. Nun ist ein Ausschnitt seines Oeuvres – vor allem Druckgraphik aus dem Spätwerk – im Kunsthaus Apolda Avantgarde zu sehen.
Die Kindheit und Jugend des Marc Chagall
Moische zu heißen, prägt Marc. Er wächst um Trubel des Schtetls auf, liebt die Geschichten der Tora, lauscht dem Erzählungen seiner Eltern und Großeltern. Als kleiner Junge von seiner Mutter in einer örtlichen Schule untergebracht, obwohl diese sich eigentlich zu weigern hatte, Juden aufzunehmen, lernt Chagall alles, was russische Schulkinder um 1900 lernen. Er nimmt außerdem Geigen- und Gesangsunterricht und entdeckt sein Zeichentalent. 1906 zieht er nach St. Petersburg, um Künstler zu werden. Bildender Künstler.
Träumerische und sinnliche Ästhetik
Berühmt wird er mit seiner träumerischen, sinnlichen Ästhetik, die verschiedene Strömungen der Moderne und verschiedene Identitätswelten verbindet ohne sich einer Bewegung zu verschreiben. Noch als Kunstschüler in St. Petersburg verkauft er erfolgreich erste Werke und übersiedelt 1910 nach Paris. Dort, in der Erinnerung an seine Kindheit und im Zirkus, findet er zeitlebens Inspiration. Seine erste bedeutende Ausstellung hat Chagall 1914 in der Galerie „Der Sturm“ in Berlin. Als ihn der Erste Weltkrieg auf Heimatbesuch in Witebsk erwischt, kann Chagall nicht nach Westeuropa zurück. Er wird Kunstfunktionär, baut in seiner Heimat 1919 eine Kunstschule auf und geht 1921 doch wieder nach Westeuropa zurück. 1941 kann der gefeierte Maler im letzten Moment vor den Nazis aus Frankreich in die USA fliehen.
Voller Poesie und Leichtigkeit
Trotz aller Bedrohungen in Chagalls Leben: Das in Apolda ausgestellte graphische Spätwerk, entstanden zwischen 1952 und 1980 erneut in Frankreich, ist voller Poesie und Leichtigkeit: Rote Sonnen, sich in Vögel verwandelnde Menschen, auf einer Mondsichel über der Stadt ruhende, schwerelos wirkende Artisten. Vielleicht schweben die Motive in Chagalls Bildern nicht trotz aller Bedrohungen, sondern gerade wegen ihnen: Die Erde, sie zieht in diesem 20. Jahrhundert die Grausamkeiten an. Nicht nur, aber ganz besonders für Menschen des jüdischen Volkes.
Eine strukturierte Ausstellung
Die Räume der Apoldaer Ausstellung sind klar gegliedert, sodass Neugierige viel über Biographie und historischen Kontext, über Bildsprache und religiöse Bezüge erfahren können. Auch über die Herstellungsmechanismen von Lithographien lässt sich insbesondere in der Audioführung Einiges lernen. Was die ausgestellten Werke besonders macht, ist, dass es von ihnen anders, als man es von Grafiken vermuten könnte, weltweit nur wenige Exemplare gibt. Pandemiebedingt sind keine Führungen oder ein Kinderbegleitprogramm erlaubt. Für die jüngeren Besucher aber hat das Kunsthaus in Zusammenarbeit mit Studierenden der Universität Erfurt eigens eine Audio-Führung konzipiert. Und in dieser unterstützen Vogel David als Begleiter und Kinderstimmen die kleinen Kunstinteressierten dabei, durch die Ausstellung zu schweben.
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Hard Facts:
- Was? Kunstausstellung „Marc Chagall – Von Witebsk nach Paris“
- Wo? Kunsthaus Apolda Avantgarde | Bahnhofstraße 42 | Apolda
- Wann? 19. September bis 31. Dezember 2020 | Dienstag bis Sonntag | 10 bis 17 Uhr
- Für aktuelle Infos besucht das Kunsthaus Apolda Avantgarde auf der Homepage und Facebook.