Mira Held ist Genuss-Expertin. Seit fünf Jahren betreibt sie mit ihrem Partner Flo den Blog „How to Gourmet“ und futtert sich durch Restaurants in Thüringen. In ihrer regelmäßigen Kolumne „Food Storys aus Thüringen“, die einmal im Monat erscheint, nimmt sie uns mit auf ihre kulinarischen Abenteuer in Thüringen und gibt Inspirationen für den nächsten Leckerbissen, Wochenend-Schmaus oder die kleine Alltagsversüßung.
Internationales Niveau im Klausenhof in Bornhagen genießen
Es gibt nicht viel Appetitanregenderes als beim Lesen der Speisekarte den Genussgeräuschen der anderen Gäste zu lauschen. An unserem Nachbartisch im kleinen, holzvertäfelten Gastraum des Klausenhofs geschieht offenbar etwas Spektakuläres: Eine Quittentarte wird verspeist. Wir hören „Mhhhh“, „Ohhh, ist das lecker!“ und „Diese Soooooooße!“. Die begeisterten Ausrufe klingen nicht ab, spekulieren über Zubereitung, loben die Konsistenz, freuen sich über die liebevoll platzierten Frucht-Gel-Plöpse. Dann irgendwann Stille – die von der zufriedenen Art. Das klingt nach „Jetzt nur noch beglückt ins Bett fallen und sich freuen, wie gut man es hat“.
Uns läuft währenddessen das Wasser im Mund zusammen: Wir haben das noch vor uns! Die Speisekarte klingt verlockend. Viele vegetarische Gerichte, Wild aus den umliegenden Wäldern, Rindfleisch aus dem Nachbardorf, zu dieser Jahreszeit natürlich Spargel. Dazu eine überraschend große (und gute) Weinauswahl und mehrere selbstangesetzte Schnäpse.
Selbstangebaute Zutaten und regionale Produkte
Im Klausenhof wird viel selbst gemacht. Eigenes Gemüse wächst in den Hochbeeten und auf einem kleinen Acker vor dem Haus, Quitten werden zu Mus verarbeitet, Wild wird eigens zerteilt, Pilze gesammelt, Wurst und Schinken selbst hergestellt. Die anderen Zutaten kommen zu einem großen Teil aus der unmittelbaren Umgebung.
Lokaler geht’s nicht
Auch das Birnenchutney, das uns jetzt auf den Tisch gestellt wird, ist selbst gemacht. „Kleiner Tipp von mir: schmieren sie erst etwas vom Tomatendip auf das Brot und dann noch Chutney obendrauf. Zusammen schmeckt das am allerbesten“. Das Leuchten in den Augen der Kellnerin duldet keinen Widerstand und warum auch? Es ist köstlich. Danach geht es weiter mit einer Nocke Ziegenfrischkäse in lauwarmer Brühe. Dazu gibt es eingelegte Rübchen und Zwiebeln. Diese wunderhübsch angerichtete Vorspeise verliert zwar an Schönheit als sich Käse und Brühe langsam vermischen, doch der Geschmack wird dadurch nur noch besser.
Ähnlich fantastisch ist auch die cremige Spargel-Velouté. Mir gefällt allein schon, dass hier unterschiedlich groß geschnittene Spargelstücke in der dickflüssigen Suppe schwimmen, denn das macht das Esserlebnis abwechslungsreicher. Eigentlich komisch, dass eine Zutat so anders schmeckt, nur weil sie anders geschnitten wurde, oder? Weiterhin sind ein frisches Petersilien-Öl und Morcheln Teil des Gerichts. Ich habe diese Pilze erst vor kurzem bei Alain Passard in Paris gegessen und festgestellt, dass ich diese Konsistenz der blättrigen Pilzköpfe richtig toll finde. Tja und ich muss sagen, Bornhagen ist nicht ganz Paris, aber fast. Die Morcheln schmecken fantastisch.
Geheimtüren und hübsche Antiquitäten
Während wir auf unsere Hauptgänge warten, quatschen wir mit Kellnerin Mandy. Sie berichtet uns von den begeisterten Amerikanern, die vor einer Woche zum Ritteressen in den Klausenhof gekommen sind. Die Möglichkeit ein mittelalterliches Festmahl in den liebevoll restaurierten Räumen zu sich zu nehmen, gehört ebenfalls zum Konzept. So wird die Geschichte des 500 Jahre alten Hauses am Leben erhalten. Auch 3 Doppelzimmer und einige „Kemenaten“ mit Doppelstockbetten und Schlafnischen gehören dazu. Überall knarrt das alte Holz und es gibt hinter jeder Ecke etwas zu entdecken: Geheimtüren oder hübsche Antiquitäten.
Auf das Konzept einlassen und Begeistert sein
Mandy jedenfalls scheint die Arbeit im Klausenhof zu gefallen. „Oft kommen Leute von Gegenüber aus dem Wurstmuseum und wollen eine Bratwurst oder Currywurst. Das haben wir hier nicht. Entweder ziehen die Leute dann beleidigt ab oder sie lassen sich auf unser Konzept ein und sind am Ende total begeistert.“
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Mit Sicherheit ist das, was Chefkoch Christian Grebenstein im Klausenhof macht, etwas ganz Besonderes. „Ich kann keine Tüten aufreißen. Ich kann es einfach nicht und ich verstehe auch nicht, warum Kollegen das machen oder Leute das essen.“ Kein Wunder, dass die Küche des Klausenhofs auch zu den wenigen vom Slow Food Genussführer ausgezeichneten Restaurants in Thüringen gehört. Nachhaltigkeit, Handwerk und Regionalität sind hier keine bloßen Phrasen.
Ein Niveau, was in Thüringen nur selten zu finden ist
Wir schmecken diese Qualitätsansprüche sowohl beim saftigen Huhn (Freilandhaltung aus der Prignitz) und dem fast von selbst zerfallenden Rinderscherzel (aus dem Nachbardorf). Das Fleisch ist hervorragend zubereitet, die Soßen kräftig köstlich und das Gemüse geschmackvoll. Die buttrige Polenta, die mit selbst gemachter Hollandaise zum Rindfleisch gereicht wird, gehört wohl zu den besten, die wir bisher gegessen haben. Grebenstein, der unter anderen bei Klaus Erfort in Saarbrücken gearbeitet hat, kocht auf einem Niveau, das in Thüringen nur ganz selten zu finden ist. Dann ist es Zeit für die Quittentarte. Sie ist so gut wie unser Nachbartisch es hat vermuten lassen. Wir fallen in unser knarzendes Holzbett im Goethezimmer im ersten Obergeschoss und denken: „Hach, was haben wir es gut.“
Hard Facts:
- Klausenhof: Friedensstraße 28, 37318 Bornhagen
- 17 – 21.30 Uhr | Fr/Sa 12 – 22 Uhr | So 12 – 20.30 Uhr
- klausenhof.de
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