Mira Held ist Genuss-Expertin. Seit fünf Jahren betreibt sie mit ihrem Partner Flo den Blog „How to Gourmet“ und futtert sich durch Restaurants in Thüringen. In ihrer regelmäßigen Kolumne „Food Storys aus Thüringen“, die einmal im Monat erscheint, nimmt sie uns mit auf ihre kulinarischen Abenteuer in Thüringen und gibt Inspiration für den nächsten Leckerbissen, Wochenend-Schmaus oder kleine Alltagsversüßung.
Zu Gast in der Weinbar Weimar
Mit welchem Restaurant soll ich diese Kolumne beginnen? Ich habe lange hin und her überlegt. Schließlich möchte ich mit meinem ersten Beitrag euer Vertrauen gewinnen und eine Empfehlung geben, bei der ich sicher bin, dass sie niemanden enttäuscht. Auf riskantere Entdeckungstouren in die Thüringer Peripherie können wir später noch gehen (und ja, das werden wir!).
Eine verlässliche, qualitativ hervorragende Küche ist also gefragt, am besten an einem Ort, der so angenehm ist, dass jeder beim Lesen sofort Lust auf einen Besuch bekommt. Schön angerichtete Speisen für schicke Fotos, Gastgeber:innen die wissen, wie man Gäste verwöhnt und irgendwo zentral in Thüringen sollte es liegen. Diese Voraussetzung erfüllt ein Restaurant, das ich aufgrund all dieser Tatsachen als mein Lieblingsrestaurant in Thüringen bezeichnen würde. Und dorthin machen wir heute einen Ausflug. Wir gehen in die Weinbar Weimar.
Genusserlebnis zwischen Goethe und Schiller
Es ist März und der Winter möchte nicht gehen, Schneeregen klatscht an die Scheiben der Regionalbahn, die uns von Erfurt nach Weimar bringt. Uns und ungefähr 200 enttäuschte Fußballfans von LOK Leipzig, die gerade gegen Erfurt verloren haben. In Weimar angekommen, wird es erfreulich beschaulich. Bei diesem Wetter sind nicht viele Leute unterwegs. Wir hasten an Goethe und Schiller vorbei und öffnen die Tür der Weinbar. Ein knarziger Holzboden, ein wandfüllendes Bild von Ulrike Theusner, deckenhohe Regale mit Wein hinter der Bar und eine gewaltige Tafel, auf der die über 100 offenen Weine aufgelistet sind, die hier ausgeschenkt werden. Diese Räume haben schon viele Gäste gesehen, die später mit mehr oder weniger Wein intus wieder in die Weimarer Nacht gestolpert sind.
Tolle Auswahl an hochwertigen Gerichten
Wir sichten erst einmal die Karte. Im Angebot sind ein Menü mit vier oder fünf Gängen (65 Euro/76 Euro) oder eine Auswahl an kleineren Gerichten à la Carte (viele davon vegetarisch oder vegan), von denen man am besten einige mehr bestellt, um sie sich dann am Tisch zu teilen. So kann man entweder nur einen Snack zum Wein genießen oder sich ein ganzes Menü zum Sattwerden zusammenstellen. Oder man bestellt einfach eine Brotzeit mit dem köstlich-knusprigen Bauernbrot von Bäcker Süpke.
Wir bestellen heute eine bunte Mischung aus der Karte. Mit einem Glas Cava stoßen wir an und widmen uns dann Arancini mit schwarzem Reis und Parmesan. Die typisch sizilianischen frittierten Reisbällchen sind fabelhaft. Die knusprige Panade und die weich-warme Füllung stellen in der Konsistenz und dem Aussehen einen schönen Kontrast dar. Das macht Lust auf mehr! Weiter geht es mit Carpaccio vom norddeutschen Rinderfilet mit Chimichurri-Mayo. Ein schmelzig-cremiger Genuss. Bei den Zutaten kann man sich in der Weinbar auf hervorragende Qualität verlassen. Auch wenn die Gerichte und Ideen aus der ganzen Welt (häufig aus Italien) kommen, werden die Rohstoffe, wann immer möglich, von guten regionalen Produzent:innen bezogen. Viele in Bio-Qualität.
Saisonales Soulfood
Es folgen die Hauptgerichte, die sich alle anfühlen wie eine feste Umarmung. Sie trösten jeden, der ganz verzweifelt auf warme Tage wartet. Ein gelb-zerlaufendes Onsen-Ei, das in einem Ziegenkäse-Spinat-Küchlein thront, ein warmer Artischockensalat mit würzigem Schalotten-Schaum und Schwarzwurzeln, die mit Kräuterseitlingen und Trüffeln ein gleichermaßen leckeres wie herzhaftes Ensemble abgeben. Saisonales Soulfood, das zeigt, dass auch der Winter wunderbares zu bieten hat. Dazu beglückt uns Inhaber Philipp Heine mit verschiedenen Weinen zum Probieren. Mein Favorit des Abends ist ein wahnsinnig cremiger Riesling vom Weingut Schätzel.
Entdeckungsreise in Welt der Weine
Noch eine Sache, die ich an der Weinbar mag: Wer sich mit Wein auskennt, kann mit Philipp hervorragend fachsimpeln. Wer keine Ahnung hat, kann sich absolut auf seine Empfehlungen verlassen. In jedem Fall lernt man wahrscheinlich etwas Neues. Ich jedenfalls habe in der Weinbar noch nie einen Wein getrunken, den ich nicht auf irgendeine Weise toll fand. Diese kleinen Entdeckungsreisen machen immer (auch unabhängig vom Alkoholpegel) viel Spaß. Dazu wissen Philipp und seine Partnerin Anna, wie man für Gäste eine tolle Atmosphäre kreiert. Die Balance zwischen dem Besonderen und einer angenehmen Lockerheit passt für Dates genauso wie für Geschäftstermine, Hochzeitstage und lange lustige Abende mit viel Wein. Ein Spagat, den ich sonst eher aus Berlin kenne.
Wir schließen den Abend mit einem weiteren Highlight ab: einem Zitronentartelette (frisch!), die von Dulce de Leche Eis (süß!) gekrönt wird. Eine bezaubernde Kombination, die mit den zwei Dessertweinen, die wir dazu kosten, nur noch besser wird. Die Weinbar Weimar hat an diesem Abend mal wieder all das abgeliefert, wofür ich sie schätze. Wer das Restaurant kennt, wird sich freuen, dass es auch unter dem neuen Koch Marco Ferrieri seine Qualität halten kann. Wer es nicht kennt, sollte das am besten schleunigst ändern.
Hard Facts:
- Weinbar Weimar | Humboldtstraße 2 | Di. – Sa. Ab 17 Uhr
- Mehr unter: www.weinbar-weimar.de
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