Verena Issels Arbeit „Traurige Tropen Version IV“ ist noch bis Anfang kommenden Jahres im Berghain, dem berühmtesten Club der Welt, zu sehen. Unter dem Titel „Studio Berlin“ zeigen dort die Boros-Collection und die Clubbetreiber 100 international bekannte Künstlerinnen und Künstler aus Berlin. Verena Issel ist eine in Berlin lebende und arbeitende norwegische Objekt- und Installationskünstlerin. In der Erfurter Galerie Hammerschmidt + Gladigau ist sie mit „Traurige Tropen III“ zu Gast. Die mehrteilige Installation einzelner Gebilde lässt uns an Palmen erinnern, wie es in einer Mitteilung von Hammerschmidt + Gladigau heißt.
Palmen als Metaphern Verena Issels in Erfurt erleben
Palmen, Sinnbilder des Paradieses, erscheinen hier als Arrangements von Alltagsdingen, die ihrer zweckmäßigen Funktion beraubt werden. Die bloße Zuschreibung des Palme-Seins, die eigentlich jeden beliebigen Alltagsgegenstand treffen könnte, erzeugt eine Freude in der Kombination der Materialien und der Ähnlichkeit zu realen Palmen. Die Palmen werden zu Metaphern für mehr oder weniger existentielle Aspekte des Lebens und auch für modische Notwendigkeiten, Behauptungen und erfolgreiches Wachstum im Wald der Kunst. Der Titel „Traurige Tropen“ bezieht sich auf das gleichnamige Buch des Ethnologen Claude Lévi-Strauss, in dem er die Gesellschaften des Amazonas gründlich analysiert hatte. Er spricht im Schlusskapitel von der Sinnlosigkeit der Versuche eindimensionaler Erklärungen, von dem ewigen Fragezeichen über und in den Köpfen der Menschen.
Jan Brokof bringt uns in Erfurt Entdeckungsgeschichten näher
Mit dem Amazonas beschäftigt sich auch der Berliner Künstler Jan Brokof, der den zweiten Raum der Erfurter Galerie bespielt. Die Zeit der großen Entdeckungsfahrten ist zu Ende. Forschungsreisende segelten über Ozeane und durch Meerengen, hatten zahllose Küstengegenden kartographiert, endlos scheinende Wüsten auf Kamelen durchquert und eisige Gebirgspässe bezwungen. Die Welt ist erkundet. Und doch gibt es noch weiße Flecken, die nicht erforscht und beschrieben sind. Zu diesen unbekannten Orten gehören die „inneren Tropen“.
Eine imaginäre Reise nach Brasilien
Für 2020 plante Jan Brokof eine längere Reise nach Brasilien, in welcher er sich mit dem Format des Reiseberichtes auseinandersetzen wollte. Aus uns allen bekannten Umständen war diese Reise nicht möglich. So entschloss er sich, diese Reise imaginär anzutreten und einen Reisebericht seiner erfundenen Reise zu verfassen. Schon seit längerem beschäftigt sich Jan Brokof mit der Entdeckungsgeschichte und der Bilderproduktion über die „Neue Welt“, die Americas, aus europäischer Sicht. Dabei geht es um die kritische Auseinandersetzung seines eigenen, weißen, europäischen, kolonialen oder postkolonialen Blicks. Waren Reiseberichte doch stets eingebunden in imperiale oder koloniale Expansionen, die die Reisen erlaubten.
Eine Collage für jedermann
Es ist das Bemühen, um eine nicht-eurozentrische Sichtweise, die die eigenen Bedingungen dennoch nicht verneint. Unter Zuhilfenahme verschiedener Strategien, die eine konsequente Verlagerung der Vorstellung eines psychologischen, geographischen und politischen Zentrums propagieren, strebt Jan Brokof eine Arbeitsweise an, die nichts mit Bedeuten, Erklären, Interpretieren, Systematisieren oder dem Enthüllen von Wahrheiten zu tun hat. Gemischt mit Bildern und Texten seiner vergangen Reisen nach Brasilien, wird eine raumgreifende Collage mit Zeichnungen und Leuchtschriften gezeigt. Sie ermöglicht es, das eigene Material immer wieder neu zu bewerten bzw. umzuwerten.
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Hard Facts:
- Wo? Hammerschmidt + Gladigau | contemporary fine arts | Trommsdorffstraße 15 | 99084 | Erfurt
- Wann? 28.11.2020 bis 24.01.2021
- Eröffnung: Samstag | 28.11.2020 | 19 Uhr
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