Die depressive Stimmungskanone aus Köln kommt nach Thüringen. Johann König tritt am 30. November in Weimar auf. Wir haben vorab mit ihm über Frauke, SUVs und Interviewfragen geredet.
Was denkst du dir eigentlich, wenn du mal wieder ein Interview hast? So was wie: ,,Hoffentlich nicht wieder die gleichen Fragen!?“
Also heute habe ich erstmal verschlafen. Eigentlich hätte ich drei Interviews und um 11 Uhr fingen die an, ich bin aber erst 11.15 Uhr aufgestanden. Das erste Interview hatte ich also schon verpasst. Dann rief jemand auf dem Hoteltelefon an und sagte mir, dass ich eigentlich jetzt ein Interview habe. Also laufe gerade im Schlafanzug durchs Zimmer, trinke meinen ersten Kaffee und denke mir: ,,Hoffentlich kommen nicht wieder die gleichen Fragen wie immer.“ (lacht)
Gut. Dann strengen wir uns an. Du bist ja gelernter Kinderkrankenpfleger und hast auch Sport studiert. Wie kam da der Sinneswandel, dass du jetzt Komiker geworden bist?
Also das war eher Zufall und nicht geplant. Ich übernahm immer die Nachtwachen im Krankenhaus, um mir das Studium zu finanzieren. Dabei hatte ich sehr viel Zeit. Und weil nicht viel zu tun war, fing ich an Gedichte zu schreiben.
Irgendwann las ich eines der Gedichte in einem Literaturcafé vor und die Leute haben sich kaputtgelacht. Da dachte ich mir, dass ich ja lustig sein muss. Ich wusste gar nicht warum das lustig ist, aber ich habe dann in den nächsten Nachtwachen weitere Gedichte geschrieben, diese vorgetragen und die Leute hatten jedes Mal gelacht.
Damals war ich schon 26 Jahre alt und wollte zuvor eigentlich nie auf die Bühne. Die meisten wissen ja schon mit zehn, dass sie einmal auf die Bühne wollen. Ich habe aber erst mit 26 meine komische Ader entdeckt. Dann ging das auch immer so weiter und irgendwann kam der ,,Quatsch-Comedy Club“. Ich bin also Komiker geworden, weil die Leute gelacht haben. Sozusagen bin ich durch die Leute gezwungen worden, diesen Beruf zu wählen.
https://www.youtube.com/watch?v=p1lC4kE8B2U
1997 hast du dein erstes Gedicht ja beim ,,Open Mikrophone“ in Köln vorgetragen. Was hast du dir von dem Auftritt erhofft? Oder bist du dort einfach ohne Ziel auf die Bühne?
Also eigentlich wollte ich nur zuhören, aber da gab es zwei Moderatoren, die immer gefragt haben, wer denn jetzt etwas vorlesen möchte. Wenn sich niemand getraut hätte, lasen die Autoren eigene Texte vor und das galt es zu verhindern, denn die waren nicht so spannend.
Meine damalige Freundin Frauke hat dann gesagt: ,,Du hast doch da einen Zettel in der Hosentasche. Geh‘ du doch nach vorne“. Da dachte ich erstmal: ,,Oh nein, auf gar keinen Fall.“ Danach habe ich nochmal drei Kirsch getrunken und hatte dann, glaube ich, insgesamt zehn intus. Schließlich habe ich mich tatsächlich getraut. Ich musste aber erst mit Alkohol und Fraukes Ellenbogen dazu gebracht werden, auf die Bühne zu gehen. Ich war ja unfassbar schüchtern! Aber es war der entscheidende Gang meines Lebens. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre ich jetzt Lehrer. (lacht)
https://www.facebook.com/JohannKoenigKomiker/photos/p.10157961733168306/10157961733168306/?type=1&theater
Auf der Bühne hast du ja eine besondere Art deine Sätze zu betonen und zu sprechen. Machst du das im Alltag auch so oder gibt es da einen Unterschied zwischen deinem privaten und deinem Bühnen-Ich?
Sobald ich die Bühne betrete bin ich Johann König. Wenn ich auf der Bühne privat bleiben würde, dann wäre das nicht komisch. Jeder verändert sich, wenn er die Bühne betritt, weil die Bühne eine Höhe hat und die Leute gucken hoch, dann ist da noch das Licht und der Eintrittspreis. Das alles schafft eine Distanz zum Publikum und dadurch verändert man sich automatisch – dann bin ich plötzlich der Kasper. Es wird ein kleiner Schalter umgelegt, aber kein großer, dennoch ein entscheidender, der es dann lustig macht.
Ich persönlich kann deinen Humor jetzt nicht richtig einordnen. Slapstick? Politsatire? Wie würdest du deinen Humor selbst beschreiben?
Es ist für jeden was dabei. Also es geht vom privaten zum Politischen. Es gibt zum Beispiel Kabarettisten, die sagen: ,,Ach diese Grünwähler, die zum Biobauernhof fahren und sich ihren Rotwein holen“. Dann klatschen alle und sagen: ,,Ja genau diese blöden Grünenwähler.“ Aber ich sage: ,,Ich fahre mit dem SUV zum Biobauernhof.“
Das ist eine andere Herangehensweise. Das heißt ich gehe immer von mir aus. Ich rede immer aus der Ich-Perspektive, das ist ja auch der Unterschied zwischen Comedy und Kabarett. Kabarettisten reden immer über Politiker und wissen es auch immer besser. Die Komiker sagen aber: ,,Ich bin der Trottel und ich weiß es nicht besser.“ Diese Herangehensweise gefällt mir einfach besser.
Dass ich auch alle Themen abdecke, liegt daran, dass ich selbst Kinder habe und da wird man mit allen Themen konfrontiert. Dadurch kommt man automatisch auf Bildungspolitik, Lehrermangel oder Klimaschutz. Die Familie ist eigentlich immer der Aufhänger, ich erzähle auch oft wahre Geschichten.
https://www.youtube.com/watch?v=wzZjD_qGkL4
Du hast drei Kinder. Wie finden die denn deinen Humor? Oder bist du privat eher der strenge Papa?
Nee, ich bin privat sehr lustig. Meine Frau meint auch immer, dass ich nichts ernst nehme. Meine Kinder haben aber mein Programm noch nicht richtig live gesehen. Aber die finden mich schon lustig. Sie wollen aber auch, dass ich öfters zu Hause bin. Kürzlich haben sie zu meiner Frau gesagt: ,,Mama, könnt ihr nicht mal tauschen, dass du das auf der Bühne machst und der Papa bleibt zu Hause?
Wir haben gesehen, dass du bei ,,Dislike“ warst, ein Format, bei dem du unschönen Kommentare über dich gelesen hast. Interessiert dich überhaupt, was die anderen denken oder bist du durch die ganzen Jahre auf der Bühne resistent geworden?
Also ich habe eine Facebook-Seite und da habe ich in einer Woche vielleicht mal einen Kommentar und den lese ich mir schon durch. Aber wenn das jetzt so viel ist, dann überfliege ich das nur. Ich hatte aber auch schon mal einen Shitstorm, das ist dann schon unangenehm zu lesen. Aber da muss jeder auf seine Weise versuchen, damit umzugehen.
Wenn man sich alles durchliest und dann auch noch antwortet, ist das auf jeden Fall der falsche Weg. Ich habe auch eine Radiokolumne und vor kurzem gab es drei Frauen, die ganz entsetzlich fanden, was ich sagte. Da weiß ich aber genau, dass sie ein anderes Humorverständnis als ich haben und es deshalb nicht lustig fanden. Entweder hat man mein Humorverständnis oder nicht, das ist keine Kritik, die ich mir zu Herzen nehme.
Wenn man sich die Kommentare durchliest, sieht man ja meist schon an den ersten zwei Worten, dass es negative Kritik ist, deshalb muss man sich zwingen, das nicht weiter zu lesen. Was aber sehr schwierig ist. Das schaffen manche nicht. Aber ich kann das.
Ist der Name deiner Tour denn auch Programm?
Na klar. Am Schluss jubeln die Leute – und ich bin heiser.
Hard Facts:
- Wann? 30. November | 20 Uhr
- Wo? Weimarhalle, Unesco-Platz 1
- Tickets für die Veranstaltung bekommt ihr hier
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https://www.facebook.com/JohannKoenigKomiker/videos/705939093251909/?__xts__%5B0%5D=68.ARCwWtA9qGC8IXmVcbydGOyfEOfiEtzOZcvweDG6iC6fjzTt3AWLPyvzJzVNcSEIlhLrRGF5JStXYS7gfJK8DdGveX66sPHwefwM0gRsz_phw6vk3RJR5xCRg2o_3rRq5pD_baNoAXNaQ32U4C3t8nLes6uchbaC3LbMml70tz7e9_DhfXxz2tI4jafEkp3PjidYEhfQFhhDfxiUa7HGleyaz8dBwHviMtoB5toO0ODGLd_iHAjF_P6La-IawDpKSdLzEuPqs13CL6em9LFw7cEU64FjBXBYQdLV0qf_5MyvOqeHYl9tQRQsCyJDlXr0GTPsdh6Wuab26v6a0fiANlYyukoIEF9j&__tn__=-R
Interview: Jaqueline Haase