Es ist Advent. Das bedeutet für Menschen mit Vollzeitjob und Familie vor allem eines: Hilfe, es ist bald Weihnachten! In den vergangenen Jahren habe ich an dieser Stelle Artikel über Spaziergänge durch Jena und Weimar verfasst. Ziel waren Orte, an denen sich besondere Weihnachtsgeschenke lokal kaufen lassen. Dieses Jahr zieht es mich dafür an einen Thüringer Ort, den ich praktisch überhaupt nicht kenne und den ich mir erst erobern muss: Arnstadt. Arnstadt am Rande des Thüringer Beckens und am Fuße des Thüringer Waldes ist vergleichsweise klein. Nur rund 28.000 Menschen leben dort, wo Johann Sebastian Bach einst seine erste Organistenstelle antrat. Doch schon der Weg vom Bahnhof mit Schlenker vorbei am Schlossmuseum in die Innenstadt ist erstaunlich schön. Die Sonne fällt auf malerische alte Häuser mit runden Torbögen und einzelnen, kleinen Geschäften. So sehe ich einen kleinen Laden, der sich auf etwas spezialisiert hat, das sich hervorragend verschenken lässt: Socken!
Schubladen voll Strümpfe
Im „StrumpfKafé“ am Holzmarkt mit seinem beeindruckenden Ladenbau aus der Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es zahllose Schubladen und Vitrinen. Ich bestaune Socken mit Katzen oder Pflanzenmotiven, bewundere die Strumpfhosenpalette und lerne: Das meiste im Sortiment ist zudem nachhaltig produziert. Mit ersten Geschenken und, zugegeben, einem Selbstgeschenk, geht es weiter durch die Altstadt.
Grüner Günther
Wenige Meter weiter, an der Ecke zur Erfurter Straße, weckt ein Laden mit dem sympathischen Namen „Grüner Günther“ meine Aufmerksamkeit. Das kleine Lebensmittelgeschäft versteht sich als Hofladen in der Stadt und führt frisches Obst, frisches Gemüse und frische Eier aus regionaler und ökologischer Produktion. Das lässt sich nicht unbedingt verschenken. Da der Grüne Günther aber auch lokale Köstlichkeiten von Eierlikör über Craft Beer, bis zu eingemachtem Knoblauch und berühmter Erfurter Schokolade führt, kann ich hier sehr wohl fündig werden. Denn über Goldhelm-Produkte freuen sich alle in meiner Familie.
Lecker essen im „Zum armen Schwein“
Ebenfalls in der Erfurter Straße prangt einladend eine leuchtend rote, großstädtisch wirkende Ladenfassade: „Lebensart“ steht darauf. Kann ich hier einen Kaffee trinken? Doch leider ist dieser „Feinkost- und Geschenkespezialist” mit Café bei näherem Hinsehen geschlossen. Seit dem Sommer. Da ist sie nun also doch, die Krise des Einzelhandels und der Gastronomie. Pünktlich dazu verschwindet auch die Sonne hinter einer dicken Wolke und es wird deutlich kühler. Ich habe Hunger und Kaffeedurst, konsultiere das Smartphone. Es empfiehlt die Einkehr im Lokal „Zum armen Schwein“, passend zur plötzlich gedrückten Stimmung. Doch das liegt mehr als einen Kilometer von meinem Standort entfernt.
In diesem leicht orientierungslosen Moment werde ich von einer stilvoll gekleideten, älteren Dame angesprochen. Sie findet meine weite Hose mit geometrischem Muster toll und fragt, ob sie mich fragen dürfe, wo ich diese her hätte. Ziemlich verlegen erzähle ich, dass ich sie selbst aus einem dänischen Stoff genäht habe. „Sie sind nicht von hier, oder?“, fragt sie mutig weiter. „Nein“, sage ich, noch verlegener. „Aber wenn Sie gerne nähen, sind sie in Arnstadt genau richtig“, meint sie. Denn es gäbe einen Ort für Stofffans, wenn nicht sogar den Ort: Thüringens größten Stoffladen!
Zwischen Kaffeetempel und Stoffparadies
Auch für meine akuten kulinarischen Bedürfnisse hat sie genau den richtigen Tipp: Bohnenstolz. Vorbei an der ehrwürdigen Johann-Sebastian-Bach-Kirche und am Marktplatz, liegt Arnstadts Kaffeerösterei in der südwestlichen Altstadt an der Oberkirche. Der Gastraum ist wundervoll semisaniert. Kaffee und Snacks schmecken grandios. Im selben Gebäude wäre im Stadthaus sogar eine stilvolle Unterkunft zu finden, falls ich noch länger würde bleiben wollen. Ich bin froh, mit einem Wanderrucksack unterwegs zu sein: ein Kilo Frischgeröstetes ¬findet dort noch Platz. Über guten, regionalen Kaffee freuen sich Menschen auch immer sehr. Ob ich es schaffe, den bis Weihnachten zurückzuhalten?
Stoffparadies in Arnstadt
Die Nahverkehrsverbindung zwischen Kaffeetempel und Stoffparadies ist gut, wenngleich Bus Nummer eins am Wochenende nur einmal in der Stunde fährt. In gut 20 Minuten bin ich im Industriegebiet, im Elxlebener Weg. „Der Stoff-Handel“ ist wahrhaftig gigantisch. Ich finde einen Jersey-Stoff, der sich wenden lässt. Perfekt, um Schlafanzüge zu nähen, die einfach immer richtig rum sind. Denn was gibt es Schöneres als selbst gemachte Geschenke?
Vorweihnachtlicher Besuch
Nun ist mein Rucksack prall gefüllt. Arnstadt mag klein sein, aber es hat großes Geschenke-Potenzial und ist somit gerade in der Vorweihnachtszeit einen Besuch wert.
Hardfacts:
- StrumpfKafé | Holzmarkt 7 | Arnstadt
- Grüner Günther | Erfurter Straße 1 | Arnstadt
- Lebensart | Erfurter Straße 8 | Arnstadt
- Zum Armen Schwein | Jonastal 24 | Arnstadt
- Bohnenstolz | Pfarrhof 1 | Arnstadt
- Der Stoff Handel | Elxlebener Weg 10 | Arnstadt
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