Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown #2 mit Katja Hesse
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir ein Jahr später erneut mit dem Tanztheater Erfurt. Diesmal steht uns Katja Hesse Rede und Antwort. Sie ist die Büroleitung des Tanztheaters in Erfurt und koordiniert die Kinder- und Jugendtanzprojekte des Tanztheaters. Mittlerweile besteht das Tanztheater aus einer Tanzschule, einer jungen Kompanie und einer großen Kompanie und ist international aufgestellt.
Wie sieht aktuell die Lage bei euch/dir aus?
Zum einen haben wir bereits im letzten Jahr ein umfangreiches Online Kursangebot für unsere Vereinsmitglieder aufgebaut: Unsere Tanzpädagogen unterrichten jetzt via Zoom. Jede Woche schalten mehr Menschen ein, was uns sehr freut! Natürlich ist diese Art des Unterrichts anfangs gewöhnungsbedürftig, da der direkte Kontakt einfach fehlt. Doch wir bleiben optimistisch und sehen auch die Vorteile. So können wir z.B. frühere Tanzpädagogen und Mitglieder aktivieren, die verzogen sind – sie können nun wieder, virtuell, mittanzen. Einige der Kurse haben wir nun auch für interessierte Menschen außerhalb des Vereins geöffnet. Besonders beliebte Kurs möchten wir auch nach dem Lockdown weiterhin online anbieten. Neben dem Kursangebot läuft aktuell noch ein Jugendprojekte über das wir euch bei Bedarf gerne genauere Informationen zukommen lassen können.
Ihr seht also: In unseren Tanzstudios ist es alles andere als still! Was unsere Tanzcompany angeht, so stehen wir kurz vor dem Probenbeginn für unsere neue Bühnenproduktion „Die Göttliche Komödie“. Die Premiere der Koproduktion mit dem Theater Erfurt und dem DNT Weimar soll am 08. Mai gefeiert werden. Zudem proben wir seit Dezember im virtuellen Tanzraum das inklusive Stück „Zug“, eine Koproduktion mit der Wiener Company „Ich bin Ok“, welches seine Premiere im Juni 2021 feiern soll.
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Wie steht es um die Finanzen, gab es Hilfe von außen?
Leider bekamen wir keine Hilfe in Form von November-/Dezemberhilfe oder Überbrückungshilfe I-II. Uns wurde aber ein umfangreiches Hilfspaket „Neustart Sofortprogramm für Corona-bedingte Investitionen“ (gefördert durch die BKM) für die Digitalisierung und Umrüstung der Tanzstudios gewährt. Mit Hilfe dessen konnten wir neue Umkleidekabinen planen und bauen und unsere Online-Kurse überhaupt möglich machen. Zudem half uns das Stipendium „Reload“ (Kulturstiftung des Bundes) von Juli bis Dezember 2020 3 Stücke („Camaleonte“, „getanztes Interview“ und „53 52 50 Ohne dich“) zu produzieren die den damaligen Hygienekonzept entsprachen. Unser Fokus hierbei lag auf Nachhaltigkeit, das bedeutet, etwas zu kreieren, das auch später jederzeit und mit wenig Aufwand wieder aktiviert werden kann. Für die abgesagten Veranstaltungen innerhalb unseres 7. Internationalen Tanztheaterfestivals im Herbst 2020 wurden wir durch die Billigkeitsleistung des Landes unterstützt.
Was hat sich im vergangenen Jahr alles verändert? (Umstrukturierungen, etc.)
Die Umstrukturierung des Tanztheaters, seine Anpassung an die aktuellen Begebenheiten, hatte ihren Schwerpunkt vor allem auf der Digitalisierung. Sowohl Homeoffice als auch virtueller Tanzunterricht und virtuelle Proben wurden möglich gemacht.
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Was habt ihr im vergangenen Jahr gemacht?
- Im Januar und Februar 2020, bevor der Lockdown begann, konnten wir den Doppelabend „Face me/Le Sacre du Printemps“ im ausverkauften DNT zeigen. Die angedachten Aufführungen im Theater Erfurt fielen leider alle aus
- Ende Januar spielten wir unser Stück „Reprise“ in Gera
- Wir feierten die Premiere unseres Stückes „Dazwischen das Meer“ im Kontor Erfurt
- Wir waren zu Gast beim Theaternaturfestival mit unserem Stück „Konsequenzen“
- Wir waren Teil des pandemistischen Gartentheaters in der Barfüßerruine mit 4 Vorstellungen von „Together Alone“
- Wir feierten unser 7. Internationales Tanztheater Festival im Kulturquartier Erfurt
- Wir feiert die Premiere des Stückes „Camaleonte“
- Wir nahmen an der Theatrale 2020 teil
- Wir haben den Thüringer Theaterpreis für unser Stück „Face Me“, eine Koproduktion mit dem Theater Erfurt und dem DNT Weimar, gewonnen
- Wir erstellten ein umfangreiches Online Tanzangebot
- Wir arbeiteten an unserem kommenden Bühnenstück „Die Göttliche Komödie“
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Ziehst du etwas Positives aus der Zeit?
Zugegeben, es ist nicht ganz einfach etwas Positives aus dieser ungewissen Zeit zu ziehen. Doch es gab und gibt Dinge, die uns fröhlich stimmen. So zum Beispiel die unglaubliche Solidarität unserer Vereinsmitglieder. Ihre Unterstützung ist es, die unseren Verein finanziell rettet. Auch unsere Company hatte die Möglichkeit den Lockdown zu nutzen, um neue kreativer Ausdrucksmöglichkeiten zu entdecken und Distanz als auch Chance zu sehen. Alles in Allem sind wir angesichts der mangelnden Berührungen und Begegnungen dennoch wie gelähmt.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Unser Hauptanliegen ist, dass wir am 08. Mai die Premiere von „die göttliche Komödie“ feiern und auch alle folgenden geplanten 7 Vorstellungen stattfinden können. Wir freuen uns außerdem auf die Premiere von „Zug“ im Juni und unseren Beitrag zur Buga 21 „Momo“ auf der großen Freilichtbühne auf dem Petersberg Erfurt. 2021 Wieder mit und vor Menschen zu tanzen und die Türen unserer Tanzstudios wieder öffnen zu können ist unsere große Hoffnung.
Lest hier das Interview mit Ester vom Tanztheater Erfurt vom letzten Jahr
Hard Facts:
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https://www.youtube.com/watch?v=gXDP1EkXAvU