Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown mit Hans Piers
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir diesmal mit Hans Pirrhs . Er ist 28 Jahre jung und studiert Sozialwissenschaften und Geschichte an der Universität Erfurt. Nebenbei ist er im Erfurter Club Kalif Storch angestellt und ist somit in vielerlei Hinsichten von der aktuellen Coronakrise betroffen.
Wie ist jetzt bei dir die aktuelle Lage?
Eigentlich hätte das Semester ja am 13. April wieder starten sollen. Aktuell ist das vorerst bis zum 4. Mai verschoben. Das bedeutet, es ist bis dahin Vorlesungsfreie Zeit. Ab dann finden Vorlesungen allerdings nur online statt und man kann die Uni noch nicht wieder besuchen oder an Seminaren teilnehmen. Mich betrifft das dahingehend, dass ich in diesem Sommersemester meine Bachelorarbeit schreiben wollte. Durch die Krise verzögert sich das natürlich jetzt alles. Es ist aktuell ungewiss, ob ich das in der vorgegeben Zeit dann noch schaffe.
Die Uni Erfurt hat auf jeden Fall schnell reagiert und uns zwei Monate Aufschub gewährt. Eines der größten Probleme für Studierende ist die geschlossene Bibliothek. Die ist für die, die gerade ihre Abschlussarbeit schreiben, natürlich enorm wichtig, um Zugang zur Literatur zu bekommen. Ansonsten ist endet das Semester aller Voraussicht zum regulären Datum. In wieweit die Dozenten dies Umsetzten können, wird sich zeigen.
Bei meiner Tätigkeit im Kalif Storch sieht es aktuell so aus, dass das Kalif für uns Kurzarbeitergeld beantragt hat. Das kam auch für diesen Monat schon. Ich bin da glücklicherweise in einer besseren Position als andere, da ich fest angestellt bin. Für alle Minijobber gibt es leider kein Kurzarbeitergeld. Das ist ein großes Problem für viele Studenten.
Hast du Angst vor dem Virus? Wirtschaftlich und gesundheitlich gesehen?
Gesundheitlich habe ich keine Angst vor Corona. Ich zähle mich nicht zur Risikogruppe und halte mich an die Vorgaben. Meine sozialen Kontakte beschränke ich auf ein Minimum und muss sagen, das klappt bis jetzt ganz gut. Wirtschaftlich macht mir das natürlich Sorgen. Gerade das Kalif oder andere gastronomische Einrichtungen werden wohl frühestens nach dem Sommer wieder öffnen können, was für mich natürlich auch eine Herausforderung ist, alles finanziell zu stemmen. Bei mir geht es aktuell noch, da ich einen Studienkredit habe, allerdings deckt dieser auch nur meine Fixkosten.
Hast du einen Notfallplan, um weiterhin Geld einzunehmen?
Ich habe geschaut, das ich vielleicht im Lebensmittelhandel einen Job bekomme. Dort könnte ich steuerfrei Geld verdienen und es würde mir nicht von meinem Kurzarbeitergeld abgezogen werden. Allerdings sieht es mit den Stellen dort mittlerweile sehr mau aus. Viele Unternehmen suchen nicht mehr für die Krise, sondern längerfristige Mitarbeiter. Ansonsten warte ich ab und schaue wie sich die Situation entwickeln wird.
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Hast du Tipps, um das Beste aus der Lage zu machen?
Ich hoffe, dass die Digitalisierung durch die aktuelle Situation weiter voranschreitet. Unis sollten ihr Onlineangebot weiter verstärken. Es gibt Dozenten, die Ihre Vorlesungen schon per Video aufzeichnen und dies den Studenten zur Verfügung stellen. Da sich die Inhalte nicht groß ändern, kann man natürlich auch gut auf Vorlesungen aus den vergangenen Jahren zurückgreifen. Ich würde mir wünschen, dass durch das ganze Homeoffice-Ding etwas hängen bleibt und dass Arbeitgeber in Zukunft flexibler werden, das beibehalten.
Was würdest du dir jetzt konkret wünschen, insbesondere von der Politik?
Ich bin sehr zufrieden mit der Arbeit der Politiker. Ich glaube, wir sitzen alle gerade im selben Boot und die Regierung weis genauso wenig wie ich, wie es in 14 Tagen aussieht. Alle sind in der derzeitigen Situation etwas ahnungslos. Ich finde es richtig, gerade jetzt mit den ganzen Einschränkungen zu leben. Das ist besser als später irgendetwas zu bedauern oder andere Menschen zu gefährden.
Wie soll es nach der Krise für dich weitergehen?
Mein Plan ist es, nach dem Sommer meinen Abschluss zu machen und dann aus Erfurt wegzuziehen. Ich möchte meinen Masterstudiengang in Hamburg beginnen. Aktuell ist das allerdings noch in weitere Ferne, weil man ja nicht weiß, wie lange die Situation so bleibt.
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Denkst du, das alles kann etwas Positives bringen?
Ja, auf jeden Fall. Ich finde, dass die Gesellschaft wesentlich solidarischer geworden ist. Das sieht man auch an den Kulturbetrieben, die versuchen nicht in Vergessenheit zu geraten. Es werden viele Streams angeboten und Spendenaufrufe gemacht, denen wirklich viele Leute auch folgen. Ich finde es sehr positiv, dass Dinge, die vorher selbstverständlich waren, jetzt mehr Wertschätzung erfahren.
Gibt es noch etwas, dass du sagen willst? Liegt dir noch etwas auf dem Herzen?
Ich finde es wichtig, das man gerade jetzt in der Zeit von „Social Distancing“ nicht den Kopf hängen lässt. Man soll weiterhin seine sozialen Kontakte pflegen. Beispielsweise mit den Leuten telefoniert oder chatten. Vielleicht sollte man auch öfter seine Großeltern anrufen. Einfach alles weiter am Laufen halten.
Ihr seid Kulturakteur oder kreativer Einzelhändler in Thüringen und wollt mit uns über euer Leben in der Krise sprechen? Schreibt uns mit dem Betreff “Kultur Shutdown” an: f.dobenecker@mediengruppe-thueringen.de.