Der Winter naht. Die Energiepreise explodieren gerade wie ein Silvesterböller mit viel zu kurzer Lunte, schnell und heftig. Ein Blick auf dein Konto lässt dir einen eiskalten Schauer den Rücken hinunterlaufen. Schnell ziehst du dir einen vierten Pulli über, denn geheizt wird erst, wenn sich dein Atem langsam und sichtbar aus deiner Mundhöhle quält. Die Devise
in diesem Jahr lautet: „Wer spart, der hat.“ Also drehst du mit Argusaugen einige Runden durch deine Wohnung, um überflüssige Gerätschaften zu identifizieren, welche einerseits unnötig Energie fressen, andererseits auch den ein oder anderen Euro bei ebay einbringen könnten.
„Bitte Kennwort eingeben“
Ein Fernseher im Wohnzimmer und einer im Schlafzimmer sind zwar schon dekadent, aber ohne belangloses Geflimmer kannst du schon lange nicht mehr einschlafen. Die Sammlung aller verfügbaren neuen und alten Spielekonsolen ist notwendig, denn wenn wir mal ehrlich sind, war FIFA 2003 doch das einzig wahre FIFA und braucht halt einfach eine Playstation 2. Und so drehst du grübelnd deine Runden, während das kontinuierliche Brummen deines Trockners einen gewohnt beruhigenden Effekt auf dich hat. Und da selbst Denken Energie verbraucht, wärmst du dir deine gestern im Thermomix® zubereitete Tomatensuppe in der Mikrowelle auf. Lethargisch beobachtest du die sich stetig drehende Schüssel, als dir plötzlich ein Geistesblitz kommt.
Die technischen Mittel im Alltagsgebrauch
Nach einem gazellengleichen Sprung über den Saugroboter sprintest du zu deinem Balkon, schnappst dir dein Handy und fotografierst den schon leicht verwitterten Heizpilz aus allen Winkeln und Posen. Das Ding wird jetzt effektiv bei ebay verscherbelt. Mit der Modelleisenbahn hat das vor fünf Jahren schließlich auch super geklappt. So gehst du nach dem deiner Meinung nach sehr guten Foto Shooting auf den digitalen Marktplatz, um dem Heizpilz eine besonders gelungene Annonce zu kredenzen
Standard bleibt Standard
Jetzt nur noch die Mailadresse und das Passwort eingeben und dann geht es los. Doch wie war das Passwort doch gleich? War es „123456“ oder einfach nur „Passwort“? Nach zwei fehlerhaften Eingaben und kurzen Wutausbrüchen, die sich in lautem Gefluche mit mordlüsternem Blick ad hoc Bahn brechen, bist du drin. Es war das gleiche Passwort wie immer: „qwertz“. Da kommt doch auch einfach niemand drauf.
Doch tatsächlich zählen diese Passwortkombinationen nach dem Hasso-Plattner-Institut zu den beliebtesten in Deutschland. Ebenso Passwörter wie „hallo“, „Schatz“ oder sämtliche Aneinanderreihungen aufsteigender Zahlen. Je leichter ein Passwort ist, umso schneller können es andere Menschen oder auch Programme knacken. Laut der Verbraucherzentrale sind schwache Passwörter die größte Sicherheitslücke im Internet. „Denn Hacker können es mit Hilfe automatischer Programme, die tausende Einträge aus Wörterbüchern in Verbindung mit Zahlenkombinationen in Sekundenschnelle testen, rasch herausfinden“, so die Verbraucherzentrale. Ein gutes Passwort sollte dabei mindestens 10-12 Zeichen haben und aus Groß- und Kleinbuchstaben, Sonderzeichen und Zahlen bestehen. Weiterhin sollte man sich solch ein Passwort merken können und keinesfalls irgendwo notieren. Außerdem wird angeraten, überall andere Passwörter zu nutzen, damit eine Sicherheitslücke nicht gleich zur allgemeinen Sicherheitslücke für alle Konten wird. Also was tun?
Der Passwort Manager
Einerseits kann auf sogenannte Passwort-Manager zurückgegriffen werden. Diese erzeugen individuelle kryptische Passwörter, die du selbst gar nicht kennst und speichern diese im Idealfall an einem sicheren Ort ab. Die Freigabe wird mit Hilfe eines Fingerabdruckes, eines Gesichtsscans oder eines Masterpasswortes durchgeführt. Diese Option ist zwar sehr zuverlässig und sicher, vergisst du aber das Masterpasswort oder wird der Anbieter gehackt, hast du wieder ein Problem
Die Eselsbrücke
Ein anderer Weg ist, mit eigenen Eselsbrücken zu arbeiten. Eine übliche Methode ist hier einen Satz zu bilden und anschließend die Anfangsbuchstaben dieses Satzes zu nehmen. Ein Beispiel: „Ich bin seit 2008 bei ebay angemeldet und verkaufe dort meinen Heizpilz.“ Nehme ich jetzt die Anfangsbuchstaben und Zahlen bekomme ich folgendes Passwort:
„Ibs2008beauvdmH.“ Nun könnte man noch Buchstaben und Zahlen mit Sonderzeichen ersetzen, beispielsweise das „E“ mit „€“ oder das „i“ mit „!“. So können kryptische Passwörter entstehen, die ich mir merken kann und dennoch sehr sicher sind, um meine Konten zu schützen und entspannt den Heizpilz zu verkaufen.
Autor und Medienpädagoge Kay Albrecht ist Profi auf seinem Gebiet. Als freiberuflicher Pädagoge schult der Erfurter die unterschiedlichsten Zielgruppen medienpädagogisch – und jetzt seid auch ihr dran. Regelmäßig klärt Kay in seiner Kolumne über Medienphänomene auf, um kritische Zugänge zu den alltäglichen Herausforderungen der medial geprägten Lebenswelt zu legen.