Bunt, großflächig, laut – wer von euch schon einmal aufmerksam durch Erfurt gegangen ist, kann sie nicht übersehen haben: meterhohe Wandmalereien, unweit des Hauptbahnhofs, in der Bürgermeister-Wagner-Straße am Wächterhaus. In der Weimarer Straße. Richtung Ilversgehofen. Oder gleich neben Penny in der Liebknechtstraße. Hinter diesen sogenannten „Murals“ (engl. für Wandmalerei) steht OQ-Paint.
Mit Murals von OQ-Paint kommt Graffiti-Kunst nach Erfurt
Die Erfurter Initiative ist ein Urheber und Initiator für allerlei Wandmalerei im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt. Die 2013 gegründete Initiative setzt sich für mehr legal bemalbare Flächen in Erfurt ein. „Alle Menschen, die der Graffiti-Kunst frönen, sollen somit ihrer Leidenschaft problemlos und legal nachgehen können“, erklärt Björn Schorr, Mitinitiator von OQ-Paint.
Woher kommen Murals?
Doch woher kommen eigentlich Murals? Björn hat eine gute Erklärung parat: „In der Kirchenmalerei arbeitete man schon vor hunderten Jahren mit Murals, um Decken mit religiösen Darstellungen und Ereignissen aus der Bibel zu verschönern. Weiterhin gab es Anfang des 20. Jahrhunderts in Mexiko eine Bestrebung, den nicht gebildeten Teil der Bevölkerung die Ideen und die Vorstellung der sozialistischen Revolution durch Wandmalerei näher zu bringen. Immer mit dem Ziel, das kollektive Gedächtnis zu stärken – egal ob in Religion oder Politik. Murals stehen im Spannungsgebiet zwischen Darstellung von Inhalten und der visuellen Bereicherung. Letztere gibt es heute vorrangig im Stadtraum, ohne einen inhaltlichen Kontext zu beabsichtigen.“
Durch Kultur mit Leben gefüllt
OQ-Paint ist laut Björn maßgeblich für die meisten Murals in Erfurt verantwortlich. Die Initiative entwickelte sich aus der Galerie 7a (später Galerie 7b) in der Johannesstraße. Überbleibsel der Galerie findet man auch heute noch unter www.galerie7a.blogspot.com. Es war ein leerstehendes Haus, das durch Kultur mit Leben gefüllt wurde. Aufstrebende Künstler*innen aus Thüringen hatten dort ihre Ausstellungen. Insgesamt waren es in drei Jahren über 200 Künstler in über 20 Ausstellungen.
Die ersten Murals entstanden
Das Gebäude, in der sich die Galerie befand, wurde 2012 verkauft und der Mietvertrag gekündigt. Es sollte aber eine letzte Ausstellung geben: „Wir wollten im Rahmen der letzten Ausstellung ein Mural auf die Beine stellen, um auf das Problem der Schließung und den Wegfall von Kulturräumen hinzuweisen. Das hat leider nicht geklappt“, so Bjorn. Um dies zu kompensieren, wurde also 2013 OQ-Paint gegründet. Die ersten Murals entstanden. Mittlerweile gibt es bereits 13 dieser großen Werke in Erfurt zu bestaunen.
Hürden bei der Suche nach Wänden
Es könnten auch schon mehr Murals sein, aber geeignete Wände zu finden, kostet Kraft und Zeit. Das hängt natürlich damit zusammen, dass diese erst einmal genehmigt werden müssen. Bausatzung und Denkmalschutz entpuppen sich oft als unüberwindbare Hürde, vor allem in der Erfurter Altstadt. „Wir sind immer auf der Suche nach Hauseigentümern, die Lust und Interesse daran haben, ihre Wände für unser Projekt bereitzustellen und die Gestaltung zu ermöglichen“, so Björn Schorr.
Die „Wall of Fame“
Die „Wall of Fame“ in der Grubenstraße nahe Nordbahnhof ist ein besonderes Mural. Von Zeit zu Zeit kommen immer neue Malereien hinzu. Alte werden übermalt. Bei den meisten Murals strebt die Initiative jedoch an, dass sie möglichst lange unverändert zu sehen sind. Natürlich gibt es auch da Ausnahmen, wie das imposante Mural des Künstlers „Case“ am Güterbahnhof in Erfurt. Dieses wurde durch Sturmschäden dermaßen beschädigt, dass die ganze Wand saniert und neu bemalt werden musste.
Netzwerke für Künstler*innen
Doch wie findet man Künstler*innen für die Murals? „Sie finden wir hauptsächlich über unser breites deutschlandweites Netzwerk. Meistens sind das Leute, mit denen wir schon einmal zusammengearbeitet haben. Oder Maler*innen, die wir durch Hörensagen kennenlernen. Vieles spielt sich heutzutage nur noch auf den sozialen Plattformen ab und darauf haben wir nicht so richtig Lust. Ab und zu finden wir dort trotzdem interessante Künstler*innen, die wir dann auch anschreiben. Eher selten kommen die Leute persönlich auf uns zu“, so Björn.
Künstlerisch-kultureller Input
Doch es langt oft nicht aus einfach nur Künstler*innen zu finden. Auch entlohnt sollen diese werden. Da ist OQ-Paint oftmals auf Förderung angewiesen. Die Projekte finanzieren sich hauptsächlich durch Zuschüsse der Erfurter Kulturdirektion und durch die Kulturstiftung des Freistaats. „Manchmal bekommen wir auch Spenden von den netten Hauseigentümern, die unsere Arbeit gut finden. Das reicht aber nicht aus“, erklärt Björn und fügt an: „Murals müssen nicht der Alltagsästhetik entsprechen, müssen nicht ‚hübsch‘ sein. Wir wollen künstlerisch-kulturellen Input bringen, Horizonte erweitern und die gesamte Bandbreite der Malerei darstellen – von realistisch, über abstrakt bis hin zu illustrativ. Einen gewissen ästhetischen Anspruch haben wir aber dennoch.“
Die Zukunft bunter machen
Und auch in Zukunft will OQ-Paint Erfurt bunter machen. Laut Björn gebe es da noch einige Herzensprojekte. Beispielsweise im Innenhof des Bürgeramtes am Juri-Gagarin-Ring. „Dort gibt es eine riesige Wand, an der wir schon lange interessiert sind. Leider muss sehr viel Aufwand betrieben werden, auch auf Verwaltungsebene, um das zu ermöglichen. Die Behörden machen es einem da nicht immer einfach. Wir haben das Projekt jetzt erst einmal ad acta gelegt und konzentrieren uns auf Wände, bei denen wir höhere Chancen haben. Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntermaßen zuletzt.“
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Hard Facts:
- Besucht OQ-Paint doch auf ihrer Website
- Zur Galerie 7a in der Johannesstraße geht’s hier
- OQ-Paint bei Facebook
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