Thüringen hat viel zu bieten. Auf einer Fläche von rund 16.000 Quadratkilometern finden sich zahlreiche Museen, Denkmäler und Orte, die es lohnt, einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Ihr plant einen Ausflug? Wir verraten euch in unserer Serie „Thüringer Städtetrip“, was der Freistaat so zu bieten hat. Dieses Mal machen wir einen Abstecher nach Mühlhausen.
Die Geschichte Mühlhausen’s
Die mittelalterliche Reichsstadt Mühlhausen, die sich am geografischen Mittelpunkt Deutschlands befindet, ist geschichtsträchtig und ein Kleinod mit historischem Stadtkern, der zugleich ein Flächendenkmal darstellt. Bereits im Mittelalter entstand der Beiname „muhlhousia turrita“, das turmgeschmückte Mühlhausen. Dieser gilt noch heute, denn egal aus welcher Richtung man sich der Stadt nähert, die zahlreichen Kirchtürme sind schon von Ferne zu sehen. Die Blütezeit der ehemaligen Kaiserpfalz lag im Mittelalter, deren steinerne Zeitzeugen noch heute bestehen. Begibt man sich auf Erkundungstour kann man zahlreiche gotische Kirchen, Baudenkmäler sowie Fachwerkgebäude und einstige Mühlenstandorte entdecken. Das Stadtgebiet wird im Westen durch den Hainich und im Norden durch das Obereichsfeld begrenzt. Im Mittelalter waren die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen nach Erfurt die zweitmächtigsten Städte im Thüringer Raum. Heute ist der Verwaltungssitz des Unstrut-Hainich-Kreises die neuntgrößte Stadt des Freistaates.
Pflegestätte der protestantischen Kirchenmusik
Mit dem Bauernkrieg im Jahre 1525 wurde Mühlhausen durch den Prediger Thomas Müntzer und seinen Mitstreiter Heinrich Pfeiffer zum Zentrum von deren radikalreformatorischer Bewegung. Nach der Niederlage der Bauern wurde Thomas Müntzer vor den Toren der Stadt hingerichtet. Heute erinnert ein Denkmal am letzten erhalten gebliebenen Stadtmauertor, dem Frauentor, an ihn. Dichter und Komponisten machten die Stadt seit dem 16. Jahrhundert zu einer Pflegestätte der protestantischen Kirchenmusik, deren Glanzpunkt das Wirken Johann Sebastian Bachs wurde. Die Mühlhäuser Kirmes, die jährlich mit 27 Kirmesgemeinden für eine Woche begangen wird, fand 1877 zum ersten Mal statt und ist die größte Stadtkirmes Deutschlands.
Mühlhausen verfügt über einen nahezu vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauerring, der auf 370 Metern begehbar ist. Die Aussichtsplattform des Rabenturms bietet ein unvergleichliches Panorama. Die innere, älteste Mühlhäuser Stadtmauer war knapp 2,8 Kilometer lang (davon sind 2,2 Kilometer bis heute erhalten) und umschloss ein Gebiet von rund 50 Hektar Fläche. Zu ihrem ursprünglichen Bestand gehörten die vier Haupttore, nämlich das Görmartor im Nordosten, das Erfurter Tor im Südosten, das Felchtaer Tor im Südwesten und das nach der Marienkirche (=Frauenkirche) benannte Frauentor im Nordwesten.
St. Marien – Müntzergedenkstätte
Die eindrucksvolle Mühlhäuser Marienkirche mit dem höchsten Kirchturm Thüringens ist weit über die Stadtgrenzen sichtbar. Als Architektur- und Geschichtsdenkmal, Müntzergedenkstätte, Konzerthaus sowie Begegnungsort mit Religion und Kultur ist die Marienkirche eng mit dem Geschick der Stadt und ihrer Bürger verbunden. Die Ausstellungsbereiche in dem seit 1975 säkularisierten und seither museal genutzten Gebäude bieten ein vielfältiges Angebot. In den Seitenschiffen der Kirche zeigt die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ zur Thüringer Kunst des Mittelalters wertvolle Altäre und Skulpturen. Dem radikalen Reformator und ehemaligen Prediger der Marienkirche, Thomas Müntzer, ist ein eigener Bereich in den Kapellen gewidmet. Zu Baugeschichte und Restaurierung des eindrucksvollen Gotteshauses informiert das „Turmmuseum“.
Kornmarktkirche mit Museum Deutscher Bauernkrieg
Wie ehemalige Klosterkirche St. Crucis beherbergt heute eine Ausstellung, die über den Verlauf, die Höhepunkte und die Nachwirkungen des Deutschen Bauernkrieges im Kontext der Zeit informiert. Ein Geheimtipp ist der Klostergarten, ein grünes Kleinod inmitten der Altstadt.
Kulturhistorisches Museum
Der Neorenaissancebau, 1868 als Gymnasium errichtet, ist das Haupthaus der „Mühlhäuser Museen“. Die Dauerausstellungen zeigen die wichtigsten Stücke aus dem Sammlungsbestand zur Ur- und Frühgeschichte des Unstrut-Hainich-Kreises, der Stadtgeschichte sowie der Thüringer Kunst des 20. Jahrhunderts. Für junge Besucher gibt es im gesamten Haus Hör- und Mitmachstationen zum Entdecken, Anfassen und Spaß haben.
St. Jakobi – Stadtbibliothek
Die Jakobikirche wurde von 1992 bis 2004 umfassend saniert und gilt deutschlandweit als ein Beispiel für die profane Nutzung von Gotteshäusern. Seit April 2004 befindet sich in der Jakobikirche die Stadtbibliothek. Für Besucher interessant: sogenannte „Archäologische Fenster“ geben Einblicke in die Baugeschichte der Kirche.
Evangelische Pfarrkirche Divi Blasii
Die Kirche ist die Pfarrkirche der Mühlhäuser Altstadt. König Heinrich VII. schenkte sie im Jahr 1227 dem Deutschen Orden. Die an Stelle des älteren Vorgängers zwischen 1270 und 1300 erbaute Hallenkirche gehört zu den frühesten gotischen Kirchen Mitteldeutschlands. Die kurze Bauzeit und die qualitätvolle Ausführung ist dem Deutschordensbischof Kristan von Samland zu verdanken, der Kenntnisse der französischen Kathedralbaukunst über das Vorbild der Marburger Elisabethkirche vermittelte und aus seinem Vermögen den Bau förderte. An der Blasii-Kirche wirkende Kirchenlieddichter und Organisten haben Mühlhausen bis heute zu einer bedeutenden Stätte der evangelischen Kirchenmusik gemacht. Höhepunkt war auch hier das Wirken Johann Sebastian Bachs 1707 und 1708. Nach seiner Orgeldisposition wurde die heutige Schuke-Orgel im Jahr 1959 geschaffen.
Historisches Rathaus
Der Kernbau des Rathauses entstand um 1300. Erweiterungsbauten aus Gotik, Renaissance und Barock ließen ein einzigartiges Bauensemble inmitten der Altstadt entstehen. Im Hof befinden sich noch Reste des mittelalterlichen Marstalls. Der älteste, gotische Teil des Rathauses ist am Spitzbogen über der Ratsstraße zu erkennen.
Kilianikirche
Das 1250 erstmals mit ihrem ungewöhnlichen Kilians-Patrozinium (Schutzherrschaft über diese Kirche) erwähnte Gotteshaus war vor 1287 an den Deutschen Orden gekommen und als abhängige Kapelle der Blasiikirche am Untermarkt inkorporiert, also angegliedert. Erst lange nach der Reformation wurde St. Kiliani im 18. Jh. zur Pfarrkirche. Der letzte Gottesdienst wurde hier am 8. Mai 1966 gefeiert. Nach Jahrzehnten der Nutzung als Lager rettete eine erste Instandsetzung 1991/92 den Turm aus der Zeit um 1300 mit seinem Aufsatz von 1707. Ein Jahrzehnt später konnte das nach einem Brand von 1422 neu errichtete gotische Kirchen[1]schiff saniert werden. Die Kirche ist heute die Spielstätte der Theaterwerkstatt „3 K“.
Brunnenhaus Popperode
Das Popperöder Brunnenhaus ist eines der bedeutendsten Bau- und Kulturdenkmal der Stadt. Die Gesamtanlage besteht aus der Brunnenfassung der Popperöder Quelle, dem 1614 erbauten Brunnenhaus sowie einer Einfriedung. Nach einer Mühlhäuser Überlieferung entstand die Popperöder Quelle um das Jahr 1199, als Folge eines Erdbebens am Rande des ehemaligen Dorfes Poppenrode. Es bildete sich ein Erdfall, der sich rasch mit Wasser füllte und als natürliche Quelle genutzt werden konnte. Zu den schönsten Festen in Mühlhausen zählt das jährlich im Juni stattfindende Brunnenfest am Brunnenhaus, das sich seit 1605 nachweisen lässt. Kinder ziehen mit Blumenschmuck zur Popperöder Quelle und danken dieser für das ewige Sprudeln.
Synagoge
In Mühlhausen sind seit 1346 Rabbiner nachweisbar, was auf das Vorhandensein einer Synagoge in der Stadt schließen lässt. Der erste direkte Nachweis für eine Mühlhäuser Synagoge stammt aus dem Jahr 1380, als sich eine neue Gemeinde nach dem Pestpogrom von 1349 in der Stadt gebildet hatte. Die heutige Synagoge wurde 1841/42 erbaut. Sie dient heute als Begegnungsstätte mit Ausstellungsräumen zum Judentum in Mühlhausen und einer Bibliothek.