Mittelalterlich geht es vom 15. bis 17. Juli beim Medival Electronic Open Air in Westthüringen zu. Am Fuße der Burgruine Brandenburg nahe der Ortschaft Lauchröden, einem Ortsteil von Gerstungen im Wartburgkreis, warten zwei Tage voller – wie der Name des Festivals bereits verrät – elektronischer Klänge auf die Besucher. DJs, wie Oliver Schories, Lexer, Dominik Eulberg und Marcus Meinhardt, bitten auf dem kleinen, aber feinen Festival zum Tanz, das ganz bewusst auf Stilbruch setzt. Wir sprachen vorab mit Veranstalter Tino Kärst über das Festival, das in diesem Jahr zum ersten Mal zwei Tage lang ist.
Hey Tino, seit wann gibt es das Medival eigentlich, und wie ist es entstanden?
Uh, da muss ich etwas ausholen. Wir haben vor einigen Jahren begonnen, selbst im Jugendclub Feiern zu veranstalten, weil das lokale Angebot einfach zu klein war. Ich denke, das können viele Jugendliche im ländlichen Raum nachvollziehen. Die Partys wurden dann aber immer größer, und wir wurden für Veranstaltungen wie Kirmesdiscos, Geburtstage oder Hochzeiten angefragt und sind dadurch an den Punkt gekommen, dafür eine Firma zu gründen. Diese Gegebenheit eröffnet dann natürlich andere Möglichkeiten, als es für junge Privatpersonen ansonsten möglich wäre.
Wie kamt ihr auf die Idee, das Medival auf einer Burg zu veranstalten, und warum diese Burg?
Die Brandenburg ist das Wahrzeichen unseres Heimatortes und für jeden Lauchröder etwas ganz besonderes. Die Generationen vor uns hatten in der DDR nicht die Möglichkeit, die Ruine zu besuchen, da Lauchröden ja direkt an der Grenze lag und die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend streng waren. Für uns ist es nur schwer vorstellbar, wie es z.B. unseren Eltern erging. Aufgewachsen am Fuß der Brandenburg, jedoch ohne Möglichkeit, diese zu besuchen, bis sie dann 1989 frei zugänglich wurde. In den 90ern gründete sich der Brandenburgverein, der sich um die Erhaltung sowie Sicherung der Ruine kümmert und auch für das Brandenburgfest verantwortlich ist. Ein Mittelalterfest, das alle zwei Jahre stattfindet. Wir sind da also quasi reingewachsen, und die Brandenburg war immer ein Teil von uns. Der letzte Schritt war logisch: Wir kannten den Mehrwert der Location, kannten die Mittelalterfeste dort und hatten ein Faible für elektronische Musik.
Wie ist das Gefühl, an einer Burg Musik zu machen?
Die Burg selbst ist für das Festival der Hintergrund, wir haben also keine Musik direkt innerhalb der Ruine. Wir nehmen aber den mittelalterlichen Vibe mit. Wir bauen Locations aus Holz, nutzen farblich eher Erdtöne, oder lassen unsere Bühne mit zwei Türmen als Burg erscheinen. Dazu kommen dann die Ritterfiguren am Eingang oder die Namensgebung einzelner Festivalbestandteile. Das fängt bei den Early Bird Tickets (Flinker Knappe usw.) an und endet bei Gaumenschmaus und Donnerbalken. Beim Medival ist also nicht nur der Name eine Symbiose aus Mittelalter und elektronischem Musik-Festival.
Erstmals veranstaltet ihr das Medival an zwei Tagen – wie kommt‘s?
In den ersten Jahren haben wir, natürlich auch aufgrund unserer knappen Kapazitäten, den Fokus immer auf ein Ein-Tages-Festival gelegt. Aber wenn man ehrlich ist, kommt der richtige Festival-Vibe eben erst auf, wenn man auch Zelten kann und man mehrere Tage vor Ort ist … Also haben wir schon immer versucht, bzw. es uns immer gewünscht, mehrere Tage Medival möglich zu machen. 2020 war es dann auch endlich so weit, und wir konnten die Planungen entsprechend aufnehmen. Da kam uns dann aber leider Corona dazwischen. Zum Glück konnten wir aber immer auf gute Kommunikation zwischen uns, den Dienstleistern und natürlich auch den Künstlern und Bookern vertrauen, wodurch wir die Planung durch die letzten Jahre bis jetzt tragen konnten und nicht alles verwerfen mussten.
Was hat sich im Vergleich zum letzten Medival verändert?
Die größte Neuerung ist natürlich der zweite Tage, klar. Wir bieten jetzt zusätzlich den Freitag als Veranstaltungstag an und konnten diesen auch qualitativ gleichmäßig hoch besetzen. So haben wir als Headliner für den Freitag Oliver Schories gewinnen können, der unter anderem von Lexer und Juliet Sikora unterstützt wird. Der Freitag ist also viel mehr als nur ein Warm-Up für den Samstag und startet direkt voll durch.
Wie war die Stimmung bei den letzten Malen, und wie denkt ihr, wird sie dieses Jahr nach der Coronapause?
Die Stimmung wurde mit jedem Jahr besser. Zu Beginn, das muss man immer wieder sagen, hatte sicher niemand damit gerechnet, dass das Medival einen solchen Zuspruch erhalten würde. Vier Jungs, ein kleines Dorf und eine Wiese unterhalb einer Ruine. Viele konnten sich damals nicht vorstellen, was man da anstellen kann und wie groß es dann doch werden würde. In der Region hatte sich das Medival über die Jahre dann aber immer weiter herumgesprochen und war nicht nur für Freunde der elektronischen Musik das Highlight des Jahres. Viele kommen auch einfach wegen der entspannten Atmosphäre und der guten Stimmung, die das Festival durchzieht.
Mittlerweile sind wir aber auch in der Szene bekannter geworden und einige DJs müssen nicht mehr googlen um zu wissen, was das Medival ist. Die Vorfreude steigt nicht nur bei uns, sondern auch bei den Gästen. Letztes Jahr hatten wir als Ersatzveranstaltung ja eine kleinere Version des Festivals, das „Minival“ machen können. Mit verringerter Anzahl Gäste, kleinerer Location, ausgearbeiteten Hygienekonzept und in enger Absprache mit den Behörden. Da waren die Tickets innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Das gibt uns auf der einen Seite natürlich die Bestätigung für das Festival als solches und ebenso zeigt es uns, dass die Leute wieder richtig Bock haben, zu feiern.
Der diesjährige Vorverkauf macht das auch nochmal deutlich. Der generelle Zuspruch stimmt uns sehr optimistisch für das Medival 2022. Für die Unterstützung in den vergangenen Jahren können wir uns generell nur bei unseren Gästen bedanken. Da an uns die Corona-Pause auch nicht ohne Probleme vorbeigehen konnte, haben wir 2020 eine Solidaritätsaktion gestartet, bei der speziell limitiertes Merchandise gekauft werden konnte, um uns finanziell zu unterstützen und somit das Festival zu erhalten. Den Zuspruch, den wir dafür erhielten, ist nicht selbstverständlich und zeigt, wie vielen Leuten das Medival ebenfalls am Herzen liegt. Zusätzlich dazu haben wir in den vergangenen Jahren auch mehrere Live-Streams gemacht, die auch jetzt noch auf unserem Youtube-Kanal abgerufen werden können.
Wie kam es dazu, dass man ab 12 Jahren teilnehmen kann? Was habt ihr auch für die jüngeren Personen im Angebot?
Wir sind generell ein Festival für die ganze Familie. In den vergangenen Jahren hatten wir stets Gäste zwischen eins und neunzig. Wie eben schon erwähnt, kommen viele Gäste aufgrund der Stimmung, die das Festival versprüht, und wieso sollen dazu nicht Kinder gehören? Gerade nachmittags haben wir viele jüngere Familien zu Gast, wobei die Kinder toben und eben auch die Musik hören können. Kinder unter 12 Jahren zahlen natürlich keinen Eintritt, und es ist ja auch nicht unüblich, dass die Eltern, nachdem ihre Kinder im Bett sind, abends nochmal auf das Festivalgelände kommen. Dazu kommen dann Aktivitäten, wie die Möglichkeit, Tischtennis zu spielen oder Riesenseifenblasen zu machen. Außerdem dürften in diesem Jahr noch die ein oder andere Attraktion dazukommen. Gerade, was solche Nebenaktivitäten betrifft, versuchen wir natürlich jedes Jahr noch etwas mehr anbieten zu können.
Auf welchen Musikrichtung habt ihr euch fokussiert und warum?
Wir fokussieren uns, wie der Name „Medival – Electronic Open Air“ schon sagt, auf elektronische Musik. Das Spektrum reicht dann von Deep-House am Nachmittag bis hin zu Techno in der Nacht. Wobei man aber sicherlich nicht alle Künstler immer in Schubladen stecken kann. Zudem versuchen wir auch immer Künstler einzubauen, die nicht dem typischen „DJ-Klischee“ entsprechen. So haben wir in diesem Jahr zum Beispiel zum ersten Mal Paji zu Gast, der seine elektronischen Beats auch live mit der Geige begleitet. Für die Einstimmung gibt es aber auch in diesem Jahr eine Spotify-Playlist, auf der wir bereits einige Tracks der Künstler zusammengetragen haben.
Gibt es auch Leute, die sich als Ritter oder andere mittelalterliche Figuren verkleiden? Wie schlachtet ihr das Burgthema noch aus?
Haha, also als Ritter hat sich noch niemand verkleidet, aber vielleicht möchte das ja jemand in diesem Jahr nachholen. Wir würden das auf jeden Fall feiern! Das Burgthema verwenden wir aber ansonsten, wie schon gesagt, für die Optik, die Bühnenverkleidung, das Eingangstor, der Namensgebung und auch den Ritterfiguren am Eingang.
Gibt es zwischen den DJ-Acts auch andere Aktionen, die man wahrnehmen kann?
Auch in diesem Jahr wird der Brandenburgverein mit Mitgliedern in der Ruine selber vertreten sein, die diese dann für unsere Gäste öffnen. Man kann also zwischendurch gerne die Burg besichtigen, sich im Museum umsehen, die Aussicht über das Werratal genießen oder auch mal auf die Aussichtsplattform auf dem Turm steigen und den besten Blick auf das Festival genießen.
Hard Facts:
- Medival Electronic Open Air: 15. bis 17. Juli
- Mühlenstraße 6 | Gerstungen
- Mehr: www.shc-events.de
- Medival Open Air bei Youtube
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